Ruhrgebiet. . Catharina König nennt sich „Sexualbegleiterin“ und besucht alte oder behinderte Menschen. Mit Rotlicht habe das allerdings wenig zu tun.
Sexualität geht nicht in Rente. Das weiß auch Catharina König, die sich „Sexualbegleiterin“ nennt und vor allem alte Menschen aufsucht oder behinderte: „Es geht nicht zentral darum, dass jemand einen Orgasmus hat, das lässt sich ja in relativ kurzer Zeit bewerkstelligen“, sagt die Bochumerin: „Es geht den Menschen um Begegnung, jemanden in die Arme zu nehmen, einen Körper zu spüren.“ Sex, Oralsex und Küsse hat sie nicht im Angebot – aber durchaus Momente mit „Nacktheit, Zärtlichkeit und Lust“.
Juristisch betrachtet ist das Prostitution, die 52-Jährige nimmt 100 Euro für eine Stunde plus Fahrtkosten. Sie selbst sieht das anders: „Ich mache etwas Seriöses, das nichts zu tun hat mit Rotlicht.“
Unter „www.sexualbegleitung.org“ erklären sie und eine Handvoll weiblicher und männlicher Kollegen aus dem ganzen Land ihr Tun, das sie durchaus als Sexarbeit sehen. Nach komplettem Sex werde aber nur selten gefragt, weil es oft gesundheitlich oder altersbedingt nicht mehr gehe.
Manchmal nähmen Heimbewohner Kontakt zu ihr auf, aber auch Angehörige („Mein Großvater hatte ein schweres Leben“) oder Pflegepersonal. „Demenz übergeht moralische Filter, das reine Bedürfnis kommt nach oben“, sagt Catharina König. Manche alten Männer würden dann im Heim anzüglich, aggressiv und übergriffig, „das sind die Großväter, wo keiner mehr ins Zimmer will. Das Personal sagt sich, Hilfe, hier muss was passieren.“
Sie informiere sich über den Mann, „dann gestalte ich eine Begegnung: Manche möchten einfach eine Frau nackt sehen, gestreichelt werden oder selbst berühren.“ Das müssten nicht unbedingt die Geschlechtsteile sein, es reiche oft „das Gefühl, lebendig zu sein“. In ihrer Klientel gebe es auch Stammkunden, „da reden wir vielleicht von einem Treffen im Quartal“.
Alter und Behinderung in Verbindung mit Sex und Geld: Viel mehr Tabu kann man in ein Arbeitsleben nicht packen, aber es bricht gerade auf in Catharina Königs Augen. „Inzwischen gibt es Einrichtungen, die entwickeln Konzepte, wie sie damit umgehen“, sagt die 52-Jährige: „Die Gesellschaft öffnet sich ganz, ganz langsam für das Thema.“