Dortmund. Weil künstliches Tropenklima im Ruhrgebiet zu teuer geworden ist, muss das Amazonas-Haus im Dortmunder Zoo schließen. 150 Tiere ziehen um.

Der Brauen-Glattstirnkaiman hat es gern muckelig, der Kaiserschnurrbarttamarin auch. Aber warme Füße sind teuer geworden in diesen Zeiten, Tropenklima an der Ruhr kaum mehr zu bezahlen. „Völlig unwirtschaftlich“, hat der Krisenstab der Stadt Dortmund nun beschlossen: Das Amazonas-Haus im Zoo schließt. Zum Jahresende gehen Licht und Wärmelampen aus.

Das Zweifingerfaultier Lenta ist schon umgezogen: Die Dame brachte man fast 800 Kilometer gen Osten, sie lebt jetzt im Zoo von Breslau, polnisch Wroclaw. Auch andere Kleintiere sind bereits in anderen Tierparks in Europa untergebracht; ihr Umzug wird organisiert im Rahmen verschiedener Europäischer Erhaltungszuchtprogramme.

Das Amazonas-Haus im Zoo Dortmund schließt.
Das Amazonas-Haus im Zoo Dortmund schließt. © Zoo Dortmund/Marcel Stawinoga

Besucher indes hatten die 150 Südamerikaner im Dortmunder Zoo schon lange nicht mehr gesehen: Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat das Amazonas-Haus geschlossen. Anfangs durfte keins der Tierhäuser betreten werden, nach dem Ende der Lockdowns blieb das Glashaus trotzdem dicht – zu groß war die Ansteckungsgefahr für all die kleinen Affen, darunter die Zwergseidenäffchen. Und zu lüften sind die „Tropen“ kaum, der kalte Winter muss draußen bleiben, weil er die Tiere gefährden würde.

Schildkröten und Seidenäffchen ziehen um

Die Tiere waren also seit zweieinhalb Jahren unter sich. Fische, Amphibien, Reptilien schwammen dort im „Amazonas“ und seinen Nebenflüssen, früher konnten Besucher dort gefühlt tauchen durch die Unterwasserwelt. Darüber lagen Waldschildkröten, Große Anakondas und eben die Kaimane in der künstlichen Sonne. In der obersten Etage turnten die kleinen Affen durch die Zweige tropischer Büsche und Bäume. Seit der Eröffnung 1992 lebten die 35 Arten genau 30 Jahre bei immer deutlich mehr als 20 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit.

Alle müssen raus: Auch die Zwergseidenäffchen werden wohl in andere Zoos umziehen müssen.
Alle müssen raus: Auch die Zwergseidenäffchen werden wohl in andere Zoos umziehen müssen. © picture alliance / imageBROKER | Jürgen & Christine Sohns

Vorbei. Der Energieverbrauch sei „unzeitgemäß“, entschied der Krisenstab in Dortmund jetzt: Er lag 2019, als das Amazonas-Haus zuletzt für Besucher geöffnet war, bei 175.000 Kilowattstunden Strom und 420.000 Kilowattstunden Gas. Das ist mehr als Drittel des Gesamtbedarfs an Energie im ganzen Zoo, wo mehr als das Zehnfache an Tieren auf bald 30 Hektar Fläche zu beobachten ist.

Die Kaiserschnurrbarttamarine haben schon seit dem Beginn der Corona-Pandemie keine Besucher mehr gesehen. Die Ansteckungsgefahr ist zu groß.
Die Kaiserschnurrbarttamarine haben schon seit dem Beginn der Corona-Pandemie keine Besucher mehr gesehen. Die Ansteckungsgefahr ist zu groß. © imago classic

Tropenhaus müsste saniert werden

Schuld hat daran auch das Alter des stark renovierungsbedürftigen Gebäudes: Heizungs- und Lüftungsanlage waren häufig defekt, die Baukonstruktion schlecht isoliert, die Fenster veraltet. Eigentlich sollte das Amazonas-Haus bis zum Bau eines neuen Tropenhauses weiterbetrieben und dafür übergangsweise ertüchtigt werden. Dem schoben die Verantwortlichen nun einen Riegel vor. „Die Energiekrise“, heißt es von der Stadt, und die Notwendigkeit zu sparen „führten zu dem Entschluss, das Haus … schnellstmöglich komplett zu schließen“. Eine energetische Sanierung rechne sich nicht.

Langfristig soll zwar ein neues Tropenhaus entstehen. Aber erst einmal müssen alle Tiere raus, Stichtag ist der 31. Dezember. Welche Arten möglicherweise nur innerhalb des Zoos umziehen und nicht in andere Tierparks, will die Stadt erst später sagen. Bekannt ist bislang nur: Kaiserschnurrbarttamarin André darf voraussichtlich in Dortmund bleiben.