Bochum/Dortmund/Gelsenkirchen. Dazn. Sky, Amazon und RTL+. Wer in seinem Lokal Fußball zeigen will, hat es mit immer mehr Anbietern zu tun. Lohnen sich all die Abos überhaupt?
Abpfiff für den Anpfiff. Immer mehr Wirte in NRW streichen TV-Übertragungen der Fußball-Bundesliga oder Champions-League, andere überlegen noch. „Es ist zu teuer geworden“, sagen sie und klagen über die Aufsplitterung des Angebotes, seit sich mit Sky, DAZN, Amazon und RTL+ mittlerweile vier Anbieter die Rechte teilen.
Auf der Internetseite, auf der Dazn sein Angebot für Gastronomen anbietet, ist die Wirte-Welt noch in Ordnung. „Wenn bei dir live der Ball rollt, ist dein Laden im Nu voll. Die Fans, die mit ihrem Team mitfiebern, sorgen dabei für berauschende Umsätze“, steht da zu lesen. Mit der Wirklichkeit jedoch hat das allerdings wenig zu tun.
Sportbars müssen tief in die Tasche greifen
Lohnt es sich für einen Wirt noch, Fußballspiele aus dem Pay-TV zu zeigen? „Kommt darauf an“, sagt Christian Bickelbacher, Betreiber der Three Sixty Sportbars unter anderem in Oberhausen und Bochum. „Für uns ist das natürlich unverzichtbar.“ Aber teuer. Mehr als 2000 Euro zahlt Bickelbacher, um immer am Ball zu sein – pro Monat versteht sich. Das lässt sich nicht auf andere Kneipen und Bars übertragen, schon weil Sky ein Abosystem hat, das neben der räumlichen Größe eines Betriebes auch die Kaufkraft, Sportaffinität und Bevölkerungsdichte am Standort berücksichtigt. Trotzdem ahnt der Bochumer: „Für die kleine Kneipe an der Ecke könnte Pay-TV zu teuer geworden sein.“
Denn wo früher alles aus einer Hand kam, muss man nun mehrere Anbieter buchen, um alles zeigen zu können. Allein für die Bundesliga braucht es zwei Verträge. Einen für Sky, das die Samstagspiele zeigt, und einen zweiten für Dazn, wo die Spiele am Freitagabend und am Sonntag zu sehen sind. Dort läuft auch die UEFA Champions League – mit Ausnahme eines Spiels am Dienstagabend, für das Amazon Prime die Rechte hat. Und wer die Spiele der Euroleague sehen will, muss noch RTL+ empfangen können und bezahlen wollen. Immerhin: Es gibt Kooperationen. Wer Sky hat, darf auch die Begegnung auf Amazon Prime zeigen. Dazn-Gastro-Kunden können EFA Europa League sowie UEFA Europa Conference League auf RTL+ zeigen.
„Das ist schon lange nur noch wie Geld wechseln.“
Trotzdem geht die Sache ins Geld. Gewinn durch Fußballübertragungen? Ulf Zimmermann, seit 17 Jahren Wirt in der Friesenstube in Gelsenkirchen, muss lachen. „Das ist schon lange nur noch wie Geld wechseln.“ 1000 Euro pro Monat zahlt er für das Komplettangebot. Klar, wenn Schalke spielt, dann steht die Kundschaft manchmal bis draußen vor der Tür.
Aber sonst? Augsburg gegen Hoffenheim am Sonntagabend – „dafür kommt hier kein Mensch.“ Aber er hat ja keine Wahl. „Wir können nicht ohne.“ Nicht hier in Gelsenkirchen. „Machen wir es nicht, kommen die Gäste nicht. Und wenn ein Laden einmal leer, ist, wer weiß, ob er wieder voll wird.“
Spiele am Sonntag sind meist uninteressant
Jörg Kemper, Wirt vom „Wenkers am Markt“ in Dortmund, wusste das auch nicht. Aber er hat es trotzdem gewagt, auf Dazn zu verzichten. Noch ein Pay-TV-Abo, sagt Kemper, sei „betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll“ gewesen. Vor allem bei den Spielen am Sonntag, an dem zurzeit ohnehin geschlossen ist, weil der Gastronom seinem Personal mehr Erholung gönnen will. „Das Weihnachtsgeschäft steht ja vor der Tür.“ Aber auch am Freitag lohnt sich die TV-Übertragung nicht. Erst recht nicht, wenn Dortmund gar nicht auf dem Platz steht. „Alles andere interessiert die Fans kaum.“ Auf die Champions-League allerdings muss er in dieser Saison auch verzichten. Natürlich hat er den Kunden die Situation erklärt. „Die meisten verstehen meine Entscheidung.“ Hauptsache am Samstag um 15.30 Uhr rollt der Ball. „Da bleiben wir auch bei.“
Selbst dort, wo das volle Sportprogramm gezeigt wird, ist der Andrang noch nicht wieder so groß wie vor der Pandemie. „Private Public Viewing“ nennt Bickelbacher, was vielen Wirten Sorge macht. Große Bildschirme oder Beamer, im Preis längst erschwinglich, wurden im Lockdown in Kellerbars oder ausgeräumten Garagen angeschlossen, um heimlich in größerer Runde beim Kasten Bier Fußball zu gucken. „Viele machen das immer noch“, weiß der Gastronom. Und sie fehlen als Kundschaft. „Ich weiß nicht“, sagt Bickelbacher, „ob die noch mal zu uns zurückkehren.“