Ruhrgebiet. .

Die Dahlbusch-Bombe ist nicht nur Rettungsgerät allein, sondern auch ein Magnet. In zwei Museen des Ruhrgebiets wollen die Besucher zu Beginn der Herbstferien ein bisschen mitschaudern und mitfühlen mit den chilenischen Bergleuten am anderen Ende der Welt.

Allein die Vorstellung, in dieser stählernen Zwangsjacke Hunderte von Metern durch ein dunkles, enges Loch geschoben zu werden, treibt einem den Angstschweiß auf die Stirn. So tief unter der Erdoberfläche verschwunden, so weit weg und plötzlich doch zum Greifen nahe.

Greifen ist begreifen. Und das kann man am heutigen Rettungstag der chilenischen Bergleute wohl nirgendwo besser als im Bochumer Bergbaumuseum und in der Bergbausammlung in Gelsenkirchen-Rotthausen. Im Bochumer Anschauungsbergwerk schlummert der Prototyp, die stählerne Urkapsel, die 1955 zur Rettung von drei verschütteten Bergleuten auf der Gelsenkirchener Zeche Dahlbusch entwickelt wurde.

Auch eine moderne und weiterentwickelte Rettungskapsel darf in Bochum angefasst werden. 1998 holte sie den österreichischen Bergmann Georg Hainzl nach zehn bangevollen Tagen aus der Tiefe ans Tageslicht – als einzigen Überleben eines Unglücks in einem obersteirischen Talk-Bergwerk. „Diese Neuentwicklung ist etwas komfortabler als die alte Dahlbusch-Bombe von 1955”, erklärt Museumssprecherin Eva Koch. Die Kapsel ist ein paar Zentimeter breiter und mit Rollen ausgestattet.

Funkgerät in der Kapsel

Schon fast luxuriös wirken dagegen die Rettungskapseln, die die chilenische Marine aus der Dahlbusch-Bombe weiterentwickelte. Wenn die 33 eingeschlossenen Bergleute heute durch den engen Schacht nach 70 Tagen aus 700 Metern aufwärts gehievt werden, verfügen sie sogar über Sauerstoff- und Funkgerät an Bord. Viel Platz haben aber auch sie nicht. Manche Kumpel mussten sogar extra eine Diät einlegen, damit sie sich heute in die kaum mehr als schulterbreite, 3,95 Meter hohe und knapp 500 Kilo schwere Tonne quetschen können.

Die Männer werden während des Hochziehens, das bis zu 45 Minuten dauern kann, über eine in der Kapsel angebrachte Kamera überwacht. Auch das ist anders als bei der Rettungsaktion 1955 auf Dahlbusch und 1963 beim „Wunder von Lengede”: Zuerst wagen sich Rettungskräfte zu den Eingeschlossenen hinunter, Sanitäter, Ingenieure, um letzte Einweisungen und Hilfestellungen zu geben.

In Deutschland ist es glücklicherweise lange her, dass Bergleute in der Grube ihr Leben lassen mussten, genau gesagt über 22 Jahre. Der 1. Juni 1988 ist deshalb besonders in Erinnerung geblieben, weil er das letzte große Zechen­unglück markiert. 51 Bergleute kamen im hessischen Borken ums Leben. Auch damals gab es so etwas wie ein kleines Wunder: Sechs verschüttete Kumpel konnten sich durch Klopfzeichen bemerkbar machen und wurden nach 65 Stunden befreit.

Selbstverständlich, es liegt am sterbenden Bergbau an sich, dass immer weniger Männer unter Tage ihr Leben lassen. Aber auch an der erheblichen Verbesserung der Sicherheitsstandards. „Die sind mittlerweile sehr hoch”, erklärt der Pressesprecher der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IGBCE), Christoph Meer. Von Sicherheitsstandards wie in Deutschland können Bergleute in anderen Ländern nur träumen. In China beispielsweise, kommen zwischen 3- und 5000 Menschen in Zechen um, jährlich wohlgemerkt. Zu den gefährlichsten Kohleminen der Welt gehören an zweiter Stelle der Statistik die ukrainischen. Hier verlieren jährlich weit über 100 Kumpel ihr Leben in dunkler Tiefe.