Hamm. Der Umbau des Kinos in Hamm förderte die Geldbörse wieder zu Tage. Via Facebook suchte das Kino den Besitzer. Worauf der sich nun freuen darf.
Sie haben den Schatz nicht gesucht, aber trotzdem gefunden: In der Ritze zwischen zwei alten Kinostühlen in Hamm steckte eine Geldbörse – 23 Jahre lang. Bei Umbauten wurde das Portemonnaie nun entdeckt; es steckten noch Pfennige darin, Groschen und der verblichene Jugendschwimmpass von „Daniel“. Via Facebook suchte das „Cineplex“ erfolgreich nach dem Besitzer. Der war damals elf.
So viel Marketing war nie: Mehr als 8100-mal wurde der Post bis Montagmittag geteilt. „Fundstück“ schrieb die Tochter vom Kinochef darüber und darunter einen netten Brief. „Lieber Daniel, wenn du dieses Portmonee wiedererkennst und dich als Besitzer ausweisen kannst, laden wir dich herzlich zur Neueröffnung zu uns ins Kino ein, damit das Fundstück nach 23 Jahren wieder zu seinem Besitzer zurück kehren kann.“
Zwischen den alten Sesseln steckte die blaue Börse
Die Geschichte hinter der Geschichte geht so, und ist tatsächlich historisch: Zwei Wochen lang wird das Cineplex-Kino in Hamm renoviert, 1250 Plätze in sieben Sälen, zweieinhalb Millionen Euro stecken die privaten Besitzer hinein. Das kommt, weil vor 25 Jahren das neuerbaute Haus neben den alteingesessenen Kinos „Atrium“ und „Kristallpalast“ einfach nicht bestehen konnte. Der große Bruder „Cinemaxx“ verpachtete das Multiplex, versuchte es nach 20 Jahren erneut, hat inzwischen verkauft. „Nun bleibt es Cineplex für immer“, sagt Theaterleiter Carsten Dunke.
Und wird runderneuert. Bessere Technik, neue, schicke Sessel… Und hier kommt das Portemonnaie ins Spiel. Beim Ausbau der alten, roten Stühle in den ersten drei Reihen fand jemand die blaue Börse aus Kunststoff und trug es zum Haustechniker. Ein bisschen peinlich war Dunke die Sache schon: „Haben wir denn nie richtig geputzt?“, das war seine erste Frage. Aber Daniel, am Montag glücklich gefunden, erzählt die Sache heute so: Er merkte damals gleich nach dem Abspann, dass das Portemonnaie weg war, lief zurück zu seinem Platz, aber konnte es nicht finden. Am nächsten Tag fragte der Junge noch einmal nach: nichts.
Man kann sich vorstellen, was der Verlust für ihn bedeutete: eine kleine Menge Groschen, Pfennige, 50-Pfennig-Stücke – wahrscheinlich das Taschengeld eines Elfjährigen oder das, was davon nach einem Kinobesuch übrig blieb. „Für 50 Pfennige“, sagt Carsten Dunke, „gibt es heute nicht einmal mehr ein Brötchen.“ Der Schwimmpass steckte noch darin, zwei Lottokarten der Eltern, ein Gewerkschafts-Kalender von 2000, dazu Pokémon-Karten. Es lief damals „Pokémon 2 – Der Film“, vielleicht hat Daniel den gesehen. Es gab auch „Mission Impossible 2“, „Was Frauen wollen“ oder „Cast away“, aber die waren eher nichts für Kinder. Guckte Daniel also „Dinosaurier“, „The Kid“ oder „102 Dalmatiner“? Er weiß es nicht mehr.
Kalender von 2000 verrät das Jahr des Verlusts
Mehr als 500 Menschen kommentierten am vergangenen Wochenende den Post, die meisten halfen beim Suchen. Theaterleiter Carsten Dunke kann es immer noch nicht glauben, gelesen hätten die Geschichte womöglich mehr als eine Million Menschen, so viel Resonanz hatte sein Haus noch nie. Und nach zwei Tagen meldete sich tatsächlich Daniel. Der ist heute 34 Jahre alt und, na ja, nicht mehr erleichtert nach all der Zeit, aber doch erfreut. Zur Wieder-Eröffnung in der nächsten Woche will er kommen. Aus eigener Tasche zahlen muss er diesmal nicht.