Dortmund..

Dicke Patienten machen Kliniken immer häufiger schwere Probleme. Schon das Messen des Blutdrucks wird durch eine zu kleine Manschette unmöglich.

Das Skalpell ist mit den Fettmassen überfordert, und auch der normale OP-Tisch könnte zu­sammenbrechen. Laut einer aktuellen Studie ist jeder sechste Bürger krankhaft fettsüchtig. NRW wird immer dicker, die Krankenhäuser müssen sich umstellen.

„Für Patienten, die mehr als zweihundert Kilogramm wiegen, haben wir kein passendes Bett“, gesteht Jörg Kühn, Sprecher des Klinikums Dortmund. In solchen Fällen muss das Haus ein besonders stabiles Gestell leihen. Kein Einzelfall. Immer häufiger müssen Patienten an Spezialkliniken verwiesen werden, die auf die Bedürfnisse von krankhaft Fettsüchtigen eingestellt sind.

„Alles in dem Auto ist auf XXXL ausgelegt“

Auch der Transport zum Krankenhaus wird bei Patienten mit mehr als 170 Kilogramm Gesamtkörpermasse zum Problem. Bis vor einigen Jahren wurde eine Matratze auf die Lkw-Pritsche gelegt, denn der normale Krankenwagen war mit dem Gewicht überfordert. „Das war menschenunwürdig“, sagt Thomas Osthoff, Sprecher der Feuerwehr Dortmund.

Mittlerweile kann er auf ei­nen Adipösen-Transportwagen zurückgreifen. „Alles in dem Auto ist auf XXXL ausgelegt“, sagt Osthoff. Eine größere Liege, ein Rettungstuch mit mehr Schlaufen für mehr zu­packende Personen und eine Tragkraft von maximal 725 Kilogramm.

Damit genügend kräftige Hände anwesend sind, um den Patienten sicher aus der Wohnung zu bringen, wird bei je­dem Einsatz des Adipösen-Transportwagens gleich ein örtlich zuständiges Löschfahrzeug der Feuerwehr alarmiert. Wenn das Treppenhaus nicht breit genug ist, müssten sie manchmal durchs Fenster und mit einem Teleskopmast arbeiten. Sogar das Dach mussten sie schon einmal abdecken, um einen Patienten sicher aus der Wohnung zu bekommen, erklärt Osthoff.

Schnitzel, so groß wie ein Laptop

Die Einsätze des Transportwagens nehmen rasant zu. War er in den ersten sechs Monaten nach seiner Anschaffung 2007 noch 48-mal unterwegs, kam er in der ersten Jahreshälfte 2010 auf 189 Fahrten. „Wenn es die Tendenz gibt, dass man Schnitzel isst, die so groß sind wie ein Laptop und Schokoladen dreihundert Gramm wiegen, darf man sich über die Entwicklung nicht wundern“, so Osthoff.

Dr. Martin Büsing vom Knappschaftskrankenhaus Recklinghausen, Referenzzentrum für Adipositas-Chirurgie: „Die Zahlen haben sich bei uns im letzten Jahr verdoppelt.“ Rund 400 Operationen müssen im Jahr gestemmt werden. Der Umbau zweier weiterer Zimmer ist geplant.

Das Spezialbett wiegt
500 Kilogramm

Den Kliniken entstehen bei adipösen Patienten ganz be­sondere Probleme: „So ein Spezialbett wiegt fünfhundert Kilogramm“, erklärt Dr. Klaus Peitgen vom Knappschafts-Krankenhaus in Bottrop. Wenn dann noch ein stark Übergewichtiger darin liege, sei das häufig ein Problem für die Statik des Krankenzimmers. „Wir müssen passende Zimmer finden, damit uns buchstäblich nicht einer durch die Decke kracht“, so Peitgen.

Ab einem Körpergewicht von 120 Kilogramm entstehen die Probleme und eine spezielle Ausstattung wird nötig. Im Essener Alfried-Krupp-Krankenhaus gibt es eine Station für XXXL-Patienten. Die Tü­ren sind breiter, die Wände hinter der Hängetoilette ha­ben eine Tragkraft von 400 Kilogramm. Ansonsten fällt der Unterschied nicht ins Auge. Mit Absicht, denn die Patienten sollen nicht zur Schau gestellt werden.