Dortmund/Essen/Herne. Halbzeit auf den großen Weihnachtsmärkten im Ruhrgebiet. Wie zufrieden sind die Händler? Und was kaufen die Besucher am liebsten?
Je später der Nachmittag, desto voller ist der Platz um die Riesentanne in der Dortmunder Innenstadt. Gut 20 Meter lang ist die Schlange vor der Mandelbude, auch am Glühweinstand drängen sich die Menschen. „Das Besucherinteresse ist groß“, sagt Patrick Arens, Vorsitzender des Dortmunder Schaustellervereins Rote Erde und einer der Organisatoren der Dortmunder Weihnachtsstadt. „Die Zahlen sind bisher mindestens gleich geblieben“, weiß auch Alex Talash, Sprecher des Cranger Weihnachtszaubers.
Und wer kommt, der will auch essen und trinken. In der Weihnachtsstadt genau wie auf dem Weihnachtszauber oder dem Weihnachtsmarkt in Essen. „Wir sind zufrieden“, sagt Günther Horing, während er in seinem Imbisswagen vor der Reinoldikirche die Bratwürstchen auf dem Rost umdreht. „In den ersten Wochen hatten wir nur einen schlechten Tag.“ Und auch am Glühweinstand nicken sie. „Läuft gut.“
„Kleine Dinge leisten sich die Leute immer noch“
Dafür sorgen an diesem frühen Abend auch Andrea, Tanja, Evelyn, Renate, Iris, Claudia und Stefanie. „Pink Ladies“, nennen die Frauen zwischen 55 und 65 Jahren ihren „Mädelsclub“ und sind sich einig: „Drei Dinge lassen wir uns nicht nehmen.“ Ein Wellness-Wochenende, den gemeinsamen Kurzurlaub im Süden und den Besuch auf dem Weihnachtsmarkt. „Das muss drin sein.“ Inklusive einiger Glühweinchen. Ja, ist nicht ganz billig, „aber soooo teuer auch wieder nicht“.
Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes und Vorsitzender des Schaustellerverbands Essen/Ruhrgebiet, kennt solche Aussagen aus Essen. Die Preiserhöhungen auf den Märkten im Revier seien bei Speisen und Getränken auch sehr gering ausgefallen, denn: „Kleine Dinge leisten sich die Leute immer noch.“ Dazu zähle eben auch der Besuch auf dem Weihnachtsmarkt – oft mehrfach „und sogar bei Regen“. „Das Wetter ist in Dortmund nicht so wichtig“, bestätigt auch Arens. „Der Markt ist ja mitten in der Stadt und in die Stadt kommen die Menschen ohnehin.“
Große Märkte locken viele Touristen
Vor allem, weil man ja in Dortmund mittlerweile „sehr touristisch geprägt“ sei. „Und das touristische Publikum ist mehr so das Erlebnispublikum.“ Viele Lichtinstallationen, der riesige Weihnachtsbaum, „das mögen die Besucher“. Dafür reisen sie aus dem Ausland an. „Die Engländer kehren zurück, aber es kommen mittlerweile auch viele Besucher aus Polen.“ Von den Benelux-Staaten hat Arens da noch gar nicht gesprochen. Auch das kennt Ritter aus Essen. „Vor allem an den Wochenenden wird hier viel Niederländisch gesprochen“, sagt er und weiß auch warum. „Solche Märkte gibt es ja nur in Deutschland.“
Mancher Händler ist trotzdem nicht zufrieden. „Ganz unterschiedlich“, sei die Stimmung, hat Arens festgestellt. „Kerzen, Krippen, festliche Deko, kleine Geschenke gehen gut.“ Zumindest gehen sie nicht schlecht. „Es gibt allerdings noch Luft nach oben“, räumt Momo Kühn ein, die an ihrem Stand „Sternenlichter“-Papierlaternen und spezielle Lichterketten verkauft. „Die Leute achten mittlerweile doch sehr auf den Preis.“
Manche Händler stehen sich die Beine in den Bauch
Vor allem, wenn das Produkt nichts mit dem Fest zu tun hat. Wer Haushaltswaren, Textilien oder Ganzjahresdeko verkauft, steht sich oft die Beine in den Bauch. Ihre Namen wollen die Standbesitzer nicht in der Zeitung lesen, aber im Gespräch räumen sie große Probleme ein. „Tote Hose“, sagt einer, „viele gucken, wenige kaufen“, ein anderer. Und ein Dritter behauptet: „Ich hole kaum meine Miete wieder rein.“ Ähnliche Sätze fallen auch auf den anderen großen Märkten. „Bei vielen Menschen“, ist Weihnachtszaubersprecher Talash überzeugt, „sitzt das Geld dann doch nicht mehr so locker. Sie überlegen sich genau, wofür sie es ausgeben.“
Anja und Claudia, die an diesem Abend aus Iserlohn angereist sind, überlegen weniger, wofür sie es ausgeben, sondern wo. „Wir fahren nicht auf den Weihnachtsmarkt, um einzukaufen“, sagen sie. „Das machen wir bei uns in der Stadt.“ Einen schönen Abend wollen sie verbringen, einen Glühwein trinken und die Stimmung genießen. Ein paar Meter weiter stimmen zwei junge Männer zu. „Wer hat denn schon Bock mit Topf oder Bratpfanne über den Markt zu laufen?“
Noch aber ist nicht aller Tage Abend, denn noch ist nicht Heiligabend. „Die verkaufsstarken Tage“, weiß Arens aus Erfahrung, „die kommen jetzt erst noch.“