Essen. . Delfinschützer gewinnen Klage gegen Delfinarium. Zoo muss Daten zur Tierhaltung veröffentlichen.

Ivo übt den Doppelpass mit dem Ball. Ivo ist kein neues hoffnungsvolles Fußballtalent aus dem Osten. Ivo ist ein Großer Tümmler aus den Weiten des Ozeans, ein ehemals wild lebender Delfin, der seit mehr als 20 Jahren seine „Kunststücke“ in zwei bis drei Vorstellungen täglich den Besuchern des Duisburger Delfinariums vorführt.

„Delfine sind die einzigen Tiere, die in der Bildungseinrichtung Zoo in einer Unterhaltungsshow für ihr Futter arbeiten müssen“, kritisiert Nicolas Entrup von der Internationalen Whale and Dolphin Conservation Society (WDCS). Noch viel schlimmer: „Die Delfin-Haltung im Zoo ist nicht nachhaltig“.

Was konkret hinter den engen Mauern eines Delfinariums mit den hochintelligenten Säugetieren passiert, will außerhalb des Beckens niemand sagen. Trotz eines Informationsfreiheitsgesetzes und des Umweltinformationsgesetzes geben die Zoodirektoren in Duisburg und Nürnberg keine Auskunft an unabhängige Wissenschaftler oder Umweltorganisationen. Und das, obwohl die Zoos auch durch öffentliche Gelder finanziert werden.

Zoo muss Unterlagen veröffentlichen

Die Verweigerungshaltung muss sich jetzt ändern. Ende vergangener Woche verkündete der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ein Urteil, wonach die „Stadt Nürnberg einer Tierschutzorganisation Zugang zu Unterlagen verschaffen muss, die sich auf die Haltung des Großen Tümmlers im Tiergarten beziehen.“ Entscheidend für das Gericht war das „Nachzuchtproblem im Nürnberger Tiergarten“. Laut WDCS waren von Mai 2006 bis Juni 2007 allein in Nürnberg fünf Jungtiere und ein Muttertier gestorben. Das Gericht erkannte an, dass der WDCS „mit Hilfe der Unterlagen eine umfassende Evaluierung der Haltungsbedingungen durchführen und zur Aufklärung des Nachzuchtproblems beitragen“ will.

Die Lebenserwartung und Sterberate von in Gefangenschaft gehaltenen Delfinen im Vergleich zu frei lebenden Tieren entzweit seit Jahren Delfinarienbetreiber und Tierschützer. „Wir sind auf Spekulationen angewiesen, haben in Bezug auf den Duisburger Zoo keinen Einblick in pathologische Berichte“, sagt auch Jürgen Ortmüller vom Wal- und Delfinschutzforum (WDSF) in Hagen. „In Duisburg haben wir seit der Eröffnung des Delfinariums im Jahr 1964 mindestens 55 Todesfälle gezählt“, so Ortmüller.

Das Geschäft mit den Delfinen ist lukrativ

Das Geschäft mit den putzig herumtollenden Delfinen ist lukrativ. „Der Publikumsmagnet Delfin wird nach wie vor gehandelt wie eine Attraktion aus längst vergangener Schaustellerzeit“, sagt der Meeres- und Verhaltensbiologe des WDCS, Karsten Brensing. „Nur ganz langsam kommt ein neues Bewusstsein auf, verstehen sich Zoos von ihrer eigenen Ethik her als Bildungseinrichtung“, so Brensing.

Ob diese neue Einsicht auch ein Grund für das neue Delfinariensterben in Deutschland ist, weiß niemand genau. Klar ist aber: Von den neun Delfinarien in den 90er-Jahren wurden sechs bereits geschlossen, Münster hat das Aus für 2012 angekündigt.

„Delfinarien sind Auslaufmodelle“, erklärt Ortmüller. „Die biologischen Grundbedürfnisse der sensiblen Meeressäuger können in Gefangenschaft niemals erfüllt werden.“ Um den wissenschaftlichen Beweis für diese These antreten zu können, wird Ortmüller und sein WDSF nach dem Urteil von München dem Duisburger Zoodirektor Achim Winkler mit neuen Fragen zu den Haltungsbedingungen löchern. Einfach wird das nicht. Denn auf die Frage dieser Zeitung „Warum tun sich Zoos so schwer, Informationen zur Delfinhaltung zu veröffentlichen?“ erklärte die Tierärztin des Duisburger Zoos Kerstin Jurczynski: „Man muss nicht alle Informationen an alle geben“. Und: „Wir haben etwas dagegen, Geburts- und Todeszahlen herauszugeben.“ Das war’s. Vertrauensbildend ist eine solche Verschleierungstaktik jedenfalls nicht.