Essen/Hamburg. . Rund vier Millionen Feldhasen hoppeln durch Deutschland. Die quicklebendigen Vorbilder des Osterhasen fühlen sich vor allem in NRW wohl. Der Hamburger Forstwissenschaftler Andreas Kinser hat eine Doktorarbeit über das Tier geschrieben und betont, dass Hasen vor allem keine Kaninchen sind.

Aus Schokolade, in Konfekt-Form oder als Teigtier lacht er uns seit Wochen im Supermarkt an. „Osterhasi“ strahlen Zweijährige, wenn sie ihn so sehen und finden ihn zum Anbeißen schön. Was viele Kinder heute nicht mehr wissen: Ihr Osterhase aus der Werbung hat ein quicklebendiges Vorbild – den Feldhasen.

Andreas Kinser ist einer, der mit dem Tier quasi per Du ist. Denn der Diplom-Forstwirt hat gerade eine Doktorarbeit über den Feldhasen geschrieben – und erklärt dem zoologischen Laien, dass Hasen weder Eier legen noch bringen und vor allem keine Kaninchen sind.

Auch wenn viele – vor allem Städter ohne Feldstecher – die beiden oft verwechseln. Die Menschen müssten nur genauer hinschauen, empfiehlt der Fachmann der Deutschen Wildtier Stiftung in Hamburg. Schließlich seien die zwei auch gewichtstechnisch von unterschiedlichem Kaliber. „Ein ausgewachsener Feldhase bringt es bei einer Länge von rund 75 Zentimetern auf bis zu fünf Kilo, ein Wildkaninchen auf nur etwa 1,5.“ Ausreißer gebe es dabei natürlich nach oben und nach unten. Und nicht zuletzt würde der Hase auch durch seine langen Löffel, die Ohren, auffallen.

Am Niederrhein schätzt er die Hecken, Wäldchen und Gehölze

Rund vier Millionen Exemplare hoppeln durch die Republik, schätzt der Deutsche Jagdschutzverband. In Nordrhein-Westfalen gibt es die größte Hasendichte bundesweit: ge­schätzte 32 Tiere pro Quadratkilometer. Vor allem am Niederrhein, im Münsterland und in der Soester Börde fühlen sich Hasen pudelwohl. „Am Niederrhein und im Münsterland schätzen sie die vielen Hecken, Wäldchen und Ge­hölze, wo sie sich verstecken können, was auch die Überlebenschancen für die Junghasen erhöht“, so Kinser. Apropos Nachwuchs: Der kommt lebend und behaart zur Welt, kann sofort sehen und laufen – also flüchten. Was ziemlich wichtig ist. „Denn die eigentliche Bestimmung des Feldhasen ist es, gefressen zu werden“, stellt der Forstwissenschaftler klar. Alles Natur.

Dem Tier ans Fell wollen Fuchs und Mensch, das Wildschwein, der Dachs und der Marder, verwilderte Hauskatzen – und die „Luftwaffe“: Krähen, Bussarde und Habichte. 380 000 Hasen werden jährlich bundesweit ge­schossen. Nicht nur Jäger schwärmen vom würzigen Wildgeschmack des Hasenbratens.

Im Unterschied zum Wildkaninchen ist der Feldhase ein Einzelgänger, der meist in der Dämmerung und nachts unterwegs ist. Er trifft sich nur zur Paarung – im Frühling auch gerne tagsüber. Die Häsin ist eine alleinerziehende Mutter. „Drei bis viermal jährlich bringt sie Junge zur Welt, im Schnitt drei pro Wurf. Ein, zwei oder drei Tiere überleben“, sagt Kinser und erinnert wieder an des Hasen Widersacher.

Gras ist was für Kühe. Hasen lieben die bunte Vielfalt

In der Zeit der „Hasenhochzeit“ wird der Angsthase übrigens mutig, der sonst vor Gegnern gerne Haken schlagend flüchtet. Hochaufgerichtet liefern sich Rammler im Wettstreit um eine schöne Häsin unter Einsatz ihrer Pfoten „Boxkämpfe“. Auch sie ist manchmal nicht zimperlich und geht so den Verehrer an. Dazu ist das Tier ein sensationeller Sprinter und kann aus dem Stand von null auf 80 Stundenkilometer beschleunigen. Das Tempo hält der Hase rund 400 Meter durch. Drei Meter weit und zwei Meter hoch springen kann er auch.

Was futtert der denn, um für all das Kraft zu tanken? „Gras ist was für Kühe. Feldhasen lieben die bunte Vielfalt“, schmunzelt der Fachmann. Die Tiere bedienen sich gerne bei Wildkräutern, Möhren, Rüben, Salat und Kohl – und im Winter auch bei der Rinde von Obstbäumen. So sie diese Mischkost auch vorfinden.

Zwar ist der Feldhase in NRW kein seltener Anblick, dennoch steht er auf einer sogenannten Vorwarnliste. Meint: Der Mensch muss wachsam sein, darf seine Lebensgrundlagen nicht zerstören. Die intensive Landwirtschaft tut Hasen nicht gut. Große Agrarflächen rauben ihnen die Verstecke. Landwirtschaftliche Maschinen machen den Jungen den Garaus, die sich vor diesen vergeblich in Mulden, den Hasen-Wohnungen, Sassen genannt, ducken.

Andreas Kinser betont, dass Bauern dem Tier mit blühenden Streifen an ihren Ackerrändern helfen können. Aber Flächen nicht zu bearbeiten, koste Landwirte Geld. „Dafür müsste es entsprechend finanziell ausgestattete Agrar-Umweltprogramme geben.“ Ein Osterwunsch eines Hasen-Liebhabers.