Gelsenkirchen. Nicole Schäfer hat bei Überlebens-Show „Alone“ mitgemacht. So hat sie die Zeit in der Einsamkeit der kanadischen Wildnis verändert.

Sie kommt gerade vom Training. „Muss noch eben duschen“, sagt Nicole Schäfer. Keine zehn Minuten später sitzt die 26-jährige Gelsenkirchenerin in T-Shirt, Sport-Leggings und Sneakern an einem Tisch in einem Recklinghäuser Fitnesscenter. Freundlich, fröhlich, fit und voller Energie. Warmes Wasser, Föhn, Dach über dem Kopf – „man lernt viele Dinge ganz neu schätzen“, sagt sie und lacht.

Vor allem, wenn man längere Zeit in der Wildnis ausgesetzt war. Ohne Dach über dem Kopf, ohne Handy, ohne Essen. Vor allem aber allein. Deshalb heißt die Survival-Show auch „Alone“. Zehn Männer und Frauen hat der Streaming-Dienst RTL+ dafür an verschiedenen, weit auseinanderliegenden Stellen in einen einsamen Teil der ohnehin dünn besiedelten Insel Vancouver Island geschickt. Einmal angekommen, sind die acht Männer und zwei Frauen völlig auf sich gestellt und filmen sich selbst. Der oder die Letzte gewinnt 75.000 Euro.

Allein in der Einsamkeit: „Ich liebe Herausforderungen“

Wie lange Nicole durchgehalten hat, ob sie vielleicht sogar gewonnen hat, darf sie noch nicht sagen, weil die Show gerade erst gestartet ist und bis Mitte April jede Woche eine neue Folge abrufbar ist. Warum sie mitgemacht hat, kann sie allerdings in einem Satz erklären: „Ich liebe Herausforderungen.“

Zehn Teilnehmer hat RTL in die kanadische Wildnis geschickt. Auch Nicole aus Gelsenkirchen war dabei.
Zehn Teilnehmer hat RTL in die kanadische Wildnis geschickt. Auch Nicole aus Gelsenkirchen war dabei. © RTL | RTL / Frank J. Fastner

Vor allem neue. „Ich war kein Survival-Profi“, sagt Nicole. Klar, mit den Eltern war sie als Kind oft zelten. Und in den letzten Jahren auch öfter mal eine Wochenende im Wald. „Aber nur im Sauerland.“ Im Internet und durch das Anschauen anderer Survival-Serien macht sie sich schlau, fragt Freunde und Bekannte mit Outdoor-Erfahrung nach Tipps und Tricks. Sie besucht einen speziellen Erste Hilfe-Kurs, um sich im Notfall selbst helfen zu können und lernt das Schießen mit Pfeil und Bogen. So vorbereitet fliegt sie im Oktober 2023 nach Vancouver.

Alone: Grizzly-Bären, Pumas und Wölfe als Nachbarn

Von dort aus bringt sie ein Boot zur Insel. Nicole erinnert sich noch gut an den Augenblick, als es wieder ablegt. Einerseits war da die Freude, dass es endlich losgeht, andererseits habe ich realisiert, dass ich jetzt tatsächlich völlig alleine bin. Keine Wege, aber Tausende von Bäumen mit dichtem Astwerk. Kein Mensch in der Nähe, aber im schlimmsten Fall Grizzly-Bären, Pumas und Wölfe nicht weit entfernt. „Natur pur.“ Fast immer mit viel Regen, nicht selten auch mit Sturm. „Alles war nass. Und es wurde auch nicht mehr trocken.“

Für den schlimmsten Fall hat Nicole - wie alle anderen Kandidaten - den „Yellow Brick“ genannte Kasten mit einem Notrufknopf. Wer ihn drückt, wird von einem Rettungsteam herausgeholt. „Aber dann gibt es auch kein Zurück mehr auf die Insel.“

Nicole in der Wildnis: Mit Pfeil und Bogen hat sie ihr Essen gejagt.
Nicole in der Wildnis: Mit Pfeil und Bogen hat sie ihr Essen gejagt. © RTL | Frank J. Fastner

Die Lehramtsstudentin aus dem Ruhrgebiet richtet sich ein. Lagerstätte bauen, Feuerstelle entzünden, die Gegend erkunden, Essen jagen, angeln. „So lange man etwas zu tun hat, ist alles gut.“ Dann aber kommt die Nacht. Und mit ihr „eine Stille, wie man sie nicht kennt“. „Nur mit einigen wenigen Geräuschen aus dem Wald, die man zunächst nicht zuordnen kann.“ Zumal es, wenn der Mond sich hinter den Wolken versteckt, so dunkel ist, dass man die Hand vor Augen nicht sieht.

„Viele Dinge haben eine ganz andere Wertigkeit bekommen.“

Es ist eine ganze neue Dimension der Einsamkeit, selbst für jemanden, der „eigentlich ganz gut mal alleine sein kann“. Mit niemandem persönlich zu reden, keinem erzählen zu können, was sie erlebt hat, „das hat mir wirklich gefehlt“. Die sozialen Medien dagegen vermisst sie auf der Insel bald nicht mehr. „Es war schön, mal seine Ruhe zu haben.“ Wieder in der Zivilisation „wollte ich das erst gar nicht zurück haben“. „Ich habe nur meiner Familie und meinen engsten Freunden gesagt, dass ich wieder da bin.“

Überhaupt hat die Zeit in der Wildnis Nicole verändert. „Viele Dinge haben eine ganz andere Wertigkeit bekommen.“ Und wenn es nur der Regenschirm ist, den man bei schlechtem Wetter aufspannen kann. Auch die Social Media-Zwangspause hallt nach. Natürlich nutzt sie wieder Instagram & Co, aber „vieles dort erscheint mir heute völlig unwichtig. Ich habe gemerkt, wie viel Zeit flöten geht, weil ich eigentlich unnötige Dinge im Internet erledige.“

Die nächste Herausforderung: Nicole Schäfer tritt im März zu ihrem ersten Bare-Knuckle-Boxkampf an.
Die nächste Herausforderung: Nicole Schäfer tritt im März zu ihrem ersten Bare-Knuckle-Boxkampf an. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Dabei ist Zeit etwas, von dem die junge Frau viel zu wenig hat. Das Studium, das sie noch in diesem Jahr mit dem Master abschließen will, Fitnesstraining - „manchmal gehe ich morgens mit drei Taschen aus dem Haus, weil ich zwischendurch gar nicht nach Hause komme.“ Das wird sich so schnell auch nicht ändern. Dieses Jahr will Nicole ihren Master machen, und schon im März wartet eine ganz neue Herausforderung. Dann steht sie für ihren ersten Kampf im „Bare-Knuckle“ im Ring – für einen Kampf also, in dem ohne Handschuhe geboxt wird. Das sei etwas ganz anderes als das klassische Boxen, das Nicole mehr als zehn Jahre gemacht hat. „Da hinterlässt jeder Treffer sichtbare Spuren.“

Und neue Survival-Abenteuer? „Wüste, Dschungel, ich hätte auf alles mal Lust.“ Deshalb würde sie auch sofort wieder Ja sagen, wenn es eine neue Möglichkeit gibt. Und falls so schnell kein Angebot kommt? Nicole lächelt. „Ich kann“, sagt sie, „auch mal ganz gemütlich zwei Wochen am Strand liegen und einfach Urlaub machen.“

Info

Die Survival-Serie Alone läuft auf dem Streaming Portal RTL+. Ein Abo kostet 6,99 Euro im Monat. Ein Probemonat ist kostenlos. Die erste Folge der Reihe ist auch kostenlos im frei empfangbaren Programm von RTL zu sehen. Sie läuft in der Nacht zum Montag nach der Übertragung des Superbowls.