Gelsenkirchen. .
Eine Schule für alle, kein Sitzenbleiben mehr: Die Piraten-Partei setzt im NRW-Wahlkampf vor allem auf Bildungspolitik. Mit der neu gewählten Landesvorsitzenden Birgit Rydlewski und Spitzenkandidat Nico Kern wollen die Piraten auf Anhieb die Fünf-Prozent-Marke knacken.
Gesucht werden Wahlkampfhelfer: ein Cartoonist, ein Trickfilmer und ein Social-Network-Betreuer. Die Stellenausschreibungen, die an der Pinnwand auf dem Parteitag der Piraten-Partei hängen, muten skurril an für eine politische Partei. Doch bei den Piraten ist ohnehin einiges anders: Ihr Wahlprogramm entwarfen sie im Wesentlichen auf einer für jedermann zugänglichen Mitmach-Seite im Internet. Und gleich bei ihrer ersten Landtagswahl in NRW wollen sie die Fünf-Prozent-Hürde nehmen. „Wir sind der sympathische Außenseiter, der seine Chance nutzen will“, unterstreicht Spitzenkandidat Nico Kern die selbstbewussten Ambitionen seiner Partei. Eine Koalitionsaussage macht er nicht.
Im verbalen Austeilen gegen die politischen Gegner sind die Piraten definitiv landtagsreif: „Der staatlichen Überwachung kann man am besten in einem NRW-Gefängnis entgehen“, wettert Kern pointiert gegen Justizministerin Müller-Piepenkötter. Doch wie wollen die Piraten, die bei der Bundestagswahl 1,7 Prozent der Wähler in NRW überzeugen konnten, ihren Stimmenanteil mehr als verdoppeln? „Wir haben Ihn, jetzt wollen wir Sie“, ruft Tobias Haustein, Sprecher der Projektgruppe Landtagswahlkampf, den 250 Mitgliedern in der Gesamtschule Berger Feld zu. Mit einer emotionaleren, weniger technokratischen Ansprache wollen sie vor allem Frauen unter 45 Jahren für sich gewinnen. Zu dieser Strategie passt, dass mit Birgit Rydlewski eine Frau zur neuen Landesvorsitzenden gewählt wird.
Deutlich breiteres Wahlprogramm
Auch im Wahlprogramm stellen sich die Piraten deutlich breiter auf als in Vergangenheit. Neben den klassisch „piratigen“ Themenfeldern wie Datenschutz und stärkerer Bürgerbeteiligung in der Politik besetzen sie nun vor allem die Sparte Bildungspolitik. „Mit unserer Forderung nach einem eingliedrigen Schulsystem fassen wir bewusst ein heißes Eisen an“, so Rydlewski. Eine derartig radikale Veränderung der Schullandschaft koste viel Geld. „Aber die Länder, die in den Pisa-Studien besonders gut abschneiden, haben nicht die Unterteilung wie in Deutschland.“ Ziel der Piraten sei es, mehr Schüler zur Hochschulreife zu führen.
„Ergänzend dazu fordern wir eine fließende Schullaufbahn“, erklärt Rydlewski. Diese soll Schülern die Wahlmöglichkeit zwischen Kursen mit verschiedenen Lerngeschwindigkeiten bieten: Sitzenbleiben wird überflüssig.
Etwas Sorge bereitet den Piraten noch die recht klamme Wahlkampfkasse: eine kleinere fünfstellige Summe.