Essen. Experten warnen: Auch im Winter können Zecken stechen. Wo und wann Sie vorsichtig sein sollten. Und warum im Sommer eine echte Zeckenplage droht.

Gerade ist es draußen kalt und nass, doch der nächste Frühling kommt bestimmt. Die Zecken sind sogar schon da. Warum die Zahl der kleinen Blutsauger 2023 so groß wie lange nicht mehr werden könnte. Und warum Sie auch im Winter nicht sicher vor Zecken sind.

Warum könnte es 2023 mehr Zecken als üblich geben?

Weil das Jahr 2022 insgesamt sehr warm war. Und weil der Winter lange Zeit sehr mild war und erst im Dezember erstmals kurz von einer Kaltphase unterbrochen wurde. Dazu kamen noch die häufigen Niederschläge der vergangenen Wochen, so dass die für Zecken idealen feucht-milden Lebensbedingungen entstehen konnten.

Gibt es bereits erste Anzeichen?

Ja, sagt etwa Karsten Brandt, Chef-Meteorologe beim Internetdienst donnerwetter.de in Bonn. Dort sucht man zum Jahreswechsel immer nach Zecken. Normalerweise, so Brandt, sei es Mitte Januar noch ruhig im Unterholz und von Zeckenaktivität nicht zu sehen. Doch bei den genormten Zählungen in diesem Jahr fanden die Meteorologen statt null schon fünf Exemplare innerhalb von 15 Minuten. „Für diese frühe Zeit des Jahres eine extrem hohe Zahl“, sagt Brandt.

Im Sommer 2023 und 2024 drohen Zeckenplagen.
Im Sommer 2023 und 2024 drohen Zeckenplagen. © Getty Images/iStockphoto | RolfAasa

Sind Experten von dieser Entwicklung überrascht?

Nein. Schon lange ist bekannt, dass Zecken äußerst widerstandsfähige Kreaturen sind. Die Universität Hohenheim stellte nach einer Studie bereits vor Jahren klar: „Der Klimawandel hat die Zecke in Deutschland zu einem quasi ganzjährig aktiven Tier gemacht.“ Und Wissenschaftler an der Universität Düsseldorf bestätigen: „Nur lange, schwere Fröste, bei denen der Boden über 20 Zentimeter durchfriert, haben einen Einfluss auf die Zeckenpopulation.“ Das sei in Deutschland in einem normalen Winter allerdings selten der Fall.

Wo sind die Zecken denn im Winter?

Sie suchen vor allem in Nestern von Mäusen, der Laubstreu aber auch in Maulwurfsbauten oder Fuchshöhlen Schutz vor der Kälte. Eine geschlossene Schneedecke wirkt dort sogar isolierend. Liegen die Temperaturen längere Zeit über sieben Grad, fangen die Zecken dann wieder an zu krabbeln.

Aber doch nur im Wald, oder?

Ein weit verbreiteter Irrtum. Menschen wähnten sich in einer „trügerischen Sicherheit“, hat die Professorin Ute Mackenstedt bei der Vorstellung der Hohenheimer Studie gesagt. „Wer aus der Haustür tritt, steht im Lebensraum der Zecken“, sagte sie. In 60 Prozent aller Gärten, die die man auf Zecken untersucht habe, sei man fündig geworden. Auch an Waldrändern, rund um Seen und Flüsse oder auf Spielplätzen, warnen Ärzte, sind die Sauger heimisch.

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Ist es unter Bäumen besonders wahrscheinlich von einer Zecke gebissen zu werden?

Noch ein Mythos. Zecken können nicht springen und lassen sich auch nicht von Bäumen fallen. Die meisten Zecken warten in einer Höhe von weniger als einem Meter, häufig sogar nur zwischen zehn und 50 cm über dem Boden, sagt das Robert Koch Institut (RKI) Dort harren sie aus, bis ein passendes Opfer vorbeikommt und sie unbemerkt abstreift. Und Zecken beißen nicht, sie stechen.

Sind Zeckenbisse im Winter ebenso gefährlich wie im Sommer?

Die Zecken an sich sind für den Menschen nicht gefährlich. Gefährlich können im Winter wie im Sommer die Krankheitserreger sein, die durch den Zeckenstich übertragen werden. Laut RKI infizieren sich etwa zwei bis sechs Prozent der Menschen in Deutschland, die von einer Zecke gestochen wurden, mit Borrelien. Weitaus seltener sind Zecken mit FSME-Viren befallen. Zecken, die das FSME-Virus übertragen, sind hauptsächlich in Süddeutschland aktiv. Allerdings beobachtet man in den letzten Jahren eine Ausweitung der Risikogebiete in Richtung Norden. In NRW gilt etwa Solingen als solch ein Risikogebiet.

Im Winter trage ich doch dicke Kleidung. Schützt die mich nicht?

Doch, das tut sie. Wenn Sie aber Hund oder Katze besitzen, die durch das Gebüsch streifen, können sie sich die Zecken auch im Winter ins Haus holen. Und da tragen Sie keine dicke Kleidung mehr.

Mit einer Pinzette lassen sich Zecken gut entfernen.
Mit einer Pinzette lassen sich Zecken gut entfernen. © ZB | Patrick Pleul

Ich habe eine Zecke. Was soll ich nun tun?

Die Zecke so bald wie möglich entfernen, rät das RKI. Entweder mit einer Pinzette oder einem speziellen Zeckenentfernungsinstrument. Greifen Sie nahe der Hautoberfläche, also an den Mundwerkzeugen der Zecke – niemals am vollgesogenen Körper. Ziehen sie langsam und gerade aus der Haut. Nicht drehen, Zecken haben kein Gewinde. Und entgegen anders lautenden Gerüchten, sollten die die Zecke auf keinen Fall vor dem Entfernen mit Öl oder Klebstoff beträufeln. Das würde sie unnötig reizen und könnte dazu führen, dass sie ihren Speichel und somit mögliche Infektionserreger abgibt. Nach Entfernung der Zecke ist eine sorgfältige Desinfektion der Wunde empfohlen.

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Wird die Zeckenplage von Jahr zu Jahr größer?

Zumindest 2024 könnte die Zahl der kleinen Blutsauger noch einmal steigen. „2022 war ein sogenanntes Mastjahr der Buche, also eines der Jahre, in denen die Bäume besonders viele Früchte tragen“, erklärt Meteorologe Karsten Brandt. Durch die hohe Anzahl von Bucheckern können sich mehr Wild- und Nagetiere satt fressen. Und mit ihnen kommen die Zecken nun deutlich leichter und häufiger in den Genuss einer Blutmahlzeit und können gestärkt und in größerer Zahl in die kalte Jahreszeit gehen. Brandt: „Wie in den vergangenen Jahren beobachtet, ist zwei Jahre nach einem Mastjahr mit einem deutlichen Anstieg der Zeckenzahlen zu rechnen.“