Füchtorf.. Birgit Fabich aus Füchtorf im Münsterland lehrt schon eine Weile die alte Kunst des Briefeschreibens, und kürzlich startete sie an der Volkshochschule einen Kurs für Grüße zum Valentinstag. Tipps für die passenden Worte zum Tag der Liebe.
Verehrteste! Mein innigst geliebter. . . Hallo Du! Hi, Liebster. Hasenpfötchen? Zum Valentin, wie fängt man sowas an? Die Finger trommeln auf den Tisch, der Stift ist an seinem Ende abgekaut, da sind wir noch am Anfang. „Der Einstieg ist immer das Schlimmste“, sagt Birgit Fabich. Was ich dir immer schon einmal sagen wollte. . . Aber was war das noch?
Wie, bitte, schreibt man einen Liebesbrief??
Birgit Fabich kann einem das sagen. Die 52-Jährige aus Füchtorf im Münsterland lehrt schon eine Weile die alte Kunst des Briefeschreibens, und seit sie kürzlich für die Volkshochschule einen Kurs erfand für Grüße zum Valentinstag, hat man sie schon „Liebesbrief-Coach“ genannt. Birgit Fabich findet das ein bisschen lustig, sie selbst hat einst an die Oma angefangen, und ist ein Liebesbrief nicht „einfach nur ein lieber Brief“?
Aber natürlich weiß sie um die Moderne, in der die Menschen einander nicht mehr schreiben, sondern SMSen, um die Angst vor dem weißen Blatt – „Männer haben sogar Angst vor ihrer eigenen Schrift!“ – und um das Ende der Fantasie nach dem abgenutzten Satz: „Ich liebe dich.“ Und weiter?
Über Hemmschwellen und Blockaden hilft die zweifache Mutter mit Texten, die andere sich trauten zu schreiben. Minnesang auf Althochdeutsch von Walther von der Vogelweide oder das Buch der Bücher: Wie schön ist deine Liebe, meine Braut; wie viel besser ist deine Liebe als Wein, und der Duft deiner Salben als alle Gewürze! Hoheslied 4,10. „Wer da nichts rausnehmen kann . . .“ Die Pädagogin aus der Erwachsenenbildung hat nichts gegen das Abschreiben. „Wenn’s passt und es genau ist, was ich sagen will, warum soll ich das Rad neu erfinden?“
Kreative Liebes(kost)probe
Aber passen muss es natürlich. Authentisch sein, geschrieben in möglichst gemeinsamen Worten. Ein junger Mensch darf durchaus „voll krass“ sein: „Die Sprache ist neu, aber die Gefühle sind alt.“ Und letztlich, findet Birgit Fabich, ist ein Brief „wie ein Gespräch“. In dem man den Adressaten anredet, wie man es persönlich täte, und die Dinge sagt, wie sie sind. „Manche meinen, der Inhalt müsste besonders tiefsinnig sein. Aber meine Gedanken und Gefühle aufs Papier zu bringen, ist doch tiefsinnig!“
Speicher voll, löschen
Und vom Empfänger meist gern genommen, „auch mal schön nach Jahren“, ein paar nette Worte, die zeigen: Ich habe an dich gedacht. Das Hübsche am Brief: Er wird nicht gelöscht, wenn der Speicher voll ist. „Er ist ein bleibender Wert. Man kann ihn immer wieder lesen.“ Menschen wie Birgit Fabich zelebrieren das: mit einer Kanne Tee in einem gemütlichen Sessel, und dann die Freude wieder und wieder fühlen. Liebe-Lesen ist einfacher als Liebe-Schreiben.
Neues von Victoria's Secret
Mancher fürchtet sich davor. Er könnte sich verschreiben! „Dann streich ich durch und klebe einen Aufkleber drauf. Wenn’s Herzchen sind, ist doch super!“ Er muss mit Füller schreiben. „Unsinn. PC geht auch, und darunter einen süßen Gruß mit der Hand.“ Er könnte etwas Falsches schreiben. „Richtig und falsch gibt es nicht. Alles darf, was im Überschwang der Gefühle aufs Papier fließt.“
Und wenn nichts fließt? Dann hat die Trainerin Techniken: wie die Clustermethode. Ein Zettel „Du“, ein Zettel „Ich“, und dann erstmal notieren, was toll ist am Gegenüber. „Das sollte dann schon irgendwie vorkommen.“ Oder ein Bild des Liebsten ansehen beim Schreiben. Und sich schon jetzt auf die Spannung freuen: diesen Moment, da der Andere den Brief aus dem Kasten fischt, aufgeregt den Umschlag aufreißt, liest. Und dann die Tage, bis er hoffentlich antwortet. „Wie Weihnachten.“
Adressat ist nötig
Das Einzige, woran ein Liebesbrief scheitern kann, ist sein Adressat: „Man muss natürlich jemanden haben, dem man ihn schicken kann.“ Und der ihn auch haben will. Viele mögen schon voller Abwehr lieb Gemeintes gelesen haben – nur sieht der Schreiber das nicht. Aber womöglich hat ihm die Sorge die Hand geführt, er könnte ausgelacht werden, sich zu weit aus der Deckung zu wagen, zu entblößen.
Und dennoch: Auch das geht mit dem Liebesbrief einfacher als der Liebeserklärung.
Schriftlich geht das besser . . . Den Brief ihr geben und dann fliehn . . .Wie feige! Doch eher sterb ich, als dass ich redend ihr mein Innres zeige. Doch schreibend ja! Cyrano de Bergerac.
Mit einem Kloß im Bauch, darf man annehmen, haben die Kursteilnehmer diese ersten Hürden schon genommen. Haben sich festgehalten an ihrem Lieblingsstift und sich überwunden. Das Ergebnis vielleicht sogar schon abgeschickt. Für Sie zu spät? „Einen Liebesbrief“, findet Frau Fabich, „darf man auch das ganze Jahr über schreiben. Aber wenn nicht zum Valentinstag, wann dann?“ Und der ist ja noch nicht vorbei. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, sagt Birgit Fabich. Und wo das Bedürfnis ist, auch ein Briefkasten.