Essen. .

Zwischen zwei Siegesfeiern und das Super-Derby fällt der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Königsblaue Fans feiern unter gelbem Stadionhimmel, Spieler tragen Blau-Gelb in Haut und Haar, man redet das große Wort einer „großen Versöhnung“. In der Kunst geht das.

Denn natürlich ist es Kunst, dieses Bild, das Miroslav Lazovic da malt von Borussia Dortmund und Schalke 04, diesen beiden Vereinen, deren Rivalität im Ruhrgebiet recht eigentlich zur Folklore gehört. Das nun aber eine andere Seite dieser Beziehung zeigt, in der monumentalen Größe einer Hauswand an der A 40: Fußballer, die beide Mannschaften verbanden, indem sie in beiden spielten. Ingo Anderbrügge, Rolf Rüssmann, Rüdiger Abramczik. Andreas Möller, Jens Lehmann, Christoph Metzelder, ein jeder Stockwerk-hoch. Und Reinhard Libuda, der gute alte Stan: Den brachte Lazovic gleich dreifach an die Mauer, im gelben Trikot, im blauen und im schwarzen, als Schalker, als Borusse, als Nationalspieler.

Borusse in weißer Hose

Dass der Borusse ein weißes Höschen trägt: geschenkt und sogar so gemeint. „Ich wollte alles durcheinanderbringen, damit man es nicht so getrennt sieht“, sagt der Künstler, der über alles noch ein paar Atome gezeichnet hat – um die „Feindschaft mit guter Chemie zu überdecken“. Nun blickt der Serbe allerdings für gewöhnlich aus dem fernen Belgrad auf den Fußball im Revier, und das Haus seiner neuen schwarz-gelben Harmonie steht in Essen. „In Dortmund oder Gelsenkirchen wäre das wohl nicht vorstellbar“, gesteht Schalkes Sportdirektor Horst Heldt.

Trotzdem zeige die Galerie der Stars (die eingefleischte Fans gemeinhin als „Verräter“ zeihen), dass die Vereine „gegenseitig auch voneinander profitiert“ hätten. „Obwohl man das vielleicht nicht wahr haben will.“ Die Essener, in Holsterhausen an der Hob­eisenbrücke, stört solche Diskussion weniger, zumal sie das Kunstwerk gewissermaßen von hinten zeigen. Aus Richtung Duisburg könnte man es gut sehen, hätte ein Ahorn nicht seinen grünen Mantel vor das Bild gehängt. Nur ein Bewohner soll gefragt haben: Warum denn nicht Rot-Weiß Essen? Nicht auszuschließen also, dass es eine Demonstration ist: diese roten Blumen auf den bepflanzten Balkonen.

Woran der so geehrte Stan Libuda vor 45 Jahren aber nicht einmal denken konnte: Er trägt den Namen „Evonik“ auf der Borussen-Brust. Denn der Essener Konzern, ganz nebenbei auch Hauptsponsor des BVB und Besitzer des nun verschönerten Mietshauses, hat die Kunst am Bau bezahlt. 30 000 Euro ließ er sich die Arbeit Lazovics kosten, der nicht zum ersten Mal im Ruhrgebiet eine Fassade bemalt hat. „Wir fördern den Breitensport“, erklärte Evonik-Chef Klaus Engel, „und die Kunst.“ Im übrigen habe man doch Weitsicht bewiesen: Konnte einer ahnen, einst im Herbst, dass ein gutes halbes Jahr nach dem ersten Pinselstrich beide Teams einen Grund zum Feiern haben würden?

Wandmalerei: Ursprung aller Kommunikation

„Fußball verbindet“, glaubt Engel, der auch deshalb dieses Thema vorgab, und eine gesunde Rivalität sei schließlich das „Salz in der Suppe“. Und haben nicht, das hörte sogar Miroslav Lazovic bis nach Serbien, königsblaue und schwarz-gelbe Fans einander zu ihren Trophäen gratuliert? „Das ganze Ruhrgebiet war stolz“, bestätigt BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Und das passt zur Wahl des Künstlers, den Bodo Hombach für das Projekt empfahl, der hier als Moderator des Initiativkreises Ruhr auch zwischen den sportlichen Konkurrenten moderierte: Die Wandmalerei, hat Miroslav Lazovic einmal gesagt, sei der Ursprung aller Kommunikation gewesen.

Am Montag ist vor Ort ein Foto entstanden, links Horst Heldt, rechts Hans-Joachim Watzke, zwischen ihnen nur der Entwurf auf Leinwand. „Diese Geschichte lebt davon, dass Sie sich mögen!“, hat ihnen Hombach Mut gemacht. Und dann sollte auch noch der Altborusse und Schalker „Eurofighter“ Ingo Anderbrügge mit aufs Bild – nur wohin? Er schwankte ein wenig von hier nach dort, wie die Kinder in der TV-Sendung „Eins, zwei oder drei“; einen Moment lang guckte er nicht sehr glücklich dabei. Und entschied sich für die Mitte. „Versöhnung“, hat Hans-Joachim Watzke gesagt, „brauchen wir eigentlich gar nicht.“