Hamburg/Essen.

. Phillip Propach aus Waldbröl lernt Koch. Bei Tim Mälzer. Der prominente TV-Koch, der mit der Hamburger „Bullerei“ auch ein eigenes Restaurant betreibt, ist mit verantwortlich dafür, dass sich wieder mehr Jugendliche für diesen Beruf interessieren.

Entenfleisch aus der Keule, dazu Rotkraut, Orangenscheiben, Salatherzen und eine Soße aus Sahne, Preiselbeeren und Rotwein, gewürzt mit einer Prise Zimt. Aber nicht als schnödes Tellergericht kommt die Ente daher, sondern als Burger – als „Phillips Entenburger“. Denn Phillip Propach (19) aus dem eher beschaulichen Waldbröl in NRW traut sich auch, seinem Chef mutige Kreationen aufzutischen. Der heißt übrigens Tim Mälzer und hat Phillip Propach einen Ausbildungsvertrag gegeben. „Bedingung dafür war, dass ich Tim Mälzer zeige, wie wir Waldorf-Schüler ticken“, blickt Propach zurück. „Und dass wir mehr darauf haben, als nur unseren Namen zu tanzen.“

Eine einzige Bewerbung hat er für die Zeit nach dem Schulabschluss geschrieben. Und landete damit in Hamburg gleich den Volltreffer. „Ich hatte gehört, dass Mälzer dort ein neues Restaurant eröffnet. Da habe ich es einfach mal probiert.“ Im Juli 2009 nämlich haben der Fernsehkoch und sein Kompagnon Patrick Rüther die „Bullerei“ eröffnet, ein Restaurant mit einer offenen Schnellküche nach amerikanischem Vorbild, nebenan.

Phillip Propachs Geschichte ist eine Ausnahme. Mindestens drei Bewerbungen pro Woche, so sagt Tim Mälzer (39), gingen bei ihm ein. Zurzeit beschäftigt er in der „Bullerei“ drei Auszubildende, künftig sollen es mehr sein. „Ich habe eben Bock darauf, auszubilden. „Ich selbst habe eine tolle Ausbildung genossen. Und ich möchte mein Handwerk weitergeben.“

Nach Auskunft des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes unterschreiben jährlich mehr als 16 000 junge Menschen einen Ausbildungsvertrag zum Koch, wobei nach einem Hoch im Jahr 2007 mit mehr als 18 000 neuen Lehrlingen die Zahlen weiter sinken. „Die rückläufigen Schülerzahlen machen sich bemerkbar und die immer schlechtere Qualität der Schulbildung“, berichtet Sprecherin Stefanie Heckel. Ein Dilemma für die Branche, denn die Koch- und Küchensendungen im Fernsehen machen nicht nur Lust aufs Ausgehen und selber Kochen, sondern fördern nach Ansicht von Fachleuten auch die Wertschätzung am Kochberuf.

Das Thema Ausbildung allerdings scheint längst nicht jedem Herdkünstler zu schmecken, der sein Handwerk auf der Mattscheibe präsentiert. Fragen dazu würden nicht beantwortet, weil das zu tief in „betriebswirtschaftliche Angelegenheiten“ blicken lasse, heißt es hier, während dort Interviewanfragen mit der Begründung abgelehnt werden, dass man den lieben Kollegen „nicht die Schau stehlen wolle“. Und von wieder anderer Stelle kommt die Auskunft, dass der Maître zwar nicht über seine Lehrlinge reden wolle, aber bei Fragen zu seinen neuen Gewürzmischungen zur Verfügung stehe.

Wer bei einem Fernsehkoch lernen möchte, sollte offenbar Vorsicht walten lassen. „Vor allem ist darauf zu achten, dass die Jugendlichen nicht als vollwertige Arbeitskräfte eingesetzt werden“, warnt Tim Mälzer. Er selbst beschäftige 25 Köche, die seinen Lehrlingen immer zur Seite stünden. Ausbildungsleiter in der „Bullerei“ ist Küchendirektor Tom Roßner. „Aber wenn Tim Mälzer da ist und in der Küche arbeitet, darf ich ihm nicht von der Seite weichen“, berichtet unterdessen Jung-Azubi Phillip Propach. Und das sei mindestens drei Mal in der Woche der Fall.

Axel Rühmann, Präsident des Verbandes der Köche Deutschlands rät dazu, gezielte Fragen zu stellen. „Man sollte sich erkundigen, ob es einen festen Ausbildungsplan gibt und wie das Zahlenverhältnis von ausgelernten Köchen zu den Anfängern ist.“ Eine gute Ausbildung habe zwar nichts mit den öffentlichen Auftritten des Chefs zu tun, doch stelle sich die Frage, ob der Koch trotz seiner Medienpräsenz die Zeit habe, die jungen Leute zu unterrichten.

Aus solchen Dingen macht Johann Lafer (52) keine Geheimnisse. „Offenheit ist mir sehr wichtig“, betont der Österreicher. „Ich möchte meine Lehrlinge so ausbilden und schulen, dass sie überall auf der Welt Erfolg haben können.“ Derzeit beschäftige er im Restaurant seiner Stromburg im Hunsrück einen Kochlehrling – mit realistischer Übernahmeperspektive.

Verschlossene Türen
bei der Gourmetküche

Dabei bleiben die Türen einer Gourmetküche den Berufsanfängern meist verschlossen. Nils Henkel (40), neuer Küchenchef auf Schloss Lerbach in Bergisch Gladbach erklärt, warum: „Die jungen Leute sind selten dem psychischen und physischen Druck gewachsen, ein Arbeitstag hier dauert schon mal vierzehn Stunden.“ Der Kölner Sterne-Koch Mario Kotaska (38) nickt: „Die Finessen kommen später hinzu.“

Dass der Blick zur Uhr tabu ist, weiß auch Mälzer-Azubi Phillip Propach nur allzu gut. Ihn reizt an seinem künftigen Beruf vor allem die Kreativität. „Aus gewöhnlichen Nahrungsmitteln können echte Kunstwerke entstehen.“ Als Dankeschön an Mälzer aber musste er dann wirklich seinen Namen tanzen. Vor laufenden Kameras. Für Mälzers Fernsehsendung.