Köln.

In einem Kölner Auktionshaus kam jetzt ein ungewöhnliches Objekt unter den Hammer: ein Bordell in der Essener Stahlstraße. Für 296.000 Euro ging das Haus an einen holländischen Käufer. Ein gutes Geschäft: Die Prostituierten zahlen 100 Euro Zimmermiete pro Tag.

Ein gutes Geschäft ist, wenn man 296 000 Euro investiert und das erworbene Unternehmen jährlich mindestens 170 000 Euro abzuwerfen verspricht. David, so kann man annehmen, hat an diesem Wochenende solch ein Geschäft abgeschlossen. Der 45-jährige, ein gebürtiger Amsterdamer, der im Münsterland lebt, ersteigerte auf einer Auktion in Köln ein Haus in der Essener Stahlstraße, ein Bordell. Bei laufendem Betrieb, mit zahlreichen „Dames van de lichte Zeden“ als Mieterinnen.

Die Damen, frei übersetzt als Damen mit Hang zu leichten Sitten und Gebräuchen zu bezeichnen, ahnten am Samstagnachmittag wohl nicht, dass da gerade einer für sie die Hand hob. Kurz vor 17 Uhr gibt David, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte, im Konferenzsaal des Hilton Cologne dem Auktionator ein Zeichen. Kurz, aber bestimmt ruft er „296 000 Euro“ in den Raum. Und der, ein älterer, seitengescheitelter Herr namens Hans Peter Plettner, lächelt ihn an. Eigentlich habe er ja vorgesehen, dass in 5000er Schritten geboten werden müsse, aber „weil wir uns so gut kennen...!“ 296 000 zum ersten..., zum zweiten, zum dritten!“

„Ganz besondere Atmosphäre, fast romantisch“

David, der 45-Jährige, besitzt nun ein Bordell. Für die Mitarbeiter der Westdeutschen Grundstücksauktionen AG ist er längst ein alter Bekannter. Seit 2005 macht er in Immobilien. Kauft, investiert, verkauft. Ein junger Typ, der unprätentiös daherkommt. Jeans, kurzärmeliges Sommerhemd, Stoppelhaare. „Ich bin nicht reich. Aber vielleicht werde ich es mal“, sagt er.

Vor ein paar Tagen, kurz vor Sonnenuntergang, reiste er nach Essen, um sich die Stahlstraße anzusehen. „Es herrscht eine ganz besondere Atmosphäre dort, fast romantisch. Man betritt die Straße und fühlt sich in einer anderen Welt, wie in einer Hollywood-Kulisse“, erzählt er. Was etwas schwärmerisch klingt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Mann einer ist, der das Geldmachen liebt. „Er ist ein sehr guter Kunde“, sagt Auktionator Florian Horbach, „sehr penibel und akkurat“. 28 Objekte in ganz Deutschland stehen an diesem Tag auf der Auktionsliste. Ein altes Diakonissenwohnheim in Bad Ems befindet sich darunter, ein früheres Soldatenheim in Hessisch Lichtenau, eine Teichanlage im Oberbergischen und eine Streuguthalle in Versmold. Letztere, für die ein Mindestgebot von 2000 Euro angesetzt worden ist, bringt es schließlich auf sage und schreibe 22 500 Euro. So lange haben sich der Mann im Saal und ein unbekannter Bieter am Telefon übertrumpft.

Am Ende geht der Mann aus dem Saal, ein etwas rustikal wirkender Hüne. Die Westdeutsche Grundstücksauktionen AG ist dafür bekannt, dass bei ihr auch exotische Objekte unter den Hammer kommen. Kürzlich ein alter Atombunker, und jetzt eben das Essener Bordell. Auch auf David wartet längst der Notar. Der Vertrag will unterschrieben sein, zehn Prozent des Gebotes muss der Holländer auf den Tisch legen. Und dann gehört es fast ihm, das zweigeschossige Haus Stahlstraße 60.

Französische Betten

Zimmer mit Etagenbädern und Toiletten, fünf Garagen, sechs Stellplätze. Die Zimmer zur Straßenseite sind mit neun begehbaren sogenannten Koberplätzen ausgebaut worden, leicht postmodern anmutend und mit pinkfarben umrahmten Fenstern. Hier präsentieren sich die Dames van de lichte Zeden ihren Freiern. Die Zimmer sind allesamt mit französischen Betten ausgestattet, das „Domina-Studio“ im Keller ist nur teileingerichtet, was immer das bedeuten mag.

100 Euro pro Tag zahlen die Frauen als Miete für die Zimmer, und 286 Betriebstage legt der frühere Besitzer bei seinen Umsatzberechnungen zugrunde. Weil er schon etwas älter ist und länger krank war, will er das Bordell nicht mehr betreiben. Was David, der neue Besitzer, damit nun machen will, weiß er noch nicht so genau. Seine Mutter indes hatte ihm von dem Kauf abgeraten, wegen des schlechten Images der Prostitution. „David, mach das nicht!“, hatte sie gesagt. David machte trotzdem. Ohne jede Emotion, „ganz cool wie beim Pokern“. Ob das Geschäft wirklich ein gutes sei, sagt er, zeige sich in einem halben Jahr.