Ruhrgebiet.

Die Wasserpest in den Seen der Ruhr schreitet voran und breitet sich immer weiter gen Rhein aus. Wassersportler befürchten starke Beeinträchtigungen, vor allem bei Wettfahrten.

Für Naturfreunde ist sie ein positives Zeichen immer klarer werdender Gewässer, für Wassersportler einfach nur: die Pest. Was in diesem Falle der Hölle gleichkommt. Der Segler oder Kanute muss sich durch ein Dickicht von Unterwasserpflanzen quälen. Die Elodea ist in den Stauseen der Ruhr weiter auf dem Vormarsch, eine einzigartig hohe Konzentration – deutschlandweit gesehen – wird den Clubs auch in diesem Sommer die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Der Ruhrverband bereitet erste Maßnahmen vor und hat weitere „Killerfische“ gegen die Wasserpest bestellt: Tausende von Rotfedern sollen dem „grünen Gespenst“ den Garaus machen.

Wahrsagerische Fähigkeiten hatte der Dichter Hermann Löns, schon 1910 schreibt er über die Kanadische Wasserpest: „Es erhub sich überall ein schreckliches Heulen und Zähneklappern, denn der Tag schien nicht mehr fern, da alle Binnengewässer Europas bis zum Rande mit dem Kraute gefüllt waren, so dass kein Schiff mehr fahren, kein Mensch mehr baden, keine Ente mehr gründeln und kein Fisch mehr schwimmen konnte.“

Nun ja, Löns hat ein wenig übertrieben. Denn erstens haben eigentlich nur die Seen der Ruhr die Wasserpest magisch angezogen, weil sie nur langsam fließen und sandigen Untergrund besitzen, der ideale Nährboden sozusagen. Und zweitens können Fische gründeln und im besten Fall sogar die Elodea auffressen, wie es die in den vergangenen Jahren ausgesetzten Rotfedern in den Ruhrseen bereits tun und mit aufgestockten Beständen 2010 verstärkt besorgen werden. Drittens: Baden geht sowieso nicht, weil verboten.

Aquarianer lieben die Wasserpest, Segler fürchten sie, weil sie sich um die Kiele und Schwerter schmiegt und jede Regatta zum Schneckenrennen degradiert. „Vor zehn Jahren haben wir die Elodea zum ersten Mal in dichteren Beständen im Harkort-See entdeckt, ein Jahr später schon in Hengstey- und Kemnader See“, erinnert sich Petra Podraza, Chefbiologin des Ruhrverbandes und Leiterin der Projektes „Stoppt Elodea“.

2004 fand die Wissenschaftlerin die ersten Bestände im Baldeneysee, ganz wenige nur. „Die kannte ich fast persönlich“. Inzwischen ist sommertags im Baldeneysee kein Durchkommen mehr, wenn nicht gerade das WasserpestMähboot im Einsatz war. Und es geht weiter (Ruhr-)abwärts. Die Elodea hat bereits Mülheim erreicht und bewegt sich auf Duisburg zu. Nichts Dramatisches sei das, wie Petra Podraza betont. Auf Dauer würden – hoffentlich – kleine Wasserpflanzen die riesigen ergänzen und schließlich verdrängen. Die sich ausbreitende Population der Rotfedern trage ihr Scherflein dazu dabei, die Wasserpest in Schach zu halten.

Den rund 10 000 Wassersportlern rund um den Baldeneysee hilft diese mittelfristige Prognose wenig bei der Saisonplanung. Über die Empfehlung des Ruhrverbandes, die Wettfahrten doch im Frühjahr auszutragen, bevor die Pest ins Kraut schießt, kann der Chef der Wettfahrgemeinschaft der Segler noch nicht mal lächeln.

Hans-Walter Fink plant die traditionsreiche „Essener Segelwoche“ im September, eine der größten Binnenregatten Europas, erstmals als Gemeinschafts-Feier mit der Weißen Flotte: „So einen Event verlegt man nicht einfach.“ Nein, das Mähboot wird anrücken müssen, um den Heisinger Segelvereinen eine Fahrrinne in den tiefen Teil des Sees zu schneiden. Und die Segler werden wie im Vorjahr selbst Hand anlegen: Tonnenweise holten sie das grüne Kraut aus dem See. Helmut Weinand, Chef der Segelkameradschaft Hügel, befürchtet: „Das wird noch schlimmer.“

Auf Jahre hinaus wird es wohl so bleiben, dass Natur und Freizeitinteressen sich beißen wie die gemeine Rotfeder die noch gemeinere Wasserpest.