Lüdenscheid. 5000 UFO-Sichtungen hat Hans Werner Peiniger überprüft. Fünf Prozent davon lassen sich nicht erklären. Gibt es Aliens auf der Erde?
Lüdenscheid, nicht weit von der Innenstadt. Wohngebiet, ruhige Lage, unscheinbares Haus. Hinten herum führt der Weg, dann eine kleine Treppe hinauf. GEP steht auf dem Klingelschild. Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens. Kaum hat man geklingelt, öffnet Hans-Werner Peiniger und bittet herein. „Letzte Tür rechts“, weist der Gründer, Präsident und Motor der GEP den Weg durch den kurzen Flur in sein kleines Büro.
Enger Raum, statt unendlicher Weiten. Zwei Schreibtische mit Computern, ein Telefon samt Anrufbeantworter. Wenn es klingelt, ist es in der Regel jemand, der glaubt, ein unidentifiziertes Flugobjekt gesehen zu sehen. In Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Klingelt es oft? Peiniger nickt. „Fast jeden Tag“. Allein in diesem November gab es 25 neue Meldungen über UFO-Sichtungen. „Sind aber noch nicht ausgewertet“, sagt der 66-Jährige.
Blinksignale in den Nachthimmel geschickt
Seit den frühen 1970ern geht der gebürtige Solinger solchen Meldungen nach. Als Teenager sucht er noch nach Zeugen, indem er in der Lokalzeitung inseriert und fragt: „Hat jemand UFOs gesehen?“ Es melden sich viele. Anders als auf die Blinksignale, die er damals mit Hilfe einer starken Taschenlampe aus dem Fenster seines Kinderzimmers in den Nachthimmel über dem Sauerland sendet. „Da hat nie jemand geantwortet“, sagt er und muss heute selbst kurz lachen.
Seiner Leidenschaft tut das keinen Abbruch. Wie auch? Mit dem Raumschiff Orion hat er im Fernsehen gegen die Frogs gekämpft, ist Perry Rhodan in vielen Romanen ins All geflogen und mit der Enterprise gewesen, wo noch kein TV-Zuschauer zuvor war. Und natürlich sitzt er vor dem Bildschirm, als erstmals Menschen den Mond betreten. Sterne, der Weltraum, außerirdisches Leben, „diese Themen haben mich einfach fasziniert“. Nicht nur ihn: Als Peiniger zusammen mit einem Jugendfreund 1972 zwecks „Erforschung außerirdischer Weltraumschiffe“ den „UFO-Club Lüdenscheid“ gründet, muss er nicht lange nach Mitgliedern suchen. Schon bald wird aus dem Club die GEP, die sich seitdem aus Spenden und den Beiträgen der derzeit rund 200 Mitglieder finanziert.
Mit dem Fernglas in die Einflugschneise der Flughäfen
Viel hat sich geändert seitdem, die Ziele der GEP aber sind fast die gleichen geblieben. Erstens: Ufo-Sichtungen sammeln. Zweitens: Falschmeldungen herausfiltern. Drittens: Durch die echten Meldungen in Kontakt mit neuen Welten kommen. Das erste ist immer recht leicht gewesen, das zweite dank Internet und guter Kontakte immer einfacher geworden, das dritte allerdings, so viel sei verraten, bleibt schwierig.
Über 5000 Sichtungen angeblicher UFOs sind im Laufe der letzten fünf Jahrzehnte bei der GEP eingegangen. Zu Beginn, erzählt Peiniger, sei er selbst überzeugt gewesen, eines gesehen zu haben. „Heute weiß ich es besser.“ Weil er heute weiß, wie schnell man sich vertun kann. In die Einflugschneisen von Flughäfen hat er sich nachts mit einem Fernglas gelegt, um die Lichter der startenden und landenden Maschinen besser identifizieren zu können. Ist in den 1980ern in einem Hubschrauber der Bundeswehr mitgeflogen um einen Eindruck von oben zu bekommen und hat Kontakte zu Wetterdiensten und der Flugsicherung geknüpft.
Jedes eingesandte Foto wird ganz genau untersucht
Der ehemalige Technische Angestellte zeigt auf Regale in seinem Büro, die sich unter der Last hunderter Bücher biegen. „Der Weltraum rückt uns näher“, „Engel und andere Außerirdische“ oder „Das Wunder von Roswell“ stehen da. Klassische UFO-Literatur halt, „aber nicht alle gelesen“. Es gibt aber auch Bücher über Lichtphänomene, Wetterbesonderheiten, Zeugenpsychologie und Kriminalistik. „Die kenne ich.“ Die muss er kennen, um echt von falsch zu trennen.
Er verschickt Fragebögen an Melder und Zeugen, hakt nach. „Eine Zeit lang haben die Leute die Himmelslaternen für Ufos gehalten. In letzter Zeit sind es oft Starlink-Satelliten.“ Er ruft bei der Polizei an, lädt Flugpläne herunter, fragt nach Wetterlage, nach Laserinstallationen oder Heißluftballon-Aktionen. Und er schaut sich jedes Foto ganz genau an. Ist da vielleicht nur ein Insekt durch das Bildfeld geflogen? Kann es eine Spiegelung oder Lichtbrechung sein, eine untertassenförmig geformte Wolke, ein Reflex? Mithilfe seines Fotobearbeitungsprogrammes kann Peiniger die meisten unidentifizierten Dinge schließlich doch identifizieren. Dann ruft er die Leute an, die den Fall gemeldet haben. „Die meisten freuen sich, wenn ich ihnen sagen kann, was wirklich auf ihren Fotos ist.“ Manche aber ärgern sich, glauben ihm nicht. „Die sagen, ich wäre von der CIA gekauft.“
Peiniger: „Mich reizt die detektivische Arbeit“
Wieder andere fälschen bewusst. Peiniger erzählt vom „Fehrenbach-Fall“ aus dem Jahr 1994. Das Foto einer Fliegenden Untertasse, festgehalten von zwei 14-Jährigen aus einem Dorf in Thüringen. Von der Lokalzeitung veröffentlicht, von den Boulevard-Medien in aller Welt bekannt gemacht, „Zweifelsfrei echt“, sagen mehrere „Experten“. Peiniger bleibt skeptisch, auch weil am Abend vor der Sichtung eine große UFO-Doku im Fernsehen gelaufen ist. Der Lüdenscheider glaubt an ein Model. Topfdeckel oder Frisbeescheibe aber sind es nicht. Er streift durch die Spielwarengeschäfte im Sauerland. In einer Ramschkiste wird er fündig. ‚Robo-Saucer‘ heißt das UFO, hat einen Durchmesser von ca. 12 cm und eine Höhe von ca. 6 cm. Er fährt nach Thüringen. Nach 30 Minuten gesteht einer der Jungen. „Sie wollten eigentlich nur ihren Großvater ärgern.“
Selten ist ein Fall so spektakulär, aber das ist Peiniger egal. Er lässt nicht locker. Dass er früher oft belächelt wurde, stört ihn nicht. Es werde ja auch weniger. Seit sich in den USA immer mehr Regierungsorganisationen offiziell mit Unidentified Anomalous Phenomena (UAP) - auf Deutsch etwa: nicht identifizierte anomale Phänomene – beschäftigen, „nimmt man uns auch in Deutschland ernster“. „Wer sich mit Ufos beschäftigt, gilt jetzt nicht automatisch als jemand, der an kleine grüne Männchen.“ Davon ab: „Mich reizt die detektivische Arbeit.“
„Es wäre vermessen zu glauben, dass wir alleine sind“
Löst er den Fall auf jeden Fall. „Nein“, sagt Peiniger. „Etwa fünf Prozent der Sichtungen lassen sich nicht aufklären.“ Also doch UFOs? Peiniger schüttelt den Kopf. Genau da unterscheide sich die GEP von den meisten UFO-Forschern. „Genau das können wir eben nicht sagen. Und wir spekulieren nicht. Es kann ja auch ein natürliches Phänomen sein, das wir nicht kennen. Oder militärische Geheimtechnik, die getestet wird.“ Er sei, sagt Peiniger, mittlerweile „sehr skeptisch“ geworden.
Was nicht bedeutet, dass er nicht an außerirdisches Leben glaubt. „Es wäre ja vermessen zu sagen, dass wir tatsächlich ganz allein im All sind. Ich glaube nur nicht, dass eine außerirdische Zivilisation die technischen Möglichkeiten hat, uns zu besuchen.“ Also keine Aliens auf der Erde? „Kann ich mir nicht vorstellen, dass wir gegenwärtig von Außerirdischen besucht werden. Aber wer weiß, was in 100 Jahren sein wird.“ Andererseits: „Vielleicht ist es ja auch morgen schon so weit.“