Duisburg. .

Das berühmte „Rote Sofa“ des Düsseldorfer Fotografen Horst Wackerbarth stand im Frühjahr auch in den Tiergehegen im Duisburger Zoo. Gestern wurden die dort entstandenen Bilder präsentiert.

Der Herr im Haus ist brummig. Ein Bild von einem Mannsbild: gepflegte Mähne, schlanke Taille, gewaltige Pranken und Augen mit Fesselqualitäten, irgendwo zwischen Steppenbraun und Grasgrün. Aus jeder Pore dampft ihm Kraft und gelassener Stolz. Wer immer ihm den Namen „Piefke“ verpasst hat, war nur neidisch.

Heute jedenfalls hat Piefke, der Cheflöwe im Duisburger Zoo, den örtlichen Kulturdezernenten zu Gast. Und hört Worte wie „Kulturhauptstadt“ (Piefke knurrt), „Duisburg“ (Piefke schlabbert schlürfend sein Wasser) und „Migration“ (Piefkes Magen knurrt laut und vernehmlich – der Herr hat heute seinen wöchentlichen Fastentag).

Piefke wird sich erinnern. Es geht um jenen Tag im Frühjahr, als er, wie jeden Morgen schläfrig aus dem Haus nach draußen trottete – und da stand ein rotes Sofa im grünen Gras. Seine Nummer „1“, das Alpha-Weibchen, hatte schon angebissen und machte sich drüber her. Da kannten dann auch Piefke, „2“ und „3“ kein Halten mehr. Gemeinsam zerfetzten sie stundenlang den roten Faden einer Bilder-Serie, mit der der Düsseldorfer Fotograf Horst Wackerbarth bekannt wie ein bunter Hund wurde. Im Gehege sah’s hinterher aus wie bei Hempels unterm Sofa.

Mit dieser Aktion gehören Piefke und seine drei Weibchen jetzt zu den über 400 Personen, die mittlerweile auf der vielgereisten „Roten Couch“ von Wackerbarth Platz genommen haben. Für seine Bilderserie „Here & There“, die Wackerbarth im Auftrag der Stadt Duisburg für die Kulturhauptstadt rund um das Thema Ein- und Auswanderung fotografiert, stellte er das Kultmöbel auch im Duisburger Zoo auf: „Wir wollten einfach sehen, was passiert. Aber damit war nicht zu rechnen!“

Die äußerst seltenen Breitmaulnashörner zum Beispiel, die auf einen Einkauf des Kaufhaus-Magnaten Helmut Horten zurückgehen, drehten voller Respekt ihre Runden um die Couch, bevor sie ins Löwengehege kam. So ein Nashorn macht sich eben ungern zum Freiwild für Tierpsychiater.

Und vom Wombat „Rolf“, der gemeinsam mit der in Duisburg aufgewachsenen Kulturhaupstadt-Direktorin Asli Sevindim auf dem Sofa Platz nahm, wurden auch keine Schweinereien bekannt. „Zwei merkwürdige Mi­granten sind da zusammengekommen“, kommentiert die türkisch-stämmige Asli Sevindim trocken; der Beutelsäuger Rolf, dessen Wurzeln nach Australien reichen, kam im Zoo von Hannover zur Welt – und Sevindim ist in Duisburg geboren: „Ich bin nie migriert . . .“ Aber bei der Kulturhauptstadt gehe es ja nicht nur um Kunst, sondern um Kultur: „Das ist ein bisschen mehr, da geht es auch darum, zu zeigen, wie wir leben.“

Flüchtlingsdramen
und eine Reparatur

So augenzwinkernd Wackerbarth sein Leitmotiv im Duisburger Zoo umgesetzt hat („Hier sind ja alle Migranten, irgendwie“), so ernst nimmt er die Probleme der Flüchtlinge: „Es ist ungeheuerlich, wenn Familien ausgewiesen werden deren Kinder hier sehr gut integriert sind und die womöglich nicht einmal die Sprache des Landes sprechen, in das sie ausgewiesen werden. Oder wenn es darum geht, dass über 1000 Folteropfer aus dem Iran aufgenommen werden sollen – und Deutschland erklärt sich bereit, gerade mal zehn oder zwanzig einreisen zu lassen!“

Den Rahmen des Sofas, das die Löwen zerfetzten, ließen sie übrigens unversehrt. Und so konnte der Duisburger Kulturdezernent Karl Janssen als Auftraggeber der Aktion am Montag versichern, dass das Möbel inzwischen wieder restauriert ist.

Und Piefke gähnt herzlich.