Ruhrgebiet. Die Strukturreform des Rihrbistums ist finanziell ein Erfolg, doch ob sie auch auf pastoraler Ebene aufgeht, muss die Zukunft zeigen.

„Einen vergleichbaren Konflikt wie den in der Gemeinde Vierzehnheiligen in Bochum hat es im gesamten Bistum nicht gegeben“, erklärt der Sprecher des Ruhrbistums, Ulrich Lota. Das sei schon eine sehr außergewöhnliche Auseinandersetzung. Doch Probleme mit der neuen Aufteilung der Pfarr-Gemeinden und mit den Kirchen-Schließungen, die hatten viele Katholiken.

Da war viel von Enttäuschung die Rede, von Wut, von Trauer. Der Verlust eines Kirchen-Gebäudes, der Vertrautheit, der Geborgenheit in einer Gemeinde hat viele Gläubige tief getroffen. Für sie ist eine Kirche mehr als nur ein Gebäude. Für viele Menschen steht sie auch für Identifikation, sie ist ein Stück Heimat. Es ist ein Ort, in dem vielleicht schon die Eltern getraut wurden, in dem man selbst getauft wurde oder geheiratet hat, von Angehörigen in einem Trauergottesdienst Abschied nahm. Einen solchen Ort zu verlieren, schmerzte sehr, sehr viele Gläubige.

Aus der Sicht des Ruhrbistums hingegen war die Neugliederung, die sogenannte Strukturreform, eine dringend erforderliche Maßnahme. Der damalige Bischof von Essen, Felix Genn, begann 2005 damit, die Pfarreien und Gemeinden neu aufzuteilen. Seine Pläne sorgten bundesweit für Aufsehen,weil sie einschneidender waren als all das, was in anderen Bistümern passierte.

Aus 259 Gemeinden wurden 43 Groß-Pfarreien mit 7500 bis 40 000 Gläubigen. 96 von rund 350 Kirchengebäuden wurden aufgegeben. Für diesen gewaltigen Umbau führte das Bistum mehrere Gründe an. Zum einen die Zahl der Gläubigen. Als das Ruhrbistum 1958 gegründet wurde, zählte es 1,5 Millionen Katholiken. Heute sind es noch 900 000.

Zum anderen kann sich die Kirche hier auf immer weniger Priester stützen. Die Pfarrerschaft sankt von 637 auf nun rund 330. Also: weniger Katholiken, weniger Priester und schließlich auch auf Dauer sinkende Kirchensteuer-Einnahmen. Denn weniger Mitglieder bedeuten auch weniger Kirchensteuer-Zahler. Zudem wirkt sich die im Vergleich zu anderen Bistümern höhere Arbeitslosigkeit im Ruhrgebiet auch auf den Kirchen-Etat aus. Arbeitslose Gläubige müssen keine Kirchensteuer zahlen. „Der Mantel ist zu groß, die Schuhe sind zu groß“, so brachte es Bischof Genn damals auf den Punkt.

Strukturreform

Inzwischen macht sich die Strukturreform im Haushalt (Gesamtvolumen 2011: 210,8 Millionen Euro) des Bistums bemerkbar. Von dem Defizit in Höhe von damals 52 Millionen Euro sind mittlerweile etwa 40 Millionen abgebaut. Auch wenn es vielen Gläubigen weh tun wird, finanziell gesehen geht das Konzept der Kirchen-Schließung und Pfarrei-Aufteilung offenbar auf. Ob es auch auf pastoraler Ebene aufgeht, wird allerdings erst die Zukunft zeigen.