Köln. . Grünbrücken über Autobahnen sollen den Wildtieren ein größeres Einzugsgebiet für die Partnersuche ermöglichen. Bis Sommer 2013 entsteht eine dieser Brücken in Köln, auch in Dorsten ist eine geplant.
Das kann einfach kein gutes Zeichen sein, wenn Naturschutzgebiete vor allem bekannt sind als die Namen von Autobahnabfahrten. So geht es dem „Königsforst“ und der „Wahner Heide“ südlich von Köln seit den 1930er-Jahren, seit die Autobahn 3 sie mittenmang durchschneidet; damit trennt sie auch ganze Tierwelten, wie in dem bekannten Lied „Es waren zwei Königstiger . . . sie konnten zusammen nicht kommen“.
Täglich ein Mahlstrom von 86 000 Fahrzeugen: „Überqueren wäre da der sichere Tod“, sagt Laurenz Braunisch, Sprecher von Straßen NRW im hiesigen Kreis Rhein-Berg. Deshalb entstehen südlich dieser Ausfahrt „Königsforst“ bis Sommer 2013 für acht Millionen Euro zwei Grünbrücken: Sie sollen Hirschen und Wildschweinen, Rehen, Mardern und Dachsen und . . . also überhaupt allem Getier ermöglichen, die Autobahn und die parallele L 284 zu überqueren, bequem, sicher, langsam und sichtgeschützt. Man möchte sich auch lieber nicht ausmalen, was auf der Straße geschieht, wenn Fahrer bei Tempo 130+ plötzlich einen Rothirschen vor sich sehen oder einen Keiler, selbst wenn er zehn Meter höher steht – oder gerade weil.
Isolation
und Inzucht
Der Sinn des Ganzen ist jedenfalls klar: Die Tiere, die zwischen den gewaltigen Straßen praktisch auf Inseln leben, sollen mehr und andere Partner finden, das verringert Isolation und Inzucht, variiert den Genbestand und schützt vor Krankheiten.
Und umgekehrt dürfen Fahrer etwas mehr Sicherheit erwarten: Nach Zahlen des ADAC gibt es 250 000 Wildunfälle jährlich in Deutschland und dabei allein in NRW um die 30 Schwerverletzte. Umgekehrt werden jedes Jahr mehr als 100 000 Rehe und 10 000 Wildschweine mit dem Auto erjagt.
Solche Brücken sind nicht mehr ganz selten, es gibt in Deutschland über 30; nochmal so viele sind geplant oder im Bau, auch im Ruhrgebiet, an der A 31 bei Dorsten. Dort sollen einerseits holländische und rheinische, andererseits westfälische Hirsche und Hirschkühe zusammengeführt werden. Eine zusätzliche Wildwarnanlage mit Zäunen und Sensoren soll dann auch die hinter der A 31 lauernde Bundesstraße 224 sichern, weil es eigentlich nicht sinnvoll ist, für Millionen eine Wildbrücke zu bauen, damit die Tiere fünf Kilometer weiter einen Unfall bauen.
„Unsere Wildsachverständigen sind sicher, dass die Sache funktioniert“, sagt für Königsforst der Straßen-NRW-Geschäftsführer Winfried Pudenz. Schließlich gibt es aus dem Bundesverkehrsministerium ein eigenes „Merkblatt für die Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen“, kurz „MAQ“, worin unter anderem steht: Sie sollten nur an alten Wildwechseln gebaut werden, wohin es die Tiere eh zieht; trichterförmige Zaunanlagen schleusen sie dann unmerklich auf und über die Brücke auf die andere Seite. Die Brücke ist dabei bepflanzt wie die natürliche Umgebung, und damit kein Mensch stört, werden dessen Wanderwege sogar wegverlegt von der Grünbrücke.
Beim Naturschutzbund Deutschland gelten solche Brücken als „Sahnestück unter den Verbundbauwerken“, verglichen etwa mit schnöden Fischpassagen, Wilddurchlässen oder Krötentunneln. Die Straßenbauer von Köln sprechen hingegen handfester von einer „Konjunkturpaket-Zwei-Brücke“, denn aus diesem Programm kommt das Geld für den Bau.
Auch der Bär
geht über die Brücke
In den Niederlanden sind Grünbrücken durchaus verbreitet, auch in Italien, wo es nicht um Hirsche geht, sondern um Bären, die man eventuell wieder bis in die österreichische Steiermark lotsen will. Augenzeugen berichten, man habe auch durchaus schon einen Bären auf einer solchen Brücke gesehen.
Freilich ging er in die falsche Richtung.