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Die Warnstreikwelle im öffentlichen Dienst ist angelaufen. Heute werden der Nahverkehr, Kitas, Müllabfuhr und Behörden ganztätig bestreikt. Das Ruhrgebiet wird Schwerpunkt der ganztägigen Aktionen sein. Hier ein Überblick.

Am heutigen Donnerstag holt Verdi in NRW die Warnstreikkeule im öffentlichen Dienst heraus. Schwerpunkt der befristeten Streiks wird das Ruhrgebiet und dort vor allem der öffentliche Nahverkehr sein, wie Verdi-Sprecher Günter Isemeyer ankündigte. „Im ÖPNV dürfte dann nicht mehr viel gehen“, sagte er. Auch Kindertageseinrichtungen, städtische Entsorgungsunternehmen, Stadtwerke und Behörden werden von den zum Teil ganztägigen Arbeitsniederlegungen betroffen sein. „Wir rechnen mit vielen tausend Teilnehmern“, so Isemeyer gegenüber DerWesten. Unter anderem in den Städten Dortmund, Duisburg, Essen, Oberhausen und Mülheim hat Verdi am Donnerstag zudem Kundgebungen der Beschäftigten organisiert.

1000 Beschäftigte an Krankenhäusern im Ausstand

Warnstreik vor dem Klinikum Wedau in Duisburg.
Warnstreik vor dem Klinikum Wedau in Duisburg. © WAZ FotoPool

Bereits am Mittwoch begannen die Warnstreiks in den Krankenhäusern. In 28 städtischen Einrichtungen in NRW hatte die Gewerkschaft über 1000 Beschäftigte zu Warnstreiks aufgerufen. Den Angaben zufolge kam es an den Krankenhäusern zu mehrstündigen Protestaktionen. Betroffen sind unter anderem das Knappschaftskrankenhaus Bottrop, das Krankenhaus Bergmannsheil Gelsenkirchen, die Ruhrlandklinik Essen, das LVR Klinikum Essen und das Krankenhaus in Niederberg (Velbert).

Kritik am geplanten flächendeckenden Warnstreik kam vom NRW-Städte- und Gemeindetag: „Unter solchen Aktionen haben vor allem die Bürgerinnen und Bürger zu leiden, die sich dann nicht auf die gewohnten Dienstleistungen verlassen können. Wir appellieren an die Gewerkschaften, eine Lösung am Verhandlungstisch zu suchen“, erklärte Geschäftsführer Stephan Articus.

Isemeyer dagegen verteidigte den Streik: „Es handelt sich nur um einen Tag. Außerdem haben wir frühzeitig informiert“. Auch die Kritik von Elternvertretern an den Kita-Aktionen wies Isemeyer zurück. Nach seiner Aussage werden die Kindereinrichtungen kein Schwerpunkt des Warnstreiks sein. Zudem seien Notgruppen organisiert worden. Der Winterdienst soll ebenfalls, falls notwendig, fahren.

In anderen Bundesländern gab es am Mittwoch bereits einen Vorgeschmack, was NRW am morgigen Donnerstag erwartet: In Bayern und Baden-Württemberg waren ebenfalls Kindertagesstätten, der öffentliche Nahverkehr und Bundesbehörden sowie Teile der Bundesagentur für Arbeit in die Arbeitsniederlegungen einbezogen. Tausende Beschäftigte traten in den Ausstand.

Verdi will mit Lohnerhöhung Kaufkraft stärken

Der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske verteidigte hingegen die Forderungen seiner Gewerkschaft. Gerade in der Wirtschaftskrise müsse «gegengesteuert» werden, sagte er. Lohnerhöhungen seien wichtig für die private Nachfrage. Dem öffentlichen Dienst komme hier eine besonders wichtige Rolle zu.

Der Chef  der Dienstleistungs- gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske.
Der Chef der Dienstleistungs- gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske. © ddp

Mit den Arbeitsniederlegungen will die Gewerkschaft den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Sie verlangt eine Lohnerhöhung von fünf Prozent. Die Arbeitgeber haben bislang jedoch noch kein Angebot vorgelegt. Der Gelsenkirchener Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD), sagte im Deutschlandradio Kultur, viele der verschuldeten Kommunen glichen «saftleeren Zitronen» ohne jeden finanziellen Spielraum. Für die Städte entpuppe sich das Wachstumsbeschleunigungsgesetz als «Schuldenbeschleunigungsgesetz». Die aktuelle Lohnforderung im öffentlichen Dienst sei nicht zu verkraften. Das Einzige, was man den Mitarbeitern derzeit anbieten könne, sei, «auf den Arbeitsplatzabbau zu verzichten».

Wo am Donnerstag das öffentliche Leben ruht

DerWesten gibt derweil einen Überblick, wo man am Donnerstag mit Einschränkungen rechnen muss:

Essen: In Essen werden die Mitarbeiter der Evag von Donnerstagmorgen, 3 Uhr, bis gegen 3 Uhr am Freitagmorgen die Arbeit niederlegen. Alle Busse und Bahnen bleiben im Depot. Auch in städtischen Kindertagesstätten, bei den Stadtwerken und in städtischen Behörden wird es ganztägig zu Warnstreiks kommen. Lediglich der Winterdienst bleibt davon ausgenommen, sagte Verdi. Auch die Mitarbeiter der Gesellschaft für soziale Dienstleistungen GSD und die Sparkassen sind aufgerufen, sich an den Aktionen zu beteiligen.

Dortmund: Ein ähnliches Bild gibt es in Dortmund. Auch dort fahren am Donnerstag ganztägig die Busse und Bahnen der DSW21 nicht. In den 110 städtischen Kitas und in der Stadtverwaltung soll die Arbeit ebenfalls ganztägig ruhen. Gleiches trifft für die städtischen Tochtergesellschaften EDG, DEW und die Sparkasse zu. Zudem gibt es am Donnerstag, 11.30 bis 13.00 eine Kundgebung auf dem Friedensplatz. Unter anderem wird dort Verdi-Chef Bsirske sprechen.

Bochum/Gelsenkirchen: Auch die Bogestra rechnet am Donnerstag mit erheblichen Störungen auf allen Strecken im Bus- und Bahnverkehr. Die Kunden-Center bleiben geschlossen.

Außer bei der Bogestra sind Mitarbeiter des Umweltservice Bochum (USB), der Sparkasse, der Stadtverwaltung, der Knappschaft Bahn See, der Agentur für Arbeit und der Stadtwerke aufgerufen, sich an dem Warnstreik zu beteiligen. Betroffen ist auch das Akademische Förderungswerk, dessen Großküche außer die Hochschulen auch zwölf Schulen in Bochum und Nachbarstädten mit warmen Essen versorgt. „Dadurch können sich unter Umständen Einschränkungen im Angebot oder den Öffnungszeiten ergeben ”, teilt das AkaFö mit.

Der USB teilte mit, dass er damit rechne, dass die Bereiche Müllabfuhr, Straßenreinigung, die Wertstoffhöfe und das Eko-City-Center betroffen sein werden. Der Winterdienst soll jedoch bei Bedarf weiter arbeiten. Bei den Stadtwerken wird bei einem Streik der Kundendienst betroffen sein. Das Unternehmen versichert jedoch, dass der Entstörungsdienst in jedem Fall arbeiten werde.

Herten: Auf den Linien der Vestischen wird es am Donnerstag ebenfalls rund um die Uhr zu Ausfällen kommen. Das Unternehmen erwartet, dass die Busse und Bahnen von Betriebsbeginn bis Betriebsende für 24 Stunden stillstehen werden.

Duisburg: Im Verdi Bezirk Duisburg-Niederrhein sind 700 Beschäftigte der Duisburger Verkehrsgesellschaft DVG und deren Tochter VSD aufgerufen, sich am Warnstreik zu beteiligen. Den ganzen Tag werden keine Busse und Bahnen, auch keine Schulbusse fahren. Die Wirtschaftsbetriebe beteiligen sich ebenfalls am Ausstand, zu dem die Gewerkschaft Verdi aufgerufen hat. Um 9 Uhr werden zwei Demonstrationszüge durch die Stadt ziehen, die sich um 10 Uhr zu einer zentralen Kundgebung am Burgplatz treffen.

Mülheim: In Mülheim sollen laut Verdi rund 3500 Mitarbeiter der Stadtverwaltung, der MEG, des Energieversorgers Medl, der Kindertagesstätten die Arbeit ruhen lassen. Für den Fall, dass es zu starken Schneefällen kommt, wird jedoch der MEG-Räumdienst ausrücken, hieß es. Auch bei den Mülheimer Verkehrsbetrieben dreht sich am Donnerstag kein Rad.

Dinslaken/Moers: Die Niederrheinische Verkehrsbetriebe Aktiengesellschaft Niag richtet sich ebenfalls auf Behinderungen im Busverkehr ein. Niag-Niederlassungsleiter Andreas Meuskens geht davon aus, dass „Fahrgäste im Raum Moers die Auswirkungen deutlich spüren“. Das genaue Ausmaß des Streiks lasse sich für das Unternehmen nicht sicher voraussagen. Man werde aber alle Kräfte mobilisieren, um gewährleisten zu können, dass Schüler und Berufspendler morgens pünktlich zur Schule und zur Arbeit kommen. Hierzu werden verstärkt Mitarbeiter der Niag-Tochterunternehmen und Vertragsunternehmer sowie Verwaltungskräfte mit Busführerschein eingesetzt. „Doch komplett ersetzen können wir die streikenden Busfahrer nicht, daher wird es im weiteren Tagesverlauf besonders in Duisburg, Moers, Kamp-Lintfort und Neukirchen-Vluyn zu Verspätungen und Ausfällen einzelner Fahrten kommen“, kündigt Meuskens an.

Herne: Bei der Straßenbahn Herne- Castrop-Rauxel GmbH bleiben die Fahrzeuge am Donnerstag im Depot. Vom Warnstreik am Donnerstag ist auch die Entsorgung Herne betroffen: Das Unternehmen leert keine Tonnen, reinigt keine Straßen, schließt den Recyclinghof sowie die Büros der Verwaltung.

Oberhausen: In Oberhausen werden vermutlich alle städtischen Kitas geschlossen bleiben, die Busse der Stoag bleiben ebenso im Fuhrpark wie die Müllfahrzeuge der WBO. Aufgerufen sind in Oberhausen alle gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter der Stadt einschließlich Kindertagesstätten und Theater, Beschäftigungsförderungsgesellschaft, Stadtwerke, Wirtschaftsbetriebe, Stadtsparkasse, rheinisches Industriemuseum, Agentur für Arbeit, Arge, Gemeinschaftsmüllverbrennungsanlage und Oberhausener Gebäudemanagement Gesellschaft. Das Theater Oberhausen sagte bereits alle Vorstellungen für Donnerstag ab.

Düsseldorf: Bei der Rheinbahn können ganztägig alle Bahnlinien und viele Buslinien nicht bedient werden, teilte das Unternehmen mit. Betroffen ist das gesamte Netz der Rheinbahn, also die Stadt Düsseldorf, der Kreis Mettmann, die Stadt Meerbusch und die Verbindungen nach Duisburg, Krefeld, Neuss und Ratingen.

Hattingen: Im Fokus der Gewerkschaft liegen die Stadtverwaltung und der öffentliche Nahverkehr von Bogestra und VER. Kindergärten und Schulen ständen dafür nicht in der ersten Reihe. „Man wird den Streik vor allem daran merken, dass keine Busse und Straßenbahnen fahren”, so die Gewerkschaft. Lediglich die S3 zwischen Hattingen und Oberhausen verkehrt.

Witten: Auswirkungen wird es beim Nahverkehr (Bogestra) und bei den Stadtwerken geben. Auch die städtischen Mitarbeiter sind zum Warnstreik aufgerufen.

Hagen: Zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen wurden für Donnerstag die Beschäftigten der Hagener Straßenbahn, der Straßenreinigung des Hagener Entsorgungsbetriebes mit Winterdienst sowie Beschäftigte der Stadt, in erster Linie Schulhausmeister und Reinigungskräfte. Stundenweise sollen zudem Beschäftigte der Sparkasse und des Landesbetriebs Straße die Arbeit niederlegen. Nicht zum Warnstreik aufgerufen wurden die Mitarbeiter der Müllabfuhr. (we/ap)