Ruhrgebiet. Der Handwerker, der Lebenskünstler, der liebende und der fehlende Vater: Zum Vatertag schreiben Leserinnen und Leser berührende Briefe an einen prägenden Menschen.
Der fehlende Vater
Der letzte Weltkrieg hat nicht nur mir, sondern allen Kindern meiner direkten Verwandtschaft die Väter genommen. Das heißt genau: vier Familien mit insgesamt elf Kindern mussten plötzlich ohne Väter auskommen, da alle betroffenen Frauen nicht wieder geheiratet haben. Ich persönlich habe meinen Vater nie kennenlernen können. Er ist zwei Monate vor meiner Geburt gefallen.
Während meiner Kindheit habe ich meinen Vater nie vermisst. Ich wurde als Nesthäkchen umsorgt und umhegt. Erst viel später wurde mir klar, dass ich ganz wichtige Orientierungshilfen nicht erleben und erfahren konnte. Klargeworden ist mir das, als ich die ersten Schwierigkeiten hatte, mich in der manchmal doch recht rau- hen Männerwelt zurechtzufinden. Ich hatte ja nur gesehen und gelernt wie Frauen denken und handeln. Die Leitbilder Mann und Vater fehlten mir ja völlig. In wichtigen Fragen meines jungen Lebens wie z.B. der Berufswahl gab es keinen Vater, der mir etwas vorgelebt hätte, oder den ich hätte fragen können.
Ich weiß nicht, ob mein Leben anders verlaufen wäre, wenn der Krieg mir meinen Vater nicht genommen hätte. Ich weiß nur, dass ich mir oft einen Vater gewünscht habe ... bis heute.
Klaus Fecker, 79 Jahre, Essen
Eine Durchsage von Papa
Mein Vater war immer ideenreich. Ich war 13 Jahre alt und es sollte zu Weihnachten mal wieder etwas Besonderes sein. Mein Vater hatte zuvor – natürlich heimlich – Weihnachtslieder aus dem Radio aufgenommen. Diese wurden dann am Heiligen Abend über das Radio abgespielt und wir glaubten, dass dies eine Livesendung sei. Wir hörten andächtig zu und sangen mit. Plötzlich eine Unterbrechung: „Achtung eine wichtige Durchsage für Ute“.
Ich erkannte nicht die Stimme meines Vaters und war irritiert: „Du wirst nun sicher auf die Spuren deines Weihnachtsgeschenkes gekommen sein, nämlich auf die Spuren Deines Tonbandgerätes“ Da flossen nur noch Freudentränen! Die Überraschung war mehr als gelungen.
Ute Rieper, Essen
Die Handwerker
Du hast mir vor bald 30 Jahren das Leben geschenkt. Kaum, dass ich sprechen konnte verbesserte ich andere Menschen „das heißt Schraubendreher, nicht Schraubenzieher“. Dein Papa war Handwerker, Du bist Handwerker und ich bin Handwerkerin.
Wenn Du etwas Neues gebaut hast, nahmst Du mich auf diese bestimmte Weise an die Hand und erklärtest Dein Werk.
Kamst Du abends nach Hause, galt die freie Zeit Deinen Mädels. Papa war da.
Papa war auch da, als Mama letztes Jahr schwer krank wurde. Du hast alles für sie möglich gemacht, bis zu ihrem letzten Atemzug. Du selbst hast 2023 Quantensprünge gemacht, redest, reflektierst, gibst auf Dich Acht. Danke für diese Stärke.
Nina M., Herne
Papa, der Hotzenplotz
Unser Papa war immer da, das war für uns eine völlige Normalität. Unsere Eltern haben sich die Elternzeit und die komplette Erziehung geteilt. So wuchsen wir drei Kinder auf. Die eine Woche war Mama zu Hause, die andere kümmerte sich unser Papa. Er schmierte uns Butterbrote, fuhr uns zur Schule, wenn wir spät dran waren, kochte uns Mittagessen und brachte uns zum Sport und zur Musikschule.
Als wir noch kleiner waren, spielte er oftmals ein Spiel mit uns, dass uns gleichermaßen verzückte, wie Adrenalin in unsere Adern pumpte. Er war leidenschaftlicher Fan der Kasperle-Geschichte mit dem Räuber Hotzenplotz und ist es noch immer. Als Räuber verkleidet lauerte er uns im Spiel auf, um uns zu erschrecken. Wir liefen dann schreiend und lachend davon. Dieses Spiel spielte er mit uns auch, wenn wir mit den Naturfreunden wegfuhren. Er war daher schnell auch bei allen anderen Kindern als der Räuber Hotzenplotz bekannt und gefürchtet.
Noch heute hat unser Bruder den Spitznamen Seppel und an Weihnachten 2022 durften sich unsere Eltern von uns ein Puppen-Kasperletheater anschauen. Heute schmiert uns unser Papa zwar keine Stullen mehr, aber daran, dass er immer für uns da ist, hat sich nichts geändert.
Sarah O.
Strenge Erziehung
Lieber Papa,
wenn ich gefragt werde, wie meine Kindheit verlaufen ist, kann ich immer wieder betonen, dass meine Schwester Carina und ich wohlbehütet aufgewachsen sind. Aber ich erwähne auch, dass wir Dich – anders als Mutti – als ziemlich streng empfunden haben. Es gibt dazu immer kontroverse Diskussionen und Du hast dazu eine andere Wahrnehmung. Das ist auch gut so, denn als ich älter wurde und ein eigenes Kind erzogen habe, wurde mir immer mehr bewusst, dass es keine strenge – sondern eine konsequente und wertebestimmende Erziehung war, die meine Schwester und ich erleben durften. Uns sind wichtige Tugenden und Werte mit auf den Weg gegeben worden, die einem den persönlichen Werdegang leichter und zufriedener gemacht haben.
Ich war ungefähr zehn Jahre alt (Mitte der 70er-Jahre ) und wollte am Wochenende einen Film im Farbfernsehen sehen, der bis Mitternacht ging. Mein Vater meinte, es sei zu spät, und ich würde den Film nicht schaffen. Ich wurde ziemlich sauer und bestand vehement darauf, den Film zu schauen. Mein Vater willigte daraufhin ein und erlaubte mir unter einer Bedingung den Film zu schauen: „Du musst den Film bis zum Ende schauen ohne vorher einzuschlafen“.
Was für eine blöde Bedingung, dachte ich mir, das ist ja der Grund warum ich in ihm mir ansehen möchte. Leider trat genau das ein, was mein Vater ahnte … mir fielen während des Films immer wieder die Augen zu. Aber mein Vater rüttelte mich immer wieder wach und bestand darauf, den Film wie verabredet bis zum Ende zu schauen. Meine Mutter hatte letztendlich Mitleid mit mir und ließ mich ins Bett gehen. Die nächsten Jahren habe ich mir reiflich überlegt zu fragen, ob ich noch spät abends fernsehen möchte.
Ich habe meine Erziehung an meinen Sohn weitergegeben, eine konsequente werteorientierte und trotzdem auf Augenhöhe wertschätzende Erziehung. Dafür möchte ich Danke sagen!
Linda Berndt, Essen
Die Fragen
Ich bin im Jahre 1934 geboren, mein Vater 1888. Mein Vater ist im Jahre 1960 verstorben. Ich lebe noch und bedauere es sehr, ihm einige Fragen nicht gestellt zu haben:
- Vater, warum bist Du Mitglied der NSDAP geblieben, obwohl die Nazis mit Hilfe deutscher Ärzte und deutscher Juristen Deine Tochter in Befolgung eines Rassenreinheitswahns und unter Berufung auf zweifelhafte preußische „Erbgesundheitsgesetze“ der Zwangssterilisation überantwortet haben? Deine Tochter war doch während des ersten Weltkrieges an Diphterie und dadurch an Taubheit erkrankt und nicht, wie sie behaupteten, von Geburt an schwachsinnig!
- Vater, warum hast du nicht verhindert, dass Dein ältester Sohn zur Waffen-SS gegangen ist?
- Vater, warum hast Du diesen Sohn, meinen großen Bruder, als er im Osten „für Führer, Volk und Vaterland“ kämpfte, zum Eintritt in die NSDAP bewogen?
- Vater, warum habe ich nicht durch Dich von den Konzentrationslagern der Nazis erfahren?
- Vater, warum hast Du die Leute, die Dir das alles angetan hatten, nach dem Kriege nicht verklagt?
- Vater, warum mußte ich dies alles erst nach Deinem Tode in Deinen Hinterlassenschaften erlesen bzw. mir aus Archiven holen?
- Und, Vater, warum hast Du Dich dann später noch jahrelang abgequält, um mir meine Ausbildung zu ermöglichen?
Kurt H., Essen
Eine besondere Freude
Ich habe sehr viel Liebe und Geborgenheit von seiner Seite erfahren. Seine humorvolle Art mich anzuspornen, aufzuhellen, zu beschützen, beschenkte mich mit einem besonderen Halt im Leben. Ich bin froh darüber, dass es mir einmal gelungen ist, ihm eine besondere Freude zu bereiten.
Wir hatten einmal in der Schule das Aufsatzthema „Das Idol in deinem Leben“ oder „Der besondere Mensch in deinem Leben“ erhalten und die meisten Kinder in meiner Klasse berichteten von Fußballern, Buchhelden und Schauspielern in ihren Texten. Ich habe mich dagegen für meinen Vater als den Helden in meinem Leben entschieden.
Das hat meiner Lehrerin sehr imponiert und sie fand es am Elternsprechtag erwähnenswert. Das hat meinen Vater wirklich sehr gerührt und glücklich gemacht.
Ich bin sehr froh darüber, dass ich diese kleine Gelegenheit als Kind wahrgenommen habe, ihm eine besondere Freude zu bereiten, um ihm zu sagen, wie sehr ich ihn schätze und wie sehr ich für seine Liebe dankbar bin.
Yvonne Mölleken
Ein Lebenskünstler
Als Kleinkind hatte ich meinen Papa liebevoll und nett in Erinnerung. Er saß am Küchentisch und spielte Gitarre. Ich war fasziniert, solch einen Papa hatten andere Kinder nicht.
Was ich als Vierjährige nicht wahrnehmen konnte, mein Papa war ein Lebenskünstler. Der Begriff „Arbeit“ war ihm fremd. Er zog musikalisch durch die Straßen, wobei er das eingenommene Kleingeld anderweitig ausgab. Meiner Mama blieb kein anderer Weg, als sich scheiden zu lassen, damit wir drei Kinder und auch sie von der Wohlfahrt versorgt werden konnten.
Kein leichter Weg, alle Hilfen mussten einzeln beantragt werden, damit ein Mitarbeiter der Wohlfahrt kontrollieren konnte, ob die beantragte Kleidung erforderlich war. Bei Bewilligung durften wir in vorgeschriebenen Geschäften einkaufen. Wir fühlten uns nie diskriminiert, waren dankbar, in einem Sozialstaat zu leben, wo niemand hungern muss und ein Dach über dem Kopf hat. Mein alleiniges Ziel war: Raus aus der Armut.
Mit elf Jahren trug ich die Kirchenzeitung aus, bekam von den Abonnenten immer etwas Kleingeld, das ich sparte. Außerdem arbeitete ich in einer Bäckerei, Stundenlohn 35 Pfennige, bis ich mir endlich die ersehnten Ballerina-Schuhe kaufen konnte. Im Alter von 13 Jahren begann ich meine kaufmännische Ausbildung, habe die Chancen zum Aufstieg genutzt, konnte mir fortan alles kaufen und bin von niemandem abhängig.
Mein Papa wohnte im selben Stadtteil wie ich, hatte nie Kontakt zu uns Kindern aufgenommen. Wenn wir ihn unterwegs zufällig trafen und ihn ansprachen, war sein Standardsatz: „Ich habe euch gar nicht erkannt, ihr seid groß geworden. Wenn Papa was hätte, würde er es euch geben“.
Ich kann nicht beurteilen, wie ein Leben mit meinem Papa verlaufen wäre. Papa ist früh verstorben.
Irene Pergher, Essen
Die Berufswahl
Ich hatte einen klasse Vater, der es der Familie an nichts hat fehlen lassen. Und obwohl Väter und Söhne ja nicht immer einer Meinung sind, würde ich was darum geben, ihn noch einmal umarmen zu dürfen.
Er war ein klasse Handwerker, der wirklich alles konnte, ein Talent, das ich leider nicht von Ihm geerbt habe ,aber er hat mich 1983 zu meinem, auch noch heutigen Beruf gebracht. Messen und Ausstellungen in ganz Deutschland bereise ich als Promoter und Verkäufer immer noch, und denke auf so manch einer Fahrt noch an Ihn.
„Jung, hast du nicht mal Lust mit mir auf die Messe zu fahren, und mal probieren, ob du eine Küchenmaschine vorführen kannst?“ Das hab ich gemacht und war danach Feuer und Flamme für diesen Beruf, so dass ich meinen festen Job als Filmvorführer in der Lichtburg sofort gekündigt habe. Leider ist mein Vater nach der Scheidung nach Hamburg gezogen, wo wir uns nicht mehr so oft gesehen haben, und auf dem Foto packt er grade mein Paket aus, dass ich immer zu Weihnachten geschickt habe.
Uwe Lehmann, 65 Jahre, Essen
Der Regelbrecher
Lieber Papa Bernhard, wegen Dir und deiner Trainingsstunden war ich ein guter Tischtennisspieler ohne jemals im Verein gewesen zu sein. Weil du mich als kleinen Jungen kegeln hast lassen, war ich im späteren Kegelverein der beste Kegler. Wegen dir kenne ich Pfifferlinge und die Glühwürmchen.
Du hast Regeln gebrochen, nur um deinem kleinen Ulrich eine Freude zu machen. So bist du damals mit mir in einen Sperrbezirk gefahren, damit ich dort nach schönen Bergkristallsteinen Ausschau halten konnte. Du nahmst mich an Sonntagen mit auf die großen Krananlagen der GHH im Duisburger Hafen.
Als ich dann Jahre später selber verheiratet war und einen kleinen Sohn hatte, verbrachten wir in der Gaststätte Hürter in Bottrop dreieinhalb Jahre lang bis zu deinem Tod jeden Freitag die schönsten gemeinsamen Stunden miteinander. Du warst der bessere, menschlichere Elternteil. Mama sah viel durch die katholisch religiöse Brille.
Ulrich Hübner-Füser, Bottrop
In Angst
Ich habe keine guten Erinnerungen an meinen Vater. Er war im 2. Weltkrieg bei der SS. Er war dominant, autoritär und brutal. Ich wurde als Kleinkind oft von ihm misshandelt und später auch missbraucht. Niemand hat mir geholfen, auch nicht meine Mutter. Ich habe 20 Jahre nur in Angst gelebt vor meinem Vater und ich leide heute noch.
Bei mir hat das dazu geführt, dass ich später meiner Tochter kein Haar krümmen konnte.
Angela B., 72 Jahre
In der Straßenbahn von Hattingen nach Bochum
Im Nachlass meines Bruders Thomas habe ich folgendes Liebesgedicht gefunden, in einer Bücherkiste. Es hat mich überrascht, dass mein Vater dichtete. Wie es dazu kam? Sicher ist: aus Liebe. Er war damals mit meiner Mutter verlobt. Es gehört zu den schönsten Erinnerungen an meinen Vater Ferdi, meine Mutter Mia, meinen Bruder, die Linie 8 und mein geliebtes Bochum, wo ich über 60 Jahre im Hause unseres Vaters lebte. Ich schaue es mir jeden Tag an.
„Ein Mensch sitzt in der Straßenbahn
und denkt, weil er nicht anders kann,
An seine Liebste, die vielleicht
An ihn auch denkt zu gleicher Zeit.
Im Schnittpunkt der Gedankenbahn
Gedanken treffen sich alsdann
Der eine sagt: „Ich liebe Dich“,
Der andere drauf: „Auch ich lieb Dich“;
Und eilen dann geschwind zurück;
Bestätigen erneut das Glück.
Zwei Menschen sind beglückt wie nie.
Man nennt das wohl Gedanken-Telegraphie!“
Susanne Kirchhoff, Hattingen
Nur ein Erzeuger
Vater, bzw. Papa konnte ich eigentlich nie sagen. Ich hatte leider nur einen Erzeuger. Er war von uns allen sehr gefürchtet, meine Schwester ist immer aus dem Fenster gesprungen, als er auftauchte, sie ist noch nicht mal mit zur Beerdigung gegangen, als er gestorben ist. Wir waren insgesamt 4 Kinder. Ich wurde 1951 geboren, und ich kann mich nicht daran erinnern, dass er mit mir einen Satz oder ein Wort gesprochen hat. Er ist schließlich 1960 gestorben, unsere Mutter starb 1959 mit 43 Jahren. Sie war genau das Gegenteil von ihm, sie hatte eine fürchterliche Ehe hinter sich, deswegen ist sie auch so früh gestorben. Ich war bis zu meinem 21 Lebensjahr in 5 verschiedenen Heimen / Einrichtungen.
Gelernt habe ich von meinem Erzeuger eigentlich gar nichts, was denn auch???
Horst-Dieter Gawehns
Am Fließband
Mein Vater, Papa, hat uns nicht nur zu weltoffenen Menschen erzogen. Er hat auch immer gesagt: „Umso mehr du lernst, umso so weniger hart und körperlich musst du später arbeiten.“ Seinen Worten, die bei Teenagern nicht immer sofort ankommen, folgte der Praxisbeweis: Die körperlich anstrengende wie monotone Fließband-Ferienarbeit mit Akkord im metallverarbeitenden Betrieb. Mehr Lernen scheint sich also perspektivisch zu lohnen. Die väterlichen Worte wurden Leitsatz und Ansporn. Was meinem Vater in unserem Arbeiterhaushalt aufgrund seiner Biografie nicht möglich war, hat er mit unserer Mutter meinem Bruder und mir ermöglicht. Schule, Studium, auch im Ausland, wir konnten uns immer der bedingungslosen Unterstützung aus dem Elternhaus gewiss sein. Und dieser Lern-Weg hat mich im Blick zurück geprägt. Sehr. Auch dafür: Danke, Papa.
Thorsten Schabelon, Essen
Der Reisende
Mein Papa hat mich „das Reisen“ gelehrt. Schon mit mir (geboren 1953) als kleinem Kind hat er sich zusammengesetzt und wir haben überlegt, wohin es gehen soll. Meine Mama hat dann „von unseren Ergebnissen“ erfahren und „immer“ zugestimmt. 1957 waren wir in der Eifel, 1958 in Österreich am Schwarzsee bei Kitzbühel. Wir haben z. B. schon 1967 ein Ferienhaus in Finnland gebucht oder 1968 (siehe Fotos) eine erste Kreuzfahrt von Mallorca über Gibraltar nach Marokko unternommen.
Später waren wir zusammen in New York, an den Niagarafällen oder in der Karibik. Jedes Jahr über Ostern ging es zum Skifahren am Schilthorn bei Mürren in der Schweiz. Später nach seinem Tod 2009 habe ich mit meinen Kindern in Südafrika mit Pinguinen geschwommen oder mit einem Segel-Kreuzfahrtschiff die Ägäis erkundet. Papa war „in Gedanken“ immer dabei. Er hat mir diese „unbändige“ Reiselust vererbt. Dabei waren wir immer Ausschau gehalten nach günstigen Angeboten. Im letzten Jahr bin ich nach Kappadokien und nach Bahrein geflogen.
Ingelore Windmüller, Essen
„Eddi, aus dir wird nie ein Kaufmann!“
Dieser Satz meines Vaters war mehr Stoßseufzer als Tadel und traf mich gar nicht, denn ich wollte später Maler werden wie Claude Monet oder Vincent Van Gogh. Mein Vater dagegen war ein „Vollblut-Kaufmann“. Zurück aus Frankreich, wo er in der Resistance gegen die nationalsozialistische Okkupation gekämpfthristel hatte, zog er nach Buer und gründete an der Goldbergstraße 4 das Textil-Geschäft „VE-KA“ – Vestisches Kaufhaus.
Wirtschaftlicher Erfolg war nicht sein primäres Ziel. Er wollte den Familien der „Kumpels“ preiswerte Pullover, Hemden und Wäsche liefern. Er war nämlich Kommunist und in der damals verbotenen KPD aktiv. Im Geschäft erlebte ich als Kind, wie im Obergeschoss heimlich politische Flugblätter gedruckt wurden.
Einige der vor etwa 1960 geborenen erinnern sich an meinen Vater und sein unkonventionelles Auftreten. So durchschnitt er einem Kunden überraschend mit der Schere die Krawatte und schenkte ihm dafür zwei neue. Folglich war er bis zu seinem Unfalltod im Jahre 1968 über die buerschen Grenzen hinaus stadtbekannt.
Kurios ist übrigens, dass ich seit 50 Jahren Kaufmann bin. Erfolgreich wie mein Vater, aber ich handele nicht mit Textilwaren sondern mit Oldtimerteilen für Renault. Gerne würde ich heute seinen Kommentar dazu hören.
Edgar Treiser, Gelsenkirchen
Die Schwester
Lieber Papa,
eine inzwischen 72 jährige Tochter Christel kann dich leider nur noch auf dem Friedhof besuchen. Du weißt, dass du für mich immer der Lieblingsmensch warst und immer noch bist!
Deine Eigenschaft Menschen und Tieren mit Liebe zu begegnen und die Natur mit all ihren Pflanzen zu hegen und pflegen, habe ich von dir übernommen. Zum Glück auch den Humor!
Die vielen Schicksalsschläge, wie den Tod von Mama und meiner jüngeren Schwester, die wir gemeinsam gemeistert haben, lehrten mich mit weiteren Höhen und Tiefen fertig zu werden.
Während der letzten Jahre deiner Demenzerkrankung vertrautest du mir an, das du bedauerst, dass Mama uns Schwestern ungerecht behandelte. Die Jüngere von uns beiden wurde stets von ihr bevorzugt. Du konntest es nicht verhindern, da sie nicht von dir sei. Ich war sprachlos und konnte die Schwere dieses nebenbei erwähnten Sachverhaltes nicht fassen bzw. aufklären, denn Mama und meine jüngere Schwester waren ja bereits verstorben.
Du warst für uns der beste Vater, den ein Kind sich wünschen konnte. Ich danke dir für deine Liebe und für deine Ehrlichkeit die du uns entgegen gebracht hast.
Deine Tochter Christel
Christel, Oberhausen