Düsseldorf.

Natürlich wollen die Leute das Duell der Weltmeister sehen beim Race of Champions in Düsseldorf: Sebatian Vettel gegen Michael Schumacher. Am Ende jedoch siegte ein Portugiese – und es gewann die Show.

Von oben, von der Tribüne der Düsseldorfer Arena, sieht es aus, als hätte der Liebe Gott eine riesige Spielzeugkiste ausgeschüttet. Herausgefallen ist eine Carrera-Bahn, allerdings eine aus Asphalt. Sie steht dort, wo normalerweise die Zweitliga-Fußballer der Fortuna Tore schießen, und ist am Wochenende beim Race of Champions die Spielwiese der Formel-1-Stars Sebastian Vettel und Michael Schumacher. Der Rest ist Beiwerk.

Das Duo gegen den
Rest der Welt

Die jeweils 30 000 Zuschauer am Samstag und Sonntag wollen sehen, wie Weltmeister Vettel und Schumacher die anderen Fahrer aus der bunten Welt des Motorsports abhängen. Es ist laut, an den Eingängen gibt es Ohrstöpsel, Car Wars macht Krach und ist ein Spektakel. Sofort im ersten Rennen am Sonntag bricht am Audi R8 des finnischen Formel-1-Piloten Heikki Kovalainen eine Radaufhängung. Der Wagen schießt in die Bande. Totalschaden.Kovalainen hatte seine Freundin als Beifahrerin neben sich sitzen. Beide klettern mit brummendem Schädel aber ansonsten unverletzt aus den Trümmern. Schrott sei Dank! Der Finne verzichtet auf weitere Starts.

Foto: Kai Kitschenberg
Foto: Kai Kitschenberg © WAZ FotoPool

So richtig vermissen tut ihn niemand, die Show mit dem inoffiziellen Titel „Vettel und Schumacher gegen den Rest der Welt“ geht weiter. Samstag hat das Duo die Nationen-Wertung gewonnen. Wie vor einem Jahr in Peking, denn bis vor kurzem war ein Race of Champions in Deutschland nicht angesagt. Die Rezession hatte die Autobranche in den Fängen. Wagenbesitzer diskutierten über die Abwrackprämie, BMW zog sich aus der Formel 1 zurück, Opel redete über Werksschließungen, Mercedes ging in die Kurzarbeit. Was sollte aus Deutschland, der Auto-Nation Nummer eins, werden? Ein Produzent von Elektro-Autos?

Heute – gut ein Jahr später – lautet die Antwort: Die Krise hat sich verzogen, Deutschland bleibt die Auto-Nation Nummer eins. Die Zuschauer auf den Tribünen lachen, als es ein lautloses Einlage-Rennen zwischen Elektro-Autos gibt. Die Absatzzahlen der Auto-Hersteller steigen, in einem Fußball-Stadion wird für ein Wochenende eine Rennpiste verlegt, 60 000 Menschen zahlen Eintritt, und Sebastian Vettel ist der jüngste Weltmeister der Formel 1. Die Menschen in der Arena jubeln ihm zu – Liebe geht wieder durch den Wagen.

In den Katakomben des Stadions, dort, wo beim Fußball die Fans parken, steht der siebenmalige Weltmeister Schumacher neben Vettel. Ein guter Moment für einen Vergleich. Als der Kerpener Anfang der 90er Jahre in die Formel 1 einstieg, zählte der Fernsehsender RTL Einschaltquoten von rund zwei Millionen Zuschauern. Motorsport? Ein halbseidenes Hobby für die Männer mit den goldenen Uhren mit den dicken Edelsteinen, die manchmal ganz schnell verreisen müssen. Für die Generation Vettel sind das Geschichten aus einer Zeit, in der die Kater noch gestiefelt waren und Rapunzel das Haar herab ließ. Lange vorbei.

Zum einen ist RTL mit seinen Moderatoren längst Stammgast in den Wohnzimmern. Kai Ebel, der Mann mit dem Boxengassen-Mikrofon, dürfte bekannter sein als die Bundesministerin für Bildung und Forschung – sie heißt übrigens Annette Schavan. Zum anderen haben Weltkonzerne wie Mercedes und Renault das Sagen in der Formel 1 mit übernommen und dadurch einen Imagewandel geschaffen. Vielleicht ein Symbol, dass Vettel im Viertelfinale der Einzelwertung von Düsseldorf ausgerechnet Schumacher aus dem Wettbewerb kegelt. Vettel ist ein Kind der Konzerne, denn sein Arbeitgeber Red Bull nahm ihn schon als Teenager unter Vertrag.

Vettel hat das Geschäft längst verinnerlicht

Der Heppenheimer, der auch in Düsseldorf locker und angenehm über die Rampe kommt, hat in Wirklichkeit längst verinnerlicht, wie das Geschäft läuft: mit den Sponsoren, mit den Medien, mit den Ingenieuren und mit den Fans. In Düsseldorf wickelt er sie lächelnd um den Finger. In einer Rennpause rollt er mit seinem Formel-1-Weltmeister-Auto auf den Asphalt. Der Wagen ist so flach als könnte er unter Luft durchfahren. Vettel lässt den Motor aufheulen – Trommelfell-Schäden nicht ausgeschlossen, dann lässt er die Reifen qualmen. Als sich Realität und Show im Nebel miteinander vermischen, springt Vettel aus dem Cockpit und grinst: „Sorry, ich hab’ ja ganz vergessen, dass das Dach der Arena geschlossen ist.“

Was damit übrig bleibt vom Wochenende: Viel Rauch um nichts.

In der Nationenwertung beim Race of Champions siegten Sebastian Vettel und Michael Schumacher am Samstag im Finale gegen die englischen Tourenwagen-Fahrer Andy Priaulx und Jason Plato. In der Einzelwertung am Sonntag gewann der Portugiese Filipe Albuquerque. Schumacher verlor das Viertelfinale gegen Vettel, für den dann im anschließenden Halbfinale Schluss war.