Dortmund/Duisburg. Futter, Energie und der Tierarzt. Alles wird teurer. Für viele Tierheime in der Region wird es eng. Für manchen Hunde- und Katzenbesitzer auch.
Futter, Energie, Tierarzt – alles wird teurer. Kein Wunder, dass es langsam eng wird in den Tierheimen und bei den -Tafeln der Region. Nicht nur räumlich, auch finanziell. „Die Sorgen werden immer größer“, hat Karola Gaidis, Mitarbeiterin der Tiertafel des Tierschutzverein Groß-Dortmund schon seit Wochen nach Gesprächen mit Besuchern festgestellt. Knapp 60 Hunde und rund 160 Katzen versorgt die Tafel derzeit. Dafür reichen die Spenden, die eingehen, nicht mehr aus. „Wir müssen dazukaufen.“
20 Leute auf der Warteliste
Aber auch dafür sind die Mittel begrenzt. Neue Kundschaft kann deshalb derzeit nicht aufgenommen werden. „Zwanzig Leute stehen auf der Warteliste.“ Nachrücken können sie nur, wenn einer aus der Stammkundschaft wegzieht oder sein Tier stirbt. Manchmal erfahren sie an der Tafel davon, manchmal nicht. Deshalb gilt: „Wer dreimal nicht zur Futterausgabe erscheint, der fliegt.“
Ohne echten Grund aber lässt kaum jemand einen Öffnungstermin der Tafel verstreichen. Im Gegenteil. „Die meisten unserer Kunden tun alles für ihre Tiere“, sagt Gaidis. „Eher verzichten sie selbst aufs Essen, als dass ihr Tier hungert.“
Nils Bettinger in Castrop-Rauxel kennt solche Menschen. Sie kommen nämlich auch zur Tafel des Vereins „Team für Tiere“, dessen 1. Vorsitzender Bettinger ist. „Genauer gesagt, sie kommen zurück“, erklärt Bettinger. Langjährige Kundschaft, die im Frühjahr und Sommer ausblieb und ihre Tiere ohne Hilfe versorgen konnte, steht nun wieder vor der Tür. Vom Verein bekommen sie Unterstützung so gut es geht. Zurzeit geht es besser, als erwartet. „Wir haben eine große Welle der Unterstützung erfahren“, sagt Bettinger. Deshalb kann das Team für Tiere oft helfen, wenn es an Futter fehlt.
Neue Gebührenordnung seit November
Auch interessant
Bleibt der Tierarztbesuch. Seit am 22. November die für viele Experten längst überfällige Änderung der Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte (GOT) in Kraft getreten ist, sind viele Untersuchungen deutlich teurer geworden. Die Impfung für Hund oder Katze kostet nun 11,50 Euro statt bislang 5,77 Euro.
Das ist auf den ersten Blick nicht viel, ist aber nur der Tarif für den eigentlichen Impfvorgang. Weil sie aber nur nach einer Allgemeinuntersuchung verabreicht werden darf und Dinge wie der Impfstoff selbst und andere Materialien hinzukommen, kann die Rechnung auch schon mal dreistellig ausfallen. Menschen mit weniger Geld könnten deshalb auf den eigentlich nötigen Tierarztbesuch verzichten oder Hund und Katze im Heim abgeben, fürchten Tierschützer.
„Voll ist es immer um diese Jahreszeit“
„Das ist für manche Menschen schon eine knackige Erhöhung“, räumt Ralf Unna, Tierarzt in Köln und Vizepräsident des Landestierschutzverbandes NRW ein. Spürbar ruhiger sei es in seiner Praxis allerdings bisher nicht geworden. „Das muss aber nichts heißen“, sagt er. Unna praktiziert im Kölner Süden, der zum besseren Teil der Domstadt zählt. „Das kann sich in anderen Stadtteilen oder Städten ganz anders entwickeln.“
Auch interessant
Tut es schon. Bisher könne er keine großen Veränderungen feststellen, sagt etwa Max Schauerte, stellvertretender Leiter des Tierschutzzentrums Dortmund. Natürlich sei es nicht leer im Zentrum, „aber voll ist es immer um diese Zeit“. Es sei jedenfalls bisher nicht vorgekommen, dass Tiere abgegeben werden, weil ihre Besitzer nicht mehr genug Geld haben, um sie zu versorgen.
Duisburger Tierheim: „Wir sind verzweifelt“
Ganz anders sieht es dagegen im Duisburger Tierheim aus. Der erhöhte Mindestlohn, explodierende Kosten sowohl für Katzen- wie für Kleintierstreu als auch für Energie – „so etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt Leiter Lutz Kaczmarsch. „Wir sind verzweifelt.“
Entspannung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Die ersten Tierarztrechnungen nach der neuen GOT hat das Heim bereits bekommen. Es wird heftig“, sagt der Tierheimleiter. Auch weil es voller wird im Heim. „Vor allem ältere Menschen geben ihr Tier immer öfter bei uns ab, weil ihnen das Geld ausgeht.“ Abgänge aus dem Heim gibt es dagegen laut Kaczmarsch kaum. „Tiere zu vermitteln wird immer schwieriger.“ Vor allem Problemhunde hätten keine Chance mehr. „Die will keiner haben.“
Erschwerend hinzu kommt laut Kaczmarsch, dass die Pauschalen, die die Kommunen pro Fund- oder Sicherungstier zahlen, längst nicht mehr ausreichen. Ihre Höhe „wird in jeder Kommune einzeln ausgehandelt und ist vielerorts zu niedrig“, bestätigt Ralf Unna. Da müsse neu verhandelt werden, sagt Kacz-marsch, hat aber noch eine andere Idee. „Würde man 50 Prozent der Hundesteuer auf die Tierheime umlegen, könnten wir eine ganze Zeit überbrücken.“
Die große Not der Tierhalter aber würde das kaum lindern. „Das ist eine ganz schlimme Entwicklung“, sagt Kaczmarsch. „Wenn ein Haustier für viele zum Luxus wird, dann läuft etwas ganz schön schief bei uns.“