Gelsenkirchen. Taylor Swift hat die Veltins-Arena in Gelsenkirchen dreimal ausverkauft – zu hohen Ticket-Preisen. Damit macht sie ordentlich Profit.

Wie viel verdient Taylor Swift auf Schalke? Das ist nicht nur wegen der Dimensionen ihrer Eras-Tournee interessant. Der bestverdienende Superstar der Welt, der vor kurzem sein neues Album veröffentlicht hat, füllt die Veltins-Arena in Gelsenkirchen gleich drei Abende hintereinander in dieser Woche (17./18./19. Juli). Die Höhe der Ticketpreise ist in den USA längst ein Politikum, das zu einer kartellrechtlichen Untersuchung geführt hat. Abgeordnete fordern die Zerschlagung von Monopolen im Ticketmarkt. Ökonomen sprechen wegen des Einflusses ihrer Konzerte auf die lokale Wirtschaft von „Swiftonomics“.

Vorweg: Wie viel genau Taylor Swift an einem bestimmten Abend verdient, wissen wahrscheinlich nur ihre Steuerberater (und selbst die müssten es unter dieser Fragestellung ausrechnen). Aber natürlich kursieren Schätzungen. 13 Millionen Euro soll Taylor Swift pro Abend einnehmen bei ihrer weltweiten „Eras“-Tour mit 151 Shows – das Merchandising nicht inbegriffen. Das haben Wirtschaftsberichterstatter wie Bloomberg und Forbes ausgerechnet, viele andere beziehen sich darauf. Allerdings geht in den Berichten hierzu oft unter, dass damit der Umsatz durch Ticketverkäufe gemeint ist, nicht Swifts persönlicher Gewinn.

Bis zu 641 Euro kosten VIP-Tickets für Taylor Swift in Gelsenkirchen

Die 13 Millionen Umsatz sind plausibel, wenn man sich das Fassungsvermögen der Arenen und die Ticketpreise anschaut. Die Veltins-Arena ist mit ihren potenziell 70.000 Zuschauerplätzen im oberen Mittelfeld einzuordnen. Die Spielstätte in Paris zum Beispiel fasst „nur“ 40.000 Zuschauer, die in Madrid aber 80.000. Wie viele Tickets in welchen Preiskategorien auf Schalke verkauft wurden, ist nicht im Detail bekannt. Die Arena und der Ticketdienst Eventim verweisen auf den Tourveranstalter FKP Scorpio. Dieser schweigt jedoch zu allen Anfragen. Ausverkauft ist die Arena jedenfalls, dreimal.

Sitzplätze kosteten zwischen 102,15 und 240,15 Euro, Stehplätze im Innenraum 125,15 Euro. Für die Bereiche nahe der Bühne, VIP genannt, wurden bis zu 641,50 Euro aufgerufen. Für diese Preisgestaltung zieht Swift viel Kritik auf sich, allerdings ist das etwas ungerecht. Zum Vergleich: Bei den Rolling Stones in Gelsenkirchen kostete 2022 der Stehplatz im Innenraum 113,65 Euro, also nur etwas weniger als bei Taylor Swift. Allerdings sind bei Swift zumindest die hintersten Sitzplätze günstiger. Auch Bruce Springsteen steht in der Kritik, aus Protest haben seine engagiertesten Fans ihr Magazin „Backstreets“ eingestellt. Begründung: Viele Fans könnten sich die (in den USA noch höheren) Konzertpreise nicht leisten und hätten darum auch das Interesse an der Berichterstattung verloren.

Aber wer legt eigentlich die Höhe der Ticketpreise fest? In den USA hat Ticketmaster nach Aufkäufen fast ein Monopol erlangt und ein „dynamisches“ Modell eingeführt, das Ticketpreise je nach Nachfrage festlegte. Da wurden schon mal 5000 Dollar für ein Ticket fällig. Die englische Band „The Cure“ kämpft seit Monaten öffentlichkeitswirksam gegen diese Preispolitik und damit für ihre Fans. In Deutschland allerdings sieht die Lage anders aus. „Die Ticketpreise sind allein Sache des Veranstalters, die jeweilige Veranstaltungslocation hat hierauf keinen Einfluss“, heißt es vom Europäischen Verband der Veranstaltungs-Centren. De facto einigen sich Tourveranstalter und Künstler-Management auf die Preise, wobei im Falle der Top-Verdiener sicher die Künstler das letzte Wort haben.

Swift bestimmt die Ticketpreise selbst

Taylor Swift „ist Multimillionärin oder gar eine Milliardärin“, sagte der Tourveranstalter Berthold Seliger der Abendzeitung München. „Man erwartet, dass das die größte Tour aller Zeiten wird mit über einer Milliarde Dollar Ticketumsätzen – warum kann sie dann nicht günstigere Tickets anbieten für 60 oder 80 Euro für einen Stehplatz und so die Fans fair behandeln?“ Die Superstars könnten sich günstigere Ticketpreise ohne Weiteres erlauben, so Seliger. „Dass sie das nicht tun, bedeutet lediglich, dass sie es nicht wollen. Die Fans sind den Superstars offensichtlich egal, sie wollen auf dem Markt einfach Superprofite erzielen.“ Fair finde er „alles unter 100 Euro“.

Man muss allerdings berücksichtigen: Taylor Swift hätte durchaus deutlich mehr für die Tickets nehmen können (wie in den USA), so gewaltig war die Nachfrage: Knapp drei Millionen „Swifties“, so nennen sich die Fans, wollten die sieben Konzerte in Deutschland sehen und ließen sich für den Vorverkauf registrieren. Nur rund ein Sechstel kam per Losverfahren zum Zug.

Wie viel von den rund 13 Millionen Euro Umsatz gehen nun an Taylor Swift persönlich? Forbes schätzt, dass etwa 27 Prozent bei Taylor Swift landen. Das wären rund 3,5 Millionen Euro pro Abend. Und bei einem dreieinhalb-stündigen Konzert fast 17.000 Euro pro Minute. Dies trifft eine Faustregel der Konzertbranche, nach der rund 60 Prozent des Umsatzes die Kosten des Konzerts decken. Die restlichen 40 Prozent muss sich der Künstler noch mit Tourveranstalter und örtlichen Veranstaltern teilen.

Musikbranche verteidigt steigende TIcketpreise

Taylor Swift surft auf der Welle des Erfolgs.
Taylor Swift surft auf der Welle des Erfolgs. © MONTAGE: LENA Lübner | Fotos: Alamy, dpa 

Allerdings variieren die genauen Zahlen von Fall zu Fall erheblich, erklärt auch Johannes Everke, Geschäftsführer des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft: „In die Kalkulation der Veranstaltenden fallen die Kosten für die Miete der Halle, Versicherungen, GEMA-Gebühren, Personal wie Sicherheitskräfte, Sanitäter und für die Gastronomie, für die Technik und die anschließende Reinigung. Zudem fallen Mehrwertsteuer (7%) und Abgaben an die Künstlersozialkasse (5%) an. Dazu kommen in der Regel Gebühren für Ticketdienstleister, manchmal Kosten für Logistik, Unterbringung oder Teile der Show.“

Die Preiserhöhungen erklärt Everke so: „Durch alle Bereiche sehen wir Kostensteigerungen von rund 30 Prozent.“ Beim Personal seien es sogar 40 Prozent – eine Folgewirkung von Corona. „Damals wanderten aufgrund des kompletten Stillstandes der Konzertbranche reihenweise Arbeits- und Fachkräfte in andere Branchen ab und viele kamen nicht zurück.“ Die Künstlerhonorare seien ebenfalls in Folge von Corona gestiegen, weil damals „die existenzsichernden Einnahmen, die sie über die Live-Auftritte generieren, komplett wegbrachen. Die Folge ist eine Zurückhaltung des Publikums vor allem bei kleineren und mittleren Konzerten oder bei unbekannteren Acts und Nachwuchs.“ Die Superstars aber profitieren.

Blühender Schwarzmarkt und Hackerangriff auf Taylor-Swift-Tickets

Und die Schwarzmarktverkäufer profitieren ebenfalls – trotz aller Bemühungen. Weil die Tickets namentlich registriert sind, können sie zwar nicht einfach weitergegeben werden. Über die zu Eventim gehörende Plattform „Fansale“ aber kann man die Karten zum Originalpreis weitergeben.

Der Trick auf eBay & Co. ist nun das „Vorkaufsrecht“. Zum Beispiel kann man sich für 250 Euro das Recht sichern, im Fansale innerhalb von 48 Stunden exklusiv ein Stehplatzticket für 294 Euro für Taylor Swift zu sichern. Der Schwarzmarktverkäufer wird also 85 Prozent Gewinn machen. Für den Käufer kommt eine Umschreibegebühr hinzu. Macht insgesamt: 554 Euro. Wird sicher weggehen.

Auch vor Hackerangriffen sind die Tickets nicht geschützt: Im Mai verschafften sich Hacker Zugriff auf Eventim-Konten und verkauften Taylor-Swift-Konzerttickets illegal weiter. Eventim unterbrach den Weiterverkauf von „The Eras“-Tour-Tickets und schaltete die Polizei ein.