Nun ist wohl klar, wer hinter dem Solinger Brandanschlag steckt. Warum es für alle, die sich vorschnell äußern, eine Lehre sein sollte.

Der Brand, dem vier Menschen in Solingen zum Opfer fielen, hat ganz offensichtlich keinen fremdenfeindlichen Ursprung. Ja, es mag zynischen klingen mit Blick drauf, dass das für die Opfer keinen Unterschied macht: Wer die reflexhaften Vermutungen wenige Tage nach der Tragödie in Erinnerung hat, der atmet dennoch auf. Ein zweites Solingen hätte in diesen gesellschaftlich aufgeheizten Zeiten unabsehbare Folgen gehabt.

Natürlich hat das absichtlich gelegte Feuer Erinnerungen geweckt an den 29. Mai 1993, an Familie Genç, an fünf Todesopfer, türkischstämmige Frauen und Mädchen, die ihr Leben verloren, weil vier junge, rechtsradikale Männer es ihnen nahmen. Der Höhepunkt einer fürchterlichen Welle rassistischer Angriffe auf Menschen migrantischer Herkunft. Schon aus Respekt aber vor den vielen Opfern rechtsextremer Gewalt muss gelten: Es verbietet sich jede Spekulation. Über Motive spricht man als verantwortungsbewusster Mensch, wenn man den oder die Täter kennt.

Unverantwortliche Stimmungsmache

Tayfun Keltek vom Landesintegrationsrat hat diese Regel grob missachtet und überdies seinem Anliegen damit schwer geschadet. Da er sich mit seiner fix geäußerten Vermutung irrt, die Tat müsse einen fremdenfeindlichen Hintergrund haben, dürfte das jene beflügeln, die behaupten, rechtsextreme Übergriffe entstammten der Fantasie einer linksgrün verseuchten Gesellschaft. Seine Sorgen sind im Grundsatz ja berechtigt, aber seine Argumente waren von Beginn an keine - selbst in diesen Zeiten gibt es als Auslöser für ein absichtlich gelegtes Feuer grundsätzlich viele Optionen. Ob Keltek daraus lernt? Hoffentlich.

Dass die Türkisch-Islamische Union (Ditib) der Polizei obendrein früh unterstellte, sie schließe ein fremdenfeindliches Motiv praktisch schon aus, obwohl noch gar nichts feststehe, war unverantwortliche Stimmungsmache. Ermittler schließen nichts aus, solange sie ermitteln. Aber sie reden erst, wenn sie etwas wissen. Daran sollten sich alle halten. Damit zu rechnen ist indes auch in Zukunft nicht.