Aachen. .

Im Prozess um den Aachener Gefängnisausbruch hat am Donnerstag auch der angeklagte Schwerkriminelle Michael Heckhoff ein Geständnis abgelegt. Die Polizei hat derweil eine Ermittlungspanne eingeräumt.

„Die Anklage ist im Wesentlichen richtig“, sagte der 51-Jährige im Aachener Landgericht. Zuvor hatte bereits der mitangeklagte Peter Paul Michalski die Vorwürfe eingeräumt.

Heckhoff sagte, er habe mit mehreren Gefängnis-Bediensteten Geschäfte gemacht. Einer von ihnen soll nach seiner Flucht nachträglich aus seiner Zelle ein Notizbuch mit brisanten Inhalten entfernt haben. Darin sollen sich Aufzeichnungen über seine „Geschäfte“ hinter Gittern befunden haben.

Heckhoffs Komplize Peter Paul Michalski hatte bereits gestanden.
Heckhoffs Komplize Peter Paul Michalski hatte bereits gestanden. © APN

Polizei räumt verpatzte Festnahme ein

Die Polizei hatte zwar nach dem Ausbruch die Zelle von Heckhoff versiegelt, dieses Siegel war jedoch später aufgebrochen worden. Heckhoff geht davon aus, dass einer der JVA-Bediensteten das Siegel aufgebrochen hat, um das Notizbuch aus der Zelle zu entfernen. Die verschiedenen Verteidiger sprachen daraufhin von „haltlosen Zuständen“ in der JVA Aachen. Heckhoffs Aussage soll am Dienstag fortgesetzt werden.

Die Polizei hat derweil eine Ermittlungspanne eingeräumt. So hatte offenbar bereits bei der Festnahme von Michael Heckhoff in Mülheim an der Ruhr die Möglichkeit bestanden, auch seinen Komplizen Peter Paul Michalski zu fassen. Am dritten Prozesstag sagte ein Ermittler der Polizei Köln vor dem Aachener Landgericht, beide Verbrecher seien observiert und dann in der Nähe ihres Fluchtautos gesichtet worden. Obwohl ein erhebliches Polizeiaufgebot im Einsatz gewesen sei, sei Michalski „außer Kontrolle“ geraten.

Opfer ist noch immer arbeitsunfähig

Auf Nachfragen der Verteidigung, was damit genau gemeint sei, sagte der Ermittler am Donnerstag, der 46-Jährige sei schlichtweg weggelaufen. Er konnte erst zwei Tage später auf einem Fahrrad in Schermbeck am Niederrhein gefasst werden.

Der mutmaßliche Ausbruchshelfer der beiden Schwerkriminellen wurde am Donnerstag schwer belastet. Ein 57-jähriger Gefängnis-Bediensteter schilderte vor Gericht, wie er von den beiden Schwerverbrechern in der Sicherheitsschleuse der Haftanstalt mit Unterstützung seines eigenen mitangeklagten Kollegen überwältigt, gefesselt und geknebelt wurde. Er sei bis heute arbeitsunfähig, habe Schlafstörungen und befinde sich in therapeutischer Behandlung. Eine Entschuldigung des mutmaßlichen Fluchthelfers lehnte der 57-Jährige ab. Der mitangeklagte Vollzugsbeamte hatte am Dienstag ein Geständnis abgelegt.

Die Rechtsanwälte Andreas Chlosta und Rainer Diez verteidigen die beiden Schwerverbrecher vor dem Aachener Landgericht.
Die Rechtsanwälte Andreas Chlosta und Rainer Diez verteidigen die beiden Schwerverbrecher vor dem Aachener Landgericht. © ddp

Heckhoff entschuldigt sich bei Opfer

Die Arbeit in einer JVA basiere auf gegenseitigem Vertrauen unter den Kollegen, sagte der Zeuge, der seit 31 Jahren im Aachener Gefängnis seinen Dienst verrichtet. Dieses Vertrauen habe er seit dem Tattag Ende November vergangenen Jahres verloren. Man müsse sich auf Kollegen verlassen können, an diesem Tag aber sei er verlassen gewesen. Es sei für ihn auch heute noch unfassbar, wie ein Kollege so mit seinem Leben habe spielen können.

Der 40-jährige JVA-Beamte auf der Anklagebank entschuldigte sich daraufhin bei dem Zeugen. Auch Ausbrecher Heckhoff entschuldigte sich bei dem 57-Jährigen.

Urteil wird für Mitte Juli erwartet

Heckhoff und Michalski waren Ende November 2009 aus der JVA Aachen entkommen. Auf ihrer Flucht hatten sie in Köln, Essen und Mülheim mehrere Geiseln genommen. Heckhoff war am vierten Tag der Flucht in Mülheim an der Ruhr gefasst worden, sein Komplize Michalski zwei Tage später auf einem Fahrrad in Schermbeck am Niederrhein.

In dem Prozess wird den beiden Schwerverbrechern Menschenraub, Erpressung und Geiselnahme zur Last gelegt. Der mitangeklagte JVA-Bedienstete muss sich unter anderem wegen Gefangenenbefreiung und Bestechlichkeit verantworten. 17 Verhandlungstage sind angesetzt, das Urteil soll Mitte Juli verkündet werden. (ddp)