Dortmund. In Dortmund sollen Baustellen während der Fußball-EM ruhen. Einen Unternehmer könnte das viel Geld kosten. Welche Rolle spielt die UEFA dabei?
Westenhellweg, Hausnummer 95-101 in Dortmund. Früher war hier mal ein großer Elektromarkt, künftig soll es in dem Gebäude oben Wohnungen und unten eine Gastronomie geben. Deshalb wird gerade in großem Stil umgebaut. Doch Mitte Mai muss der Umbau – Stand jetzt – pausieren. Denn während der UEFA Fußball-Europameisterschaft 2024 sind Baustellen in der City von Dortmund unerwünscht. Auf Wunsch der UEFA, wie es auf Anfrage bei der Stadt zunächst heißt.
Abbau von Gerüst kostet 40.000 Euro
Man habe „mit der UEFA verschiedene vertragliche Vereinbarungen getroffen, die auch die Pflicht beinhalten, im Turnierzeitraum auf den Zufahrtsstraßen und in der Nähe von Veranstaltungsflächen Behinderungen, Einschränkungen und Minderung der Veranstaltungsqualität zu verhindern“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Konkret heißt das nach Ansicht der Stadt, Baugruben sollen zugeschüttet, Gerüste vorübergehend abgebaut werden. Letzteres, so schätzen Kenner, könne die Baufirma im vorliegenden Fall 40.000 Euro kosten, vielleicht auch mehr.
Die Regelung, sagt eine Stadtsprecherin, sei lange bekannt. Baugenehmigungen würden schon seit längerer Zeit nur unter dieser Auflage erteilt. Ja, räumt Ulrich Jansen ein, Architekt bei der Deilmann-Stiftung, die das Haus umbaut, man habe die Genehmigung für das Gerüst tatsächlich nur bis Mitte Mai erhalten. Erst nach dem Turnier dürfe es wieder aufgestellt werden. Aber man wolle mit der Stadt noch einmal reden.
Vielleicht auch, weil man in dem Bauunternehmen gehört hat, dass es weder in Gelsenkirchen, noch in Köln oder Düsseldorf, also in den anderen Austragungsorten der Europameisterschaft in NRW, einen ähnlichen Fall gibt. „Auflagen dieser Art sind uns nicht bekannt“, heißt es in Düsseldorf. Die Wege zum Stadion müssten frei sein, sagt eine Sprecherin der Stadt Köln, aber Baustellen in der Innenstadt seien bei einem Rundgang mit FIFA-Offiziellen „kein Thema“ gewesen. „Da ist nichts beanstandet worden.“ In Gelsenkirchen muss bisher ebenfalls nichts zugeschüttet oder abgebaut werden. „Baugerüste in der Innenstadt sollen während der EM mit großen Plakaten der UEFA verhüllt werden“, bestätigt Stadtsprecher Martin Schulmann. Mehr sei auch nicht verlangt worden.
Anforderungsheft der UEFA hat knapp 200 Seiten
Selbst in dem knapp 200 Seiten starken Anforderungsheft (Tournament Requirements) der UEFA, das für alle zehn Gastgeberstädte (Host Cities) der Europameisterschaft gilt, ist von solchen Einzelmaßnahmen nicht die Rede. „Das steht dort auch nicht explizit drin“, räumt Martin Sauer ein, EM-Beauftragter der Stadt Dortmund. Grundlage für mögliche Anordnungen der Verwaltung sei vielmehr das im vergangenen Jahr vom Rat der Stadt beschlossene „Konzept zur Baustellenfreiheit während der EURO 2024“.
Danach ist es am besten, wenn es in der fraglichen Zeit auf den Wegen zum Stadion und rund um die Fan-Meilen überhaupt keine Baustellen gibt. Wo sie sich aber nicht vermeiden lassen, sind sie während des Turniers so zurückzubauen, „dass sie optisch möglichst nicht als Baustelle wahrzunehmen sind“, vor allem aber so, „dass sie kein Sicherheitsrisiko darstellen“. Alptraum der Stadt wären etwa Betrunkene auf einem Gerüst oder mit gebrochenen Gliedern in einer Baugrube.
Aber sind das nicht Gefahren, die bei jedem Heimspiel des BVB bestehen? Grundsätzlich ja, „aber bei der EM reden wir von ganz anderen Dimensionen“, sagt Sauer. Von den rund 80.000 Fans, die zu einem Bundesliga-Spiel der Dortmunder kommen, „kennen die meisten die Gegebenheiten, weil sie schon seit Jahren kommen“. Und längst nicht jeder BVB-Fan halte sich vor dem Anpfiff in der Innenstadt auf. „Das wird bei der Europameisterschaft alles ganz anders sein.“
Auch die Stadt selbst muss Bauarbeiten unterbrechen
Um die Menschenmassen dann gut und sicher durch die City und zum Stadion zu bringen, werde jede Baustelle individuell geprüft. „Und mit den zuständigen Leuten bei der Stadt kann man reden“, ist der EM-Beauftrage überzeugt. Auf keinen Fall bestimme aber die UEFA, welche Baustelle verschwinden muss und welche nicht. „Das entscheidet alleine die Stadt.“
Die ist übrigens selbst betroffen von der geforderten Baustellenfreiheit. Der Umbau des sogenannten Ardey-Tunnels, durch den eine der wichtigsten Zufahrten zum Stadion verläuft, wird bis Turnierbeginn nicht abgeschlossen sein. „Auch dort“, versichert Sauer, „werden die Arbeiten während des Turniers unterbrochen.“