Bochum. Selbstständig mit Anfang 20 – zwei Bochumer Musikern ist das gelungen. Wie sie aus ihrem Hobby eine Agentur gemacht haben, verraten sie hier.

Daniel Lohmann sitzt am Küchentisch, Christian Ort auf dem Sofa – beide sind in ihre Laptops vertieft. Hier, in Daniels Mannheimer Studentenwohnung recherchieren die beiden Musiker in jeder freien Minute, wie sie ihre Songs bekannter machen können. Fünf Jahre später haben es die beiden geschafft. Aus der kleinen Studentenwohnung in Mannheim ist ein lichtdurchflutetes Büro geworden – über den Dächern der Bochumer Innenstadt. An der Wand steht in schwarzen Buchstaben „BEFORE EIGHT“ – der Name von Daniels und Christians Onlinemarketing-Agentur.

Doch wie kam es dazu? „Vorbereitet haben wir uns darauf eigentlich nicht“, verrät Christian (30). „Viel mehr haben wir Dinge ausprobiert und nach einiger Zeit Geld damit verdient.“ Die Idee, Musik online zu vermarkten, kam aus der eigenen Erfahrung, wie Daniel ergänzt. Als „Naellow“ und „Chris Gold“ produzierten sie eigene Songs und veröffentlichten diese auf Spotify. „Da wir aber völlig unbekannt waren, hat sich die kaum einer angehört“, so der 26-Jährige.

Bochumer Unternehmer verschaffen unbekannten Musikern mehr Reichweite

Die Freunde fingen an, auf Spotify nach beliebten Playlists zu suchen, in die ihre Songs passen könnten. In Facebook-Gruppen bewarben sie ihre Songs, in der Hoffnung in einer der begehrten Playlists zu landen – mit Erfolg. Die Songs bekamen mehr Reichweite, das blieb bei den Studienkollegen und Freunden der beiden nicht unbemerkt. „Mit der Zeit kamen dann Leute auf uns zu und wollten, dass wir auch ihre Songs verbreiten“, sagt Christian. „Quasi wie digitale Marktschreier.“

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Unbekannten Künstlern im Streaming-Zeitalter eine Chance geben, mit ihrer Musik erfolgreich zu werden – das ist die Idee hinter Before Eight. Die beiden vermarkten die Songs ihrer Kunden über geeignete Playlists, schalten Werbung auf YouTube und arbeiten mit Influencern zusammen, die die Songs in ihren Videos verwenden und sie dadurch bekannter machen.

Inzwischen können beide davon leben, Nebenjobs brauchen sie keine. Anstatt ausschließlich Dienstleistungen zu verkaufen, nehmen sie Künstler mittlerweile selbst unter Vertrag und machen diese bekannter. Das Team der beiden Gründer ist seit der Firmengründung vor vier Jahren auf 14 Personen angewachsen.

Before Eight-Gründer: Netzwerktreffen sind für Start-Ups enorm wichtig

Doch bis zum Einzug in das eigene Büro hatten Daniel und Christian auch einige Hürden zu überwinden. Zwar konnten beide während ihres Musikmanagement-Studiums erste Erfahrungen in der Branche sammeln, vieles hätten sie aber auch erst in der Praxis gelernt, wie beide betonen.

Neue Perspektive: Seit einem Jahr haben Daniel (l.) und Christian ein Büro mitten in der Bochumer Innenstadt.
Neue Perspektive: Seit einem Jahr haben Daniel (l.) und Christian ein Büro mitten in der Bochumer Innenstadt. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

„Da war anfangs viel Unsicherheit dabei, wie wir mit unserer Geschäftsidee erfolgreich werden und was wir bei der Firmengründung beachten müssen“, erinnert sich Daniel. „Das Beste, was man in dieser Situation machen kann, ist, auf Netzwerktreffen zu gehen und sich dort mit anderen Gründern auszutauschen“, so der 26-Jährige.

Mittlerweile geben er und Christian auch ihre eigenen Erfahrungen weiter, denn Fragen rund um die Firmengründung gibt es in der Start-Up-Szene genug. Los geht es schon bei der Frage nach der richtigen Rechtsform. Dass diese Entscheidung kompliziert und vor allem teuer werden kann, mussten die Before Eight-Gründer selbst erfahren.

Firmengründung wurde für die Freunde zur Kostenfalle

Als die Firma immer weiter wuchs, wollten die Freunde aus ihrer ursprünglich angemeldeten GbR eine GmbH machen. Geplante Kosten: eine niedrige vierstellige Summe. Sie holten sich Unterstützung bei einem Berater. Und aus der vierstelligen Summe wurde eine fünfstellige – nicht zuletzt durch die fälligen Beraterhonorare. Für die beiden dank ihrer Einnahmen zwar bezahlbar, aber mit viel Stress verbunden. „Wir haben uns Unterstützung geholt, aber die Beratungstermine haben bei uns eher für Verwirrung gesorgt, als dass sie uns geholfen hätten.“

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Kein Fehler des Beraters, sondern eine Typfrage, wie Daniel ergänzt. „Man muss einen Berater finden, mit dem man auf einer Wellenlänge ist“, sagt er. „Manchen hilft jemand, der vor allem die Risiken aufzeigt, andere brauchen jemanden, der eher lösungsorientiert spricht. Da muss man auf sein Bauchgefühl vertrauen und sich im Zweifelsfall nicht scheuen, den Berater zu wechseln.“

Doch auch nach der erfolgreichen Umfirmierung lief nicht gleich alles reibungslos, wie beide gestehen. In die Rolle der Geschäftspartner mussten die Freunde erst hineinwachsen. „Wir sind einfach unterschiedliche Typen“, sagt Christian. Der 30-Jährige arbeitet gerne kreativ, ist visionär und dafür auch bereit ins Risiko zu gehen. Daniel ist mehr auf Sicherheit bedacht und übernimmt strukturelle Aufgaben. Das sorgt hin und wieder für Konflikte.

Berufliche Entscheidungen sorgen unter den Freunden mitunter für Konflikte

„Da haben wir unsere Kommunikation über die Jahre optimiert“, sagt Daniel. „Man muss sich selbst in seiner Art reflektieren und auch ein Stück weit Spaß am Fehler machen haben.“ Und Christian ergänzt: „Und sich bewusst machen, dass jeder von uns nur das Beste für die Firma will. Inzwischen äußern wir Kritik ganz offen, ohne dass der andere es einem übel nimmt.“

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Für Leute, die sich ebenfalls mit ihrer eigenen Geschäftsidee selbstständig machen wollen, hat Daniel einen Tipp. Wichtig sei es, sich zu Beginn auf das Wesentliche zu konzentrieren – ein Produkt zu haben, das man verkaufen kann. „Man muss nicht gleich ein Tool zur Arbeitszeiterfassung haben, nur weil man einen einzelnen Werkstudenten beschäftigt, das kommt später“, so Daniel.

Dass bei aller Motivation aber auch ein Startkapital dazugehört, wollen beide nicht verschweigen. „Wir hatten das Glück, dass unsere Eltern uns im Studium finanziell unterstützen konnten, was nicht selbstverständlich ist“, betont Daniel. 2.000-3.000 Euro steckten beide anfangs im ersten Jahr in ihre Firma.

Diesen Tipp geben die Bochumer anderen Gründern

Doch wie schafft man es, mit der eigenen Geschäftsidee dann auch erfolgreich zu werden? Bevor man das Produkt auf den Markt bringt, so viel wie möglich mit Leuten aus der gewünschten Zielgruppe sprechen, sagt Daniel. „Was wollen meine Kunden und was bietet ihnen mein Produkt? Diese Fragen sollte man möglichst vielen potenziellen Kunden stellen, bevor man viel Geld investiert, letztendlich aber die Bedürfnisse der Zielgruppe verfehlt.“ Lieber mit kleinem Budget testen und dann erst investieren, ist sein Rat.

Christian und Daniel haben diese Phasen längst hinter sich. Doch wieso eigentlich BEFORE EIGHT? Der Firmenname geht auf Daniels Adresse in Mannheim zurück – B4, Hausnummer 8. Ihre Anfänge am Küchentisch haben die beiden eben nicht vergessen.