Aachen..
Der wegen des Ausbruchs der beiden Schwerverbrecher Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski mitangeklagte Beamte hat vor Gericht erstmals die Situation in der Aachener Haftanstalt geschildert.
Die Anwälte des 40-jährigen Michael K. verlasen vor dem Aachener Landgericht eine ausführliche Erklärung ihres Mandanten. Darin zeichnete der Familienvater ein chaotisches Bild von den Zuständen hinter Gittern.
Der wegen des Ausbruchs der beiden Schwerverbrecher Michael Heckhoff und Peter Paul Michalski mitangeklagte Gefängnisbeamte hat am Dienstag vor Gericht erstmals die Situation in der Aachener Haftanstalt detailliert geschildert. Die Anwälte des 40-jährigen Michael K. verlasen vor dem Aachener Landgericht eine ausführliche Erklärung ihres Mandanten. Darin zeichnete der Familienvater ein chaotisches Bild von den Zuständen hinter Gittern.
Drogen wie Heroin, selbst gebrannter Alkohol, Pornofilme, Playstation-Spiele und Handys seien in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Aachen üblich gewesen. Alleine 2009 habe man etwa 50 Handys in den Zellen der JVA sichergestellt. Immer wieder habe es Gewalttaten und Übergriffe gegenüber dem JVA-Personal gegeben.
Bedienstete von Häftligen mit Öl und Wasser begossen
K. machte dafür die Perspektivlosigkeit der Gefangenen verantwortlich. Die Häftlinge seien lediglich verwahrt worden, mit falschen Versprechen habe man sie hingehalten und ruhiggestellt. Dieser „Verwahrvollzug“ habe dazu geführt, dass die Gefangenen immer wieder gegenüber den Bediensteten aggressiv geworden seien. Bedienstete seien von Häftlingen mit heißem Öl oder Wasser übergossen worden. Kräftige Gefangene hätten sich in der Medikamenten-Ausgabe selbst bedient.
Unter den JVA-Beamten habe ein dauerhaft hoher Krankenstand geherrscht, es habe erhebliche Überstunden gegeben. Manche Bedienstete hätten sich in eine Alkoholabhängigkeit geflüchtet. Einer der Bediensteten habe in der JVA Selbstmord begangen.
Polizist gesteht Fluchthilfe
Der 40-Jährige selbst habe aus dem Justizdienst aussteigen wollen. Er räumte ein, den mitangeklagten Heckhoff mit Porno-DVDs, Playstation-Spielen und Handys versorgt zu haben. Dafür habe er 1000 Euro bekommen. Später habe er ihm und dem ebenfalls mitangeklagten Michalski bei der Flucht geholfen. Erst nach dem Ausbruch habe er erkannt, was er getan habe. Er sei zusammengebrochen und erst im Krankenhaus wieder zu sich gekommen.
Am vierten Verhandlungstag setzte zudem Ausbrecher Heckhoff seine Aussage fort. Er belastete den mitangeklagten JVA-Beamten schwer. Der 40-Jährige habe bei den Ausbruchsplanungen als „Teamleiter“ fungiert. Schon Wochen vor der Flucht habe K. eine Pistole besorgt und am Tag des Ausbruchs alles vorbereitet. K. habe alle nötigen Türen geöffnet und den beiden Ausbrechern im Bereich der Schleuse zwei scharfe Schusswaffen übergeben. Er habe dies nicht aus Nächstenliebe getan. Ziel sei es gewesen, dass er und Michalski in Freiheit Überfälle begingen und den JVA-Bediensteten an der Beute beteilitgen. Die Rede sei von einem Anteil in Höhe von 200 000 Euro gewesen, sagte Heckhoff.
Urteil wird für Mitte Juli erwartet
Heckhoff und Michalski waren Ende November 2009 aus der JVA Aachen getürmt. Auf ihrer Flucht hatten sie in Köln, Essen und Mülheim mehrere Geiseln genommen. Heckhoff war am vierten Tag der Flucht in Mülheim an der Ruhr gefasst worden, sein Komplize Michalski zwei Tage später auf einem Fahrrad in Schermbeck am Niederrhein. Im Prozess vor dem Aachener Landgericht wird den beiden Schwerverbrechern Menschenraub, Erpressung und Geiselnahme zur Last gelegt. Der mitangeklagte JVA-Bedienstete muss sich unter anderem wegen Gefangenenbefreiung und Bestechlichkeit verantworten. 17 Verhandlungstage sind angesetzt, das Urteil soll Mitte Juli verkündet werden. (ddp)