Ruhrgebiet. .
Das Ruhrgebiet verändert sich. Damit schöne neue Ecken entstehen, muss oftmals erst die Abrissbirne kreisen. Eine Bustour will zeigen, wo sich die Zukunftsorte im Revier verstecken. Dabei ist Fantasie gefragt.
Vergammelte Fassaden, verrammelte Fenster, und gegenüber kocht ThyssenKrupp immer noch Stahl. Hier, in diesem Teil von Duisburg-Bruckhausen, sieht die Stadt immer noch so aus wie zu Schimanskis besten Zeiten. Sich hier die Zukunft des Ruhrgebiets vorzustellen, dazu gehört eine ordentliche Portion Fantasie.
Die wollen Thorsten Schauz und seine Mitstreiter vom Planungsbüro „Stadtidee“ wecken. „Zukunftsorte: Wohnen im Ruhrgebiet“, so heißt die Tour, die sie anbieten. Mit dem Bus geht es durchs Ruhrgebiet, vorbei an zahlreichen Projekten, die sich bestenfalls in der Bauphase befinden. Andere stecken dagegen gerade einmal in der Planungsphase. Bruckhausen liegt irgendwie dazwischen. Hier soll ein Grüngürtel entstehen. Dann grenzen die Wohnhäuser nicht mehr direkt ans Stahlwerk.
Hier kreist die Abrissbirne!
Die Häuser, die jetzt noch dort stehen, sollen „zurückgebaut“ werden. Im Klartext: Hier kreist die Abrissbirne. Wer sich auf eine Tour durch die betroffenen Straßenzüge macht, der merkt schnell: Das sind keine leeren Versprechen. Im Gegenteil, einige Lücken zeigen eindeutig, dass schon abgerissen wird. Das Ziel: Wohnen in Bruckhausen soll wieder lebenswert werden.
Soweit sind sie am Niederfeldsee noch nicht. Eigentlich gibt es noch nicht einmal einen See, nur eine Computeranimation auf einem Baustellenschild mitten in Essen-Altendorf. Darauf sieht es so aus, als könne man sich hier wohlfühlen, irgendwann: Die „Rheinische Bahn“, der neue Radweg des RVR, führt über eine Brücke über den See, am Ufer neue Häuser. In der Realität stehen hier noch triste Arbeiterbauten mit engen Wohnungen aus den 1920er-Jahren. Sie sind leer und müssen weichen. Der Besitzer, eine Wohnungsbaugesellschaft, tritt neben EU, Bund, Land und Stadt als Investor auf. Für Schauz, selbst Stadtplaner, ist der Niederfeldsee ein typisches Beispiel für vorbildliche Stadtentwicklung. „Der überwiegende Teil des Wohnbaus im Revier wird sich im Bestand abspielen“, prophezeit er. Diese Veränderungen im Bestand, die wollen die Macher von „Zukunftsorte“ aufzeigen.
Rund zwei Drittel der Abriss-Häuser gehören Privatleuten
Dass die Planer bei Arbeiten im Bestand besonders behutsam vorgehen müssen, weiß Schauz. Es gilt, auf Befindlichkeiten, aber auch auf Eigentümer Rücksicht zu nehmen. In Essen passte es gut, dass die Wohnungen, die weichen müssen, einem Unternehmen gehören. In Duisburg ist es anders. „Rund zwei Drittel der betroffenen Häuser gehören Privatleuten“, sagt Edeltraud Klabuhn vom Stadtteilbüro Bruckhausen. Eine städtische Gesellschaft kauft denen die Immobilien ab.
„Möglich ist das aber nur, weil ThyssenKrupp der Stadt eine große Summe gespendet hat, um das Viertel aufzuwerten.“ Allerdings, und das betont Edeltraud Klabuhn, habe das Unternehmen nur das Geld zur Verfügung gestellt. „Mitspracherecht bei der Gestaltung hat es nicht.“
Vier Zukunftsorte haben sich die Macher der Tour herausgesucht. Neben Bruckhausen und Altendorf sind es der Phoenix-See in Dortmund-Hörde und Bottrop als Sieger des InnovationCity-Wettbewerbs. Ein Audioguide, quasi eine Art Hörspiel, erklärt die geplanten Veränderungen. Prominente Sprecher wie die Kabarettisten Jochen Malmsheimer und Fritz Eckenga oder ZDF-Moderatorin Dunja Hayali stellen die Orte vor. Außerdem kommen Planer und Bewohner zu Wort. Blaue, kugelförmige Sitzmöbel sind Markenzeichen des Projekts. Sie laden, mindestens bis Ende März, an den Zukunftsorten ein, Pause zu machen, einen anderen Blick auf das Revier zu genießen – und der Fantasie freien Lauf zu lassen.