Bochum. Ab 2012 sollen Fernbuslinien auch in Deutschland erlaubt sein. Muss die Bahn die aufkommende Konkurrenz fürchten? Wir haben den Test gemacht. Preis, Fahrtzeit, Fahrplan, Auskunft, Sitzplatz, Aussicht, Bequemlichkeit, Fahrgefühl und Verpflegung im Vergleich.

Man kommt mit dem Linienbus aus dem Ruhrgebiet ganz gut nach Skopje oder Gorzów Wielkopolski, aber Bremen oder Frankfurt geht natürlich nicht. Da ist das Personenbeförderungsgesetz von 1934 vor, geschaffen, um die Reichsbahn zu schützen: Es verhindert fast flächendeckend Fernbusverkehr zu Zielen im Inland, wie er ansonsten weltweit funktioniert. Von den USA über China bis Kenia; wir verschweigen an dieser Stelle den legendären deutschen TÜV-Ingenieur, der etwa im Jahr 1998 einem Überlandbus in Nairobi 67 schwer wiegende Mängel bescheinigte.

Denn der Bus fährt ja bestimmt noch.Nein, hier haben wir andere Zustände. Demnächst sowieso: Fernbus-Linien sollen spätestens 2012 erlaubt sein, und die Branche wird sie dann auch zügig einrichten zwischen den Ballungszentren. Bisher gibt es sie fast nur nach und von Berlin, ein Überbleibsel des Kalten Krieges: Man wollte der umlagerten Stadt nicht eine westwärtige Anbindung kappen, nur so aus Paragrafenreiterei. Und so kann man auf dieser Strecke schon heute testen, was für den Bus spricht und was für die Bahn. Reisen wie 2012. Auf: Bochum – Berlin – Bochum.

Der Preis. Am Tag der Fahrt gekauft, kostet die einfache Fahrt 2. Klasse im ICE 95 Euro. Die Fahrt im klassenlosen Bus kostet 39 Euro plus einen Euro je Koffer. Es gibt Rabatte für Alte und Junge, für Gruppen, für Studenten. Früher zu buchen, ist in beiden Systemen möglich, dann wird es drastisch billiger. Aber: Die Bahn bleibt in jedem Fall teurer. Man richte sich, schreibt der Busbetreiber „BerlinLinienBus“ ja auch, an „preissensible Reisesuchende“. BerlinLinienBus ist eine Enkelfirma – der Bahn.

Der Fahrplan. Der Zug braucht fahrplanmäßig 4 Stunden 11 Minuten bis zum Hauptbahnhof. Ohne die Großbaustelle in Niedersachsen wäre er noch eine halbe Stunde schneller und fährt sympathische 204 km/h. Für den Bus sind bis zum Omnibusbahnhof in Charlottenburg 8 Stunden 30 Minuten vorgesehen – nichts für zeitsensible Reisesuchende.

Die Fahrzeit. Der Zug startet fünf Minuten verspätet und kommt zwei Minuten verspätet an. Der Bus fährt mit 35 Minuten Verspätung ab und kommt mit einer Minute Verspätung an. Die beiden Fahrer opferten dafür den einzigen vorgesehenen längeren Stopp. In Hannover! Muss vielleicht auch nicht sein.

Die Auskunft. Unterwegs in beiden okay. „Sie erreichen alle vorgesehenen Anschlüsse“, sagt die Bahn. „Ick war janz hinten, jetzt bin ick janz vorne“, sagt der Busfahrer, als er an einem Stau vorbeirauscht. Vor der Abfahrt informierte die Bahn („. . . warten wir noch auf Umsteiger“), am Busbahnhof kann man hingegen nur ahnungslos rumwarten. Fördert allerdings das Zwischenmenschliche: „Fahren Sie auch nach Berlin?“ Mag ja sein, man wollte nach Gorzów Wielkopolski.

Der Sitzplatz. Im Bus alle in Fahrtrichtung. Im Zug mal so, mal so. Im Bus ist die Fahrkarte eine Sitzplatzgarantie. Im Zug sollte man eigens reservieren (4,50 Euro), sonst steht man vielleicht im Gang. Umgekehrt gilt: Wenn nicht gerade ein Massenpublikum abfährt, kommt man im Zug fast immer mit. Der Bus lässt dagegen, wenn alle Plätze erst mal belegt sind, die Leute stehen, die nicht angemeldet sind.

Die Aussicht. Besser im Bus, man sitzt schließlich höher.

Die Bequemlichkeit. Schlechter im Bus, man sitzt schließlich enger. Außerdem kommt man im Mittelgang noch mehr Gliedmaßen ins Gehege als im Zug. Aufzustehen oder gar herumzulaufen, ist im Bus aus Sicherheitsgründen sowieso unerwünscht. Überhaupt, Sicherheitsgurt, Sicherheitshinweise: Unwillkürlich wartet man auf eine kleine Vorführung, was zu tun ist im unwahrscheinlichen Fall eines plötzlichen Druckabfalls.

Das Fahrgefühl. Im Zug kommt man voran. Der Bus nervt irgendwann mit seinen vielen aufwändigen Zwischenstopps: Von der Autobahn nach Dortmund hinein, Leute auflesen, zur Autobahn zurück; von der Autobahn nach Hamm hinein, Leute auflesen, zur Autobahn zurück; Gütersloh; Bielefeld . . . Mehr was für Leute, die die ZOBs mittelgroßer deutscher Städte sammeln.

Die Verpflegung. Im Bus Kaffee 90 Cent, Bier 1,20 Euro, Würstchen 1,80 Euro; des weiteren Suppe. Im Zug Kaffee 2,60 Euro, Bier 2,80, Currywurst 3,40, etliche Snacks; richtige Mahlzeiten im Bistro. Im Bus ist alles rustikaler: „Noch zwei Bier und ein Würstchen“ morgens um 11 Uhr. Der Fahrer, der gerade nicht fährt, ist ständig bereit, zu bedienen. Zwischen Magdeburg und Berlin geht der Kaffee aus. Wir hätten gedacht, das Bier.

Das Fazit. Die Preise sind der schönste Zug des Busses. Praktisch alles andere spricht für die Bahn. Das ist zumindest unser komfortsensibles Reisesuch-Ende.