Essen.

Beim Essen entwickelt sich Deutschland auseinander. Die einen diskutieren mit dem Weinhändler, für die anderen ist Qualität Nebensache. Die Erkenntnis haben wir ausgerechnet von einem Lebensmittel-Konzern – Nestlé.

Der Flachbildschirm an der Wand war der größte, den der Händler im Angebot hatte. Die neue Kamera produziert die schärfsten Bilder, das Handy kann alles, und das Auto glänzt in der Sonne. Beim Essen allerdings sind die Deutschen in der Überzahl längst nicht so anspruchsvoll wie bei der Technik. Die jüngste Nestlé-Studie verbreitet zwar die zarte Hoffnung, dass sie der Ernährung größere Bedeutung beimessen, aber sie zeigt vor allem: Deutschland is(s)t gespalten.

Die Zahl der Vegetarier ist gestiegen, und natürlich auch die Zahl de­rer, die Essen und Trinken als Ausdruck von Lebensgefühl empfinden und das gerne vorzeigen. Sie schaffen sich Kaffeemaschinen zu Ge­brauchtwa­genpreisen an, diskutieren mit dem Weinhändler über die besten Lagen und gucken dem Bäcker am liebsten beim Brotbacken zu, bevor sie’s kaufen.

Viel und billig ist für viele das Credo

Doch für die meisten ist Essen immer noch reine Nahrungsaufnahme. Ent­weder, weil ih­nen die Zeit fehlt oder der Anspruch. Oder beides. Viel und billig ist ihr Credo. Qualität ist Nebensache, Ge­schmackserlebnisse sind zweit­rangig, die pure Frustfresserei von Fertigfutter und Süßigkeiten hat keineswegs nachgelassen. Restaurants, die XXL-Portionen auf die Teller schaufeln und damit offensiv werben, muten hier zwar noch exotisch an im Vergleich zu den „All you can eat“-Exzessen in den USA oder bei Billigurlauben in der Karibik. Aber der Erfolg der China-Imbisse oder früher der Balkanlokale hat einen einfachen Grund: Es gibt viel für wenig Geld.

Der Preiskrieg der Discounter, der nirgendwo auf der Welt so aggressiv geführt wird wie in Deutschland, hat die Geizmentalität an der Supermarktkasse verschärft. Auch die eher positiv gestimmte Nestlé-Studie unterschlägt nicht, dass nur ein Drittel der Befragten bereit war, für korrekte Tierhaltung höhere Lebensmittelpreise in Kauf zu nehmen. Gerade mal jeder Fünfte würde für Nahrungsmittel ohne Chemikalien mehr ausgeben.

Was Johann Lafer in Frankreich beobachtete

Fernsehkoch Johann Lafer hat den Unterschied zu Frankreich einmal gut auf den Punkt gebracht. Als er dort in Luxuslokalen essen ging, dachte er, die Autos auf den Parkplätzen gehörten den Angestellten.

Sie gehörten den Gästen.