Die Atom-Katastrophe von Fukushima könnte unerwartet zum bestimmenden Thema einer Neuwahl in NRW werden. Zwar steht zwischen Hünxe und Höxter weder einer der verbliebenen deutschen Atommeiler, noch nimmt die Düsseldorfer Staatskanzlei maßgeblichen Einfluss auf die künftige Nutzung der Kernenergie – doch das allgemeine AKW-Unbehagen vieler Bürger dürfte auch hier auf das politische Klima durchschlagen.
Die NRW-Grünen schießen sich bereits kräftig auf Bundesumweltminister und CDU-Landeschef Norbert Röttgen ein. Dieser versuche, „die Mär von der Atomkraft als Brückentechnologie aufrechtzuerhalten“, wettern die Grünen-Vorsitzenden Monika Düker und Sven Lehmann. Der bisherige Atom-Kurs der Bundesregierung sei angesichts der Katastrophe in Japan nicht mehr zu halten. NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) nimmt Röttgen gar in die Pflicht, den sofortigen Atom-Ausstieg in Deutschland zu organisieren.
Die NRW-SPD hält sich angesichts des japanischen Leids mit Anwürfen noch zurück. Allerdings ist niemandem verborgen geblieben, dass sich die strategischen Vorzeichen einer möglichen Neuwahl über Nacht verkehrt haben könnten. Hatte Röttgen eben noch Oberwasser, weil er Rot-Grün mit Hilfe der Verfassungsrichter in der „politischen und moralischen Grundsatzfrage“ überbordender Schulden vor sich her treiben konnte, muss er sich nun womöglich selbst dem Thema Zukunftsverantwortung neu stellen. Nicht ausgeschlossen nämlich, dass ein NRW-Wahlkampf am Ende auf die platte Frage zusammenschnurrt: Was hinterlassen wir unseren Kindern – Schulden oder Atommüll?
Bei der CDU verweist man tapfer darauf, dass die Wähler sehr wohl differenzieren könnten zwischen Erdbeben und Tsunami am anderen Ende der Welt und einer schlichten Landtagswahl. Röttgen suchte sich dennoch am Wochenende auffallend deutlich als skeptischer, lernbereiter Akw-Befürworter zu profilieren, der Atomkraftwerke „Auslaufmodelle“ nannte.