Ruhrgebiet. .

Das schwere Unwetter hat die Bahnfahrer in NRW mit voller Wucht getroffen. Mehrere Stunden lang ging nichts mehr auf zahlreichen Strecken. Durch den Sturm gab es zudem einige Verletzte.

„Wegen Unwetterschäden ist der Zugverkehr in NRW auf unbestimmte Zeit eingestellt“ – immer wieder diese Durchsage im Essener Hauptbahnhof. Was für einige Verwirrung sorgt, denn inzwischen haben hunderte den ICE 859 nach Berlin-Ostbahnhof gestürmt. Kurze Zeit später rollt der silbrige Lindwurm tatsächlich. Bahn paradox, es geht doch etwas, Happy End für den, der nach Bochum und Dortmund muss. Erst einmal.

Aber nicht für alle. Richtung Westen ist fast alles blockiert. Nix geht in Richtung Mülheim, Duisburg, Düsseldorf. Der Bahnhof ist voller Gestrandeter. Lange Schlangen vor den Service Points, jeder im Bahn-Dress wird von Ratlosen umlagert. Zugbegleiter Bernd Ramot ist einer von ihnen. „Tut mir leid, ich weiß auch nicht mehr“, sagt er wohl zum hundertsten Mal.

Menschen, überall Menschen. Viele mit Handys in den schweißnassen Händen. Abholungen oder Mitfahrgelegenheiten werden organisiert, Familien oder Partner vertröstet: „Weiß nicht, wann ich hier wegkomme. Wartet nicht.“ Erstaunlich, wie gelassen, fast schon apathisch fast alle reagieren. Liegt wohl an der Hitze. Oder daran, dass Berufspendler in diesen Tagen nichts mehr schrecken kann.

Abgeckte Dächer

Kurz vor zwölf Uhr hatte sich der Sturm zusammengebraut. Erst ein heißer Wind, wie aus dem Fön. Dann der Sturm, vielerorts stärker als während des England-Spiels. Der Orkan kippt Bäume um, die nicht selten auf Oberleituungen und Gleise fallen. Dächer werden abgedeckt, die Feuerwehr im Dauereinsatz. Fast möchte man sagen: Die übliche Sturmroutine.

Im Dortmunder Westfalenpark tummeln sich etliche Schulklassen, als es losgeht. Eilig holen Lehrerinnen und Lehrer ihre Schützlinge zusammen, hasten mit ihnen in Busse und U-Bahn, auf dass niemand von den umherfliegenden Ästen getroffen wird.

In Oberhausen erwischt es den kleinen „Circus Europa. Ein Baum fällt auf das Zeltdach, die Kinder des Direktors können gerade noch in Sicherheit gebracht werden. Über den Ställen kommt eine Plane herunter. Ponys, Lamas und Maultieren passiert aber nichts.

Markttag auf dem August-Bebel-Platz in Duisburg-Marxloh. Da kommt eine Art Sandsturm auf, Sonnenschirme und die Planen der Marktstände werden von einer unsichtbaren Hand gen Himmel gezogen. Die Händler hängen sich daran, als Kontergewicht. Mitten am Tag wird es Nacht. Dann prasselt der Regen.

Herabstürzende Seitenmauer

Anders als beim letzten Sturm gibt es Verletzte. In einem Neubaugebiet in Herne wird ein 45-jähriger Bauarbeiter fast erschlagen, als er im zweiten Obergeschoss von einer herabstürzenden Seitenmauer getroffen wird. Die Feuerwehr rettet ihn über die Drehleiter, ein Hubschrauber fliegt ihn in eine Bochumer Spezialklinik.

Glück im Unglück für Sturmopfer in Gelsenkirchen. Mitten in Buer kippt ein Baum auf vier Autos. Im Stadtteil Horst kracht ein Baum auf einen parkenden und einen fahrenden Wagen. „Vor einem Jahr war er noch für gut befunden worden“, sagt Anlieger Klaus Hillebrand. Insgesamt zählte die Feuerwehr dort 75 Einsätze.

Auch in den anderen Städten des Ruhrgebiets und am Niederrhein waren die Retter im Dauerstress. Besonders betroffen: Moers-Scherpenberg, wo Windböen das Dach eines Baumarktes abrissen. Fünf Menschen werden verletzt, drei müssen ins Krankenhaus. 15 Autos werden beschädigt. Wenig später ist der Spuk vorbei, die Sonne kommt zurück. Und die Hitze.