Essen. Längere Haftstrafen, mehr Verurteilte, Überbelegung: In NRW gibt es immer noch zu wenig Plätze für psychisch kranke Straftäter. 2500 Patienten stehen 2200 Plätzen gegenüber. Auch die neugeplanten Kliniken reichen auf die Dauer nicht aus, klagt die Opposition.

Trotz massiver Anstrengungen, die Zahl der Einrichtungen für psychisch kranke Straftäter auszuweiten, drohen erneut Engpässe im Maßregelvollzug in NRW. Die Opposition fordert die Landesregierung jetzt zum Handeln auf. „Wir sehen weiteren Handlungsbedarf. Mit den jetzt im Bau befindlichen Einrichtungen kommen wir nicht lange hin", sagt Günter Garbrecht (SPD), Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales im Düsseldorfer Landtag. NRW-Sozialminister Eckhard Uhlenberg scheue aber davor zurück, das Thema vor der Landtagswahl im kommenden Jahr anzupacken, so Garbrecht.

„Die Überbelegung können wir nicht wegreden", sagt ein Sprecher des NRW-Sozialministeriums der WAZ. Tatsächlich stünden 2500 Patienten 2200 Plätzen im Maßregelvollzug gegenüber, was auch an der steigenden Zahl der Häftlinge liege, die wegen Drogendelikten verurteilt würden. Der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug, Uwe Dönisch-Seidel, bestätigt die Ausweitung der Haftdauer von Patienten im NRW-Maßregelvollzug: „Im Schnitt sprechen wir hier von sieben bis acht Jahren." Bei Sexualstraftätern liege die Aufenthaltsdauer deutlich über zehn Jahre, die Entlassungsquote sinke: „Eine liberale Grundhaltung wie in den Siebziger- und Achtziger-Jahren gibt es nicht mehr."

Proteste gegen neue Bauten

Zurzeit sind in Essen, Duisburg, Köln, Dortmund, Herne und Münster neue Einrichtungen für den Maßregelvollzug seit kurzem in Betrieb oder kurz vor der Eröffnung. 500 neue Plätze für Patienten sollen so laut Landesregierung bis nächstes Jahr entstehen, die Gesamtzahl damit auf 2200 steigen.

Der Bau der neuen Häuser war beschlossen worden, nachdem vor rund zehn Jahren ein Streit über die mangelhafte Unterbringung von Sexualstraftätern in psychiatrischen Kliniken vom Zaun gebrochen war. Bevor die Projekte allerdings realisiert werden konnten, gab es massive Kritik. Örtliche Bürgerinitiativen sammelten Unterschriften gegen den Bau neuer Einrichtungen, Stadtobere zogen erfolglos vor Gericht, um sich gegen deren Ansiedlung zu wehren.

An einen weiteren Ausbau der Kapazitäten sei momentan nicht zu denken, heißt es aus dem Düsseldorfer Sozialministerium. Mit den noch in Bau befindlichen Anlagen sei das Platzproblem aus Sicht der Landesregierung gelöst, so ein Sprecher. Spätestens 2015 müsse man den Maßregelvollzug aber einer neuen Überprüfung unterziehen und gegebenenfalls nachbessern.