Düsseldorf. Kaum 24 Stunden nach dem El-Kaida-Anschlag in Marrakesch nehmen Fahnder des Bundeskriminalamtes in Düsseldorf drei Deutsch-Marokkaner fest. Ihnen wird vorgeworfen, einen massiven Terroranschlag in Deutschland zu planen.

Der Deckname der Operation war „Komet“. Um 6.30 Uhr – keine 24 Stunden nach dem El-Kaida-Anschlag auf das Caféhaus Argana in der Altstadt von Marrakesch – überraschten die Fahnder die drei Deutsch-Marokkaner in ihren Betten in der Düsseldorfer Witzelstraße nahe der Uniklinik und in Bochum. Heute früh wird das Trio in Karlsruhe dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt. Der Vorwurf: Die Planung eines massiven Terroranschlags in Deutschland.

„Es ist gelungen, eine konkrete und bevorstehende Gefahr durch den internationalen Terrorismus abzuwenden“, sagt Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Was er nicht sagt: Gegen wen sich die Bedrohung direkt richtete.

Es wird über ein vereiteltes Attentat auf den European Song Contest spekuliert. „Die Welt“ (Samstagsausgabe) zitiert dagegen einen Ermittler, der von einem Anschlag auf den öffentlichen Nahverkehr in einer Großstadt ausgeht.

Ein Großaufgebot
sichert den Block ab

Düsseldorf, gestern früh: Sonder- und Mobile Einsatzkommandos dringen schwer bewaffnet in das fünfgeschossige Haus an der Witzelstraße, treten die Wohnungstür von Jamil S. in der ersten Etage ein und überwältigen den offenbar überraschten Terrorverdächtigen.

Draußen, um die schwarzen Einsatzwagen des Bundeskriminalamtes herum, sichert ein Großaufgebot der Polizei den Block ab. Eine Waschstraße, deren Ausfahrt sich genau unter der Wohnung des Festgenommenen befindet, darf erstmal nicht öffnen. Die Spurenspezialisten bleiben den ganzen Tag in der Mehrzimmer-Wohnung, um Beweismittel sicherzustellen. Erst gegen 17 Uhr packen sie beschlagnahmte Kartons und Kisten ein und fahren ab. Der Bruder von Jamil S., inzwischen vor Ort aufgetaucht, ist aufgebracht: „Das ist doch nur ein Verdacht“. Jamil habe nichts getan. Man werde nichts Verdächtiges finden.

Doch die Gruppe der Deutsch-Marokkaner stand seit Wochen unter Beobachtung des Bundeskriminalamtes. Mindestens einer der drei – der mutmaßliche Verbindungsmann zur El Kaida? – war in den Terrorlagern des Mittleren Ostens ausgebildet worden. Die Ermittler spähten Handy- und Computerverbindungen aus. Das lässt darauf schließen, dass die Größenordnung der Observation nahe an die reicht, die 2007 zur Festnahme der „Sauerland-Terroristen“ führte. Ob der Vorgang in Marrakesch die Aktionen in Düsseldorf und Bochum dann beschleunigt hat, ob es überhaupt einen Zusammenhang mit dem Attentat in Nordafrika gibt, ist eine andere offene Frage. Die Verdächtigen hätten einen „Test“ des Sprengstoffes geplant, darunter Azeton. Gab es deshalb den schnellen Zugriff?

Die erste Warnung ging schon 2009 ein

Sicher ist nur, dass die Warnungen an die Adresse deutscher Sicherheitsbehörden seit einiger Zeit in immer kürzerem Abstand einschlagen. Im Herbst 2010 ließ der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière Bahnhöfe und Bundesgebäude doppelt sichern. Ermittlern ist bekannt, dass derzeit 125 Islamisten nach ihrer „Ausbildung“ in Afghanistan zurück sind in der Bundesrepublik – zu allem bereit? Und erst in dieser Woche wurde klar, dass Stuttgart offenbar auf einer Todesliste der El Kaida gestanden hat. Faisal Shazad, ein Pakistaner, der vor einem Jahr eine Bombe auf dem New Yorker Times Square zünden wollte, hinterließ solche Spuren auf seinem Laptop.

Die erste Warnung vor einer Terrorgefahr aus dem nordafrikanischen Raum ging aber schon im Sommer 2009 ein. 35 Terroristen habe man in Haft nehmen können, einige hätten Anschläge in Deutschland vorbereitet, meldeten die Sicherheitsbehörden damals. Die Warnung kam – aus Marokko.