Essen. Der Kostümverkauf zu Karneval läuft in NRW auf Hochtouren. Doch manche Kostüme sind ungern gesehen, bei anderen drohen Strafen bis 10.000 Euro.
Nach drei Jahren Corona-Pause ziehen wieder Cowboys, Astronauten und Teufel gemeinsam durch die Straßen in NRW. Die Karnevalssession 2023 ist in vollem Gange, doch nicht alle Kostüme sind unter den Narren gerngesehen. Welche Trends es dieses Jahr gibt, warum manche Verkleidungen für Kritik sorgen und wann sogar hohe Strafen drohen.
Mit 5000 neue Kostümartikeln im Sortiment läuft der Verkauf im Karnevalsladen „Deiters“ seit Wochen auf Hochtouren. Dieses Jahr besonders beliebt: Verkleidungen zum Thema „Herz“, beispielsweise Herzprinzen oder Amor mit Pfeil und Bogen, wie Inhaber Herbert Geiss erzählt. „Außerdem verkleiden sich die Karnevalisten immer häufiger als Süßigkeiten – besonders gut verkaufen sich Ahoj-Brause- und Kinderschokobons-Kostüme.“
Karnevalskostüme zu Filmen und Serien meist nur eine Saison lang beliebt
Seit Jahren beliebt sind Verkleidungen zu aktuellen Filmen und Serien. Diese verkaufen sich jedoch meist nur eine Saison lang gut, bis der nächste Trend vor der Tür steht. Sarah Kierstein, Filialleiterin des Karnevalswierts in Essen, erklärt: „Vor der Coronapandemie waren Kostüme aus den Netflixserien „Haus des Geldes“ oder „Squid Game“ sehr beliebt. Heute fragt da kaum noch jemand nach.“
Stattdessen ist die Netflixserie „Wednesday“ stark im Trend. Geiss ist sich sicher: Als Hauptcharakter „Wednesday Addams“ werden in diesem Jahr zahlreiche Menschen in schwarzem Kleid mit weißem Kragen und einer schwarzen Perücke mit geflochtenen Zöpfen unterwegs sein. Auch blaue Avatar-Kostüme seien beliebt.
Hitzige Debatte um Indianer-Kostüme und kulturelle Aneignung
Doch es gibt auch Verkleidungen, die seit einigen Jahren immer stärker diskutiert werden, zum Beispiel Indianer-Kostüme. Die Frage kommt auf, ob es noch zeitgemäß ist, sich als Winnetou zu verkleiden – oder ist das schon „kulturelle Aneignung“? Denn: Viele Minderheiten, zu denen auch indigene Völker gehören, kritisieren die Übernahme kultureller Praktiken als Diebstahl. Traditionelle Indianer-Gewänder aus Spaß-Zwecken an Karneval anzuziehen, halten sie deshalb für unangebracht.
Besonders in sozialen Medien gibt es hitzige Diskussionen zum Thema. Die einen finden es gut, dass heutzutage so manches Kostüm hinterfragt wird und die Gefühle von Minderheiten berücksichtigt werden. Zu ihnen gehört auch Michaela Meier, die auf Facebook kommentiert: „Als ich vor ein paar Jahren meine „Karnevalsabteilung“ aufgeräumt habe, kam mir der Gedanke „Wie konnte ich mich mal so verkleiden?“ Heute sei sie froh, dazu lernen und reflektieren zu können.
Indianer-Kostüme bleiben im Sortiment – aber werden weniger verkauft
Viele andere Menschen fordern stattdessen mehr Gelassenheit, so auch Deiters-Inhaber Geiss. Er kann die Kontroverse nicht nachvollziehen: „Unsere Kunden verkleiden sich nicht als Indianer, um sich darüber lustig zu machen. Sie sehen hier vielmehr Helden aus Filmen und Geschichten und wollen diese würdigen – ganz ohne rassistische Hintergedanken.“
Aus diesem Grund sind die Kostüme bei Deiters und vielen anderen Karnevalsgeschäften auch weiterhin im Sortiment – und sollen auch erstmal dort bleiben. Die Diskussionen um kulturelle Aneignung geht jedoch nicht spurlos an ihnen vorbei. „Wir merken schon, dass weniger Menschen Indianer-Kostüme kaufen, als noch vor ein paar Jahren“, erzählt Kierstein vom Karnevalswierts.
Bei rechtsextremistische Kostümen drohen hohe Geld- oder Freiheitsstrafen
Während über manche Bekleidungen hitzig diskutiert wird, stehen andere sogar unter Strafe. So sind Kostüme mit rechtsextremistischem Hintergrund verboten, dazu zählen Symbole wie das Hakenkreuz oder die SS-Rune. Wer diese trägt oder verbreitet, macht sich der Volksverhetzung schuldig. Ebenfalls verboten sind weiße Roben und Mützen des Ku-Klux-Klans. Wer damit erwischt wird, dem drohen Geld- oder sogar Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren.
Auch wer sich als Polizist in Uniform und mit Waffe verkleiden möchte, sollte vorsichtig sein. Das Kostüm muss sich klar von echten Uniformen unterscheiden, sonst könnte dies als Amtsanmaßung gewertet werden. Zudem rät die Polizei Essen dringend dazu, auf Waffenattrappen zu verzichten.
Bettina Wehram, Sprecherin der Polizei, erklärt: „Wer eine unechte Waffe bei sich führt, verunsichert seine Mitmenschen unnötig und riskiert Kontrollen durch unsere Beamten. Die Leute tun sich selbst keinen Gefallen.“ Karnevalisten, die dennoch mit Waffenattrappen unterwegs sind, riskieren bis zu 10.000 Euro Bußgeld. In Essen sei es in den vergangenen Jahren jedoch nicht vermehrt zu Problemen durch verbotene Kostüme oder Waffen gekommen.