Essen/Recklinghausen. .
Seit Jahresbeginn geht es den Legehennen in Deutschland besser. Käfige sind nun verboten und größeren Volieren gewichen. Tatsächlich profitieren auch viele mittelständische Landwirte von der Neuregelung. Problematisch ist nur: Im Rest Europas herrscht noch qualvolle Enge.
Wenn Hühner wirklich lachen könnten, dann würden sie es wahrscheinlich tun auf dem Hof von Heinz Feugmann in Recklinghausen. Obwohl sie durch die Mauser gerade ein bisschen gerupft wirken, machen sie einen glücklichen Eindruck auf ihren Stangen. Wer die Bilder von der Käfighaltung im Hühnerknast kennt, freut sich über solche Anblicke und über die Änderung der Haltungsverordnung für Legehennen in Deutschland. Denn Käfighaltung im klassischen Stil ist seit dem 1. Januar verboten. Die Landwirtschaft sieht das allerdings mit gemischten Gefühlen.
Deutschland macht den Vorreiter
Deutschland hat vorgelegt, die restlichen Länder der EU wollen bis spätestens 2012 nachziehen. Die engen Käfige, wo Hennen ohne Bewegungsmöglichkeiten eingesperrt waren, sind nicht mehr erlaubt. Mindestanforderung ist neuerdings die Kleingruppenhaltung in Volieren. Auch nicht die große Freiheit für Hennen, aber man gönnt ihnen etwas mehr Platz und eine artgerechtere Haltung als vorher.
Glaubt man der Landwirtschaftskammer Münster, zuständig für ganz NRW, halten sich die Landwirte an die neuen Regeln. Viele haben rechtzeitig umgestellt auf Kleingruppen-, Boden- oder Freilandhaltung – einige schon lange vorher, wie der Recklinghäuser Ortslandwirt Heinz Feugmann. Sein Problem: „Deutschland hätte nicht den Vorreiter spielen, sondern die Verordnung erst 2012 durchsetzen sollen”, kritisiert der Direktvermarkter. Denn: „Jetzt geht ein Teil der Eier-Produktion ins Ausland, und ob beispielsweise auch die Spanier 2012 nachziehen, wage ich zu bezweifeln.”
Der Druck auf die Eier-Preise ist groß, wird vor allem von der Lebensmittelindustrie angefacht. „Da haben die Riesen das Sagen”, kritisiert Feugmann. Aldi und Lidl z.B. arbeiteten nur noch mit Großproduzenten zusammen. „Die fahren morgens vor und wollen 300 000 Eier der gleichen Größe auf einmal”, erläutert das Bauernverbandsmitglied und lobt gleichzeitig Edeka und Rewe, die mehr mit regionalen, mittelständischen Betrieben kooperierten.
Nach dem Käfig die billigste Variante
Für die Lebensmittelindustrie ist jetzt – nach dem Verbot der Käfighaltung – die Kleingruppenhaltung die billigste Variante. Eier aus Bodenhaltung kosten laut Fachzeitschrift „Top Agrar” 1,5 Cent mehr in der Produktion, aus dem Freilandgehege sogar 2,5 Cent, nicht zu reden von der noch aufwändigeren Biohaltung. „Der Lebensmittelindustrie ist es egal, aus welcher Haltungsform die Eier für ihren Schokopudding oder Kuchen stammen. Sie kauft die billigsten”, bemängelt Feugmann und befindet sich da im Einklang mit der Verbraucherorganisation Foodwatch: „Wir verlangen deshalb, dass auf den Produkten gekennzeichnet werden muss, mit welcher Art von Ei sie hergestellt werden”, erklärt Foodwatch-Sprecherin Sarah Ruhland. Mehr Transparenz für den Käufer also, der im Supermarkt verstärkt zu Freiland- und Bio-Eiern greife.
Die Umstellung auf die tierfreundlichere Haltung sei nicht den Familienbetrieben zu Gute gekommen, sondern der Agrarindustrie. Konkrete Zahlen gibt es noch nicht, ein Experte kann nur Vermutungen anstellen: „Die hohen Umstellungskosten brachen vielen kleineren Bauern mit nur einigen tausend Hühnern das Genick”, erläutert Uwe Spangenberg, Sprecher der Landwirtschaftskammer Münster. Gerade einmal 180 Betriebe mit mehr als 3000 Hühnern teilten sich 2007 in NRW den Großteil der Eier-Produktion – Tendenz sinkend. Insgesamt gackern 3,25 Millionen Hennen zwischen Rhein und Weser.
Landwirt Feugmann ist froh, dass er von der Käfighaltung weg ist. Was sich dort abspielte, hätte er den Kunden seines Hofes nicht gerne gezeigt. Seine Tiere laufen zwar nicht auf der saftig-grünen Wiese herum, aber immerhin: Sie haben Stangen zum Sitzen, können scharren und Eier in ein separates Nest legen, halbwegs artgerecht – oder vielleicht sogar ganz? Das sei schwer zu sagen, sagt Feugmann. Hühner hätten schließlich kein Glücksempfinden wie ein Hund, der mit dem Schwanz wedelt. Und lachen – das weiß Feugmann ganz genau – können Hühner nun einmal nicht.