Essen.. In Zeiten des Internets ist das Schummeln bei wissenschaftlichen Arbeiten so einfach wie nie. Copy und Paste machen es möglich. Doch auch Professoren kennen die Tricks – und schlagen mit speziellen Anit-Plagiate-Programmen zurück.

Ein Fremdwort brachte die Dozentin auf die Spur. Sie suchte den Begriff im Internet – und siehe da, das Wort stammte aus einem Fachbuch, aus dem der Student gleich ganze Sätze kopiert hatte. Dreiste Ideendiebe haben bei Debora Weber-Wulff keine Chance. Die Berliner Professorin für Medieninformatik kennt sich aus mit Kopien, Plagiaten und Täuschungen in wissenschaftlichen Texten.

Sich durchs Internet klicken, speichern und einfügen – nie war es einfacher, fremdes geistiges Eigentum als das eigene auszugeben. Die Hochschulen kämpfen mit einer wachsenden Zahl von Täuschungsversuchen, das beginnt beim einfachen Referat, der Hausarbeit und endet zuweilen bei der Dissertation. „Das kommt immer häufiger vor, es ist mittlerweile Alltag an den Hochschulen“, sagt die Kölner Rechtsanwältin Mascha Franzen, die sich auf Hochschulrecht spezialisiert hat. „Jede Uni handhabt das anders, die Prüfungsordnungen sehen Sanktionen vor – von der Ablehnung der Arbeit bis zur Exmatrikulation.“ In NRW haben die Hochschulen seit 2007 die Möglichkeit, ertappte Täuscher mit einem Bußgeld zu belegen, erläutert Eduard Degott, Justiziar der Ruhr-Universität Bochum. „Bis zu 50 000 Euro Bußgeld sind gesetzlich möglich, doch diesen Rahmen schöpfen wir nie aus.“ Auch er registriert in den letzten Jahren eine Zunahme der Fälle.

„Googeln können wir auch“

Das Internet ist voll mit verführerischen Quellen. Unter www.hausarbeiten.de finden sich 116 000 Texte aus knapp 200 Fachbereichen. Ein ähnliches Angebot bieten die Seiten Diplomarbeiten.de oder Bachelorarbeiten.de an. Auch Fachbücher und -artikel sind im Netz meist frei zugänglich. Nicht zufällig ziert ein schillernder Pfau die Homepage von Debora Weber-Wulff – Sinnbild für die akademischen Blender, die sich mit intellektuellem Schein wie mit Federn schmücken. „Es ist schon immer abgeschrieben worden“, sagt die Professorin. Zwar mache es das Internet den Täuschern heute leicht, doch wurde zugleich die Kon­trolle einfacher. „Googeln können wir auch.“ Und wenn die Suchmaschine nicht weiterkommt, helfen inzwischen etliche spezielle Programme wie Turnitin, Plag­Aware oder Ephorus dabei, Plagiatsversuche aufzudecken.

Mittlerweile hat die Wissenschaftlerin einige Routine darin, Täuschern auf die Schliche zu kommen. Ein sicheres Anzeichen, dass etwas „geborgt“ ist, sei etwa ein plötzlicher Stilwechsel mitten in der Arbeit. „Wenn nach seitenlangen Rechtschreibpro­blemen plötzlich flüssig Geschriebenes steht“, sei vermutlich etwas faul, scheibt sie in einem Leitfaden für Lehrkräfte. Auch seltene Substantive, Wortverdreher oder „interessante Verschreiber“ brachten sie schon auf die Spur: Ein Student hatte einen fremden Text samt Tippfehlern kopiert.

Verblüffende Ausreden

Überrascht ist sie immer wieder von den fantasievollen Ausreden der Ertappten. Es sei doch erlaubt, alles aus dem Internet zu verwenden, meinte ein Student in verblüffender Naivität. Ein anderer erklärte ihr, die fraglichen Sätze müsse jemand anderes heimlich in seinen Computer eingetippt haben. Manche Studenten fragten, ab wie vielen abgeschriebenen Wörtern man von einem Plagiat sprechen müsse. Ihre Antwort ist glasklar: Ein Satz reicht aus.

Wie begehrt akademische Titel sind, brachte der bundesweite Bestechungsskandal 2009 ans Licht. Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelte gegen rund 100 Professoren, die gegen Geld Kandidaten zur Promotion verholfen hatten, die dafür nicht geeignet waren. Ein Vermittlungsinstitut kassierte dafür von den Promotionswilligen bis zu 20 000 Euro – und schmierte willige Hochschullehrer.