Duisburg. .
Rhein und Ruhr sind an heißen Tagen beliebte Ausflugsziele. Und einige Heimat-Urlauber bleiben nicht nur am Wasser – sie springen auch rein. Doch beim Schwimmen in den Flüssen überschätzen sich viele.
Die Regenschirme haben sie aufgespannt, zu kräftig scheint die Sonne. Denn braun gebrannt sind sie schon, so viele schöne Tage, und jeden verbringen sie hier, die Ehepaare Hoffmann und Koehl, in ihrem Idyll am Duisburger Rhein. Die Liegewiese haben sie dort ganz für sich, die Damen könnten gar „oben ohne“ – sieht ja keiner, ist ja keiner da, nur ein paar weidende Pferde, hin und wieder ein Frachtkahn, natürlich der Fluss: 26 Grad warmes Nass. Da wird das Wasser zur Versuchung – wer will schon auf dem Trockenen sitzen? – und hin und wieder tauchen sie ab: „Aber nur bis zur Hüfte!“
Kein Risiko eingehen
Denn Mitte Juli erst sind zwei junge Männer im Rhein ertrunken, davon haben sie gehört, wollen kein Risiko eingehen, nicht schwimmen, nur ein bisschen planschen zwischen den Buhnen, dort, wo das Wasser seicht, die Gefahr scheinbar gering ist. Wolfgang Worm kennt sie, diese Sorglosigkeit, die Argumente: „Das mache ich schon seit hundert Jahren, da ist noch nie was passiert“ – das hört er oft, der Mann vom DLRG Landesverband Nordrhein. „Sie unterschätzen diesen Fluss, die Strömung, die Gefahren.“
Hündin Betty aber ist da völlig angstfrei, sieht nur den orange leuchtenden Ball, den Frauchen in die Fluten schmeißt – und stürzt sich hinterher. „Der Rhein ist ja so sauber, da tummeln sich sogar die Aale“, schwärmt Susanne Vahlefeld. „Ich schwimm’ doch lieber hier als im Freibad, wo jede Menge Pipi das Wasser verschmutzt.“ Dafür verkehren Schiffe, da tuckert schon wieder ein Koloss vorbei: „Betty!“ – Badepause für Hund und Halterin. „Ich passe schon auf!“, versichert die 47-Jährige.
Doch es herrscht Betrieb auf der Wasserstraße. Zu viel Betrieb, warnt Wolfgang Worm. „Niemand würde auf der A 3 joggen gehen – im Rhein zu schwimmen ist ebenso gefährlich. Auch wenn es mancherorts geduldet wird.“ Mit zehn Stundenkilometern ströme der Fluss dahin, da führen Schiffe mit langen Bremswegen, und selbst die kleinen Buchten: Das seien keine Nichtschwimmerbecken. „Zwar ist das Wasser flach, die Strömung verläuft gegenläufig“, erklärt Worms. „Doch wenn ein Schiff kommt, ändert sich der Pegel zwischen den Buhnen.“ Da werde Wasser aus den Buchten rausgesaugt, dann von den Wellen wieder reingedrückt: „Von der Strömung können Menschen mitgerissen werden, gerade Kinder oder leichte Personen.“
Darmbakterien im Wasser
Dagegen wirkt die Ruhr wie ein wahrer Ruhepol, fließt eher gemächlich, mehr Landstraße als Autobahn. Der Fluss sieht aus, als könne er kein Wässerchen trüben – glasklares Wasser, meint Heinz Herbst, der bis zur Hüfte abgetaucht ist: „Und trotzdem kann ich noch meine Füße sehen!“ Doch sind Darmbakterien für das menschliche Auge zwar unsichtbar, aber trotzdem eklig – und auch noch gesundheitsgefährdend: Durchfall und Magenbeschwerden drohen.
„In Deutschland ist es nicht üblich, die Kläranlagenabflüsse zu desinfizieren“, erklärt Britta Balt vom Ruhrverband. „Also können wir nicht ausschließen, dass Darmbakterien oder andere Keime das Wasser verunreinigen“ – gerade bei starken Regenfällen. „Dann kann die Kanalisation nicht alles aufnehmen, Abwasser fließt, mit Niederschlag vermischt, ungeklärt in den Fluss.“
Baden verboten!
Heinz Herbst findet das nicht weiter schlimm: „Ich kann mir auch an Land ‘ne Zecke einfangen. Die wollen einen doch nur bange machen“, meint der Mann aus Duissern, der den Schleusenbereich zu seinem Planschbecken erkoren hat. Diesen Badespaß lässt er sich auch von einer EG-Badegewässerrichtlinie nicht verderben, deren hygienische Vorgaben die Ruhr nun einmal nicht erfüllt: Baden verboten! Herbst planscht illegal, aber wohl ungestraft. Kontrolliert wird selten.
Auch die Ehepaare Hoffmann und Koehl baden jenseits der Legalität. Nur ein paar hundert Meter weiter erhebt sich majestätisch die „Brücke der Solidarität“, da darf man weder runter springen noch drunter schwimmen. Doch eigentlich baden die Heimat-Urlauber ja auch meist am Ufer, in der Sonne – denn das ist überall erlaubt.