Haltern. Europaweit einmalig. Im LWL-Museum in Haltern eröffnet am Dienstag ein Römer-Escape-Room. Lohnt sich der Besuch?
Carpe Noctem – nutze die Nacht. Selbst wenn draußen Tag ist. Im Römermuseum Haltern hat jetzt ein Escape-Room in historischer Kulisse aufgemacht. Die flüchten, die Römer.
Bei Mars und Jupiter, die Lage ist ernst. Es gibt nichts mehr zu essen, aber vor den Toren viele wütende Germanen und Hilfe ist nicht in Sicht. Da tritt der Centurio vom Dienst vor seine Legionäre. Er hat einen Fluchtplan entworfen und gut versteckt. Also lautet der Befehl: suchen und entkommen. Ursprünglich tatsächlich geschehen – wenn die Überlieferungen stimmen – vor mehr als 2000 Jahren im Römerlager Aliso. Nachzuerleben 2022 in Haltern. Am Montag war letzter Probelauf.
Ein Spiel dauert 60 Minuten
Spielort ist das original rekonstruierte Wachhaus auf dem Außengelände des LWL-Römermuseums in Haltern am See, das vermutlich mit dem legendären Aliso identisch ist. „Als das Haus fertig war“, erinnert sich Josef Mühlenbrock, Leiter des Museums, „hatte einer unserer Mitarbeiter die Idee, daraus einen Escape Room zu machen. Dann haben wir Kontakt zu Firmen aufgenommen, die sich damit auskennen.“ So ist er dann entstanden, der nach Aussage des LWL „erste Römer-Escape-Room Europas“.
Teilnehmen an der Flucht können drei bis sechs Personen, empfohlenes Mindestalter ist 14 Jahre, ein Spiel dauert 60 Minuten. „Das ist gut zu schaffen“, sagt Noemi Sandmann von der Münsteraner Firma Adventure Box, die mehrere „Escape-Rooms“ betreibt. Und wenn die Zeit knapp wird, dann gibt es auch mal einen Tipp aus dem Gebäude nebenan, wo ein Mitarbeiter den Spielverlauf überwacht.
Rätselraten auf historischem Grund und Boden
Los geht’s. „Verraten Sie nicht zu viel“, hat Sandmann vorher noch gebeten und dann die Türen geschlossen. Nun steht man da, wo (wahrscheinlich) einst die Legionäre Roms das letzte verbliebene Kastell der Römer in Germanien bewachten. In einem rund 120 Quadratmeter großen, schummrig beleuchteten Haus mit einem Ständerwerk aus 15 Kubikmetern Eichenholz, 20 Zentimeter dicken Fachwerkwänden aus Weidenruten mit Lehmbewurf, 170 Quadratmetern Dachschindeln aus Lärchenholz.
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Entdeckt hatten Fachleute der LWL-Archäologie für Westfalen das Haus im Jahr 2013. Sie konnten Pfostenspuren freilegen, die sich wie Puzzleteile zu einem ungewöhnlichen Grundriss zusammenfügen ließen. „Aufgrund der Nähe zur Wehrmauer und zum Westtor kam man zu der Überzeugung, dass es sich um ein Wachhaus gehandelt haben muss“, sagt der LWL-Chefarchäologe Prof Dr. Michael Rind.
Authentizität wird groß geschrieben
Interessant, aber beim Fluchtversuch nicht wichtig. Links an der Wand des Nachbaus stehen lange Regale mit Vasen, Schachteln, Schatullen und einem kleinen Altar, rechts in einer Nische zwei Etagenbetten aus Holz und mit kratziger Bettwäsche. Aus unsichtbaren Lautsprechern klingt das Geräusch von prasselndem Regen, in den Ecken findet man Speere und Schilde, alle nach bestem Wissen und Gewissen nachgebaut. Selbst an zeitgenössisches Graffiti ist gedacht worden. „ubi dolor, ibi vigiles“, ist an die Decke geschmiert. „Wo Schmerz ist, sind die Wächter.“
Und wo nachdenkliche Gesichter sind, sind die Spieler und Spielerinnen. Zum Start hat Noemi Sandmann einem von ihnen ein Dokument in die Hand gedrückt, das aussieht wie eine alte Pergamentrolle und den Einstieg in den Ausstieg erleichtern soll. Im Laufe der Stunde muss man dann – wie in einem Escape Room üblich – dechiffrieren und kombinieren, viel suchen und noch mehr ausprobieren. Was unwichtig aussieht, ist bedeutsam, eindeutig scheinende Hinweise führen in Sackgassen. Waffen werden zu Schlüsseln, Schränke zu Türen, und selbst wenn man sich manchmal fühlt wie Indiana Jones für mittlere Lohngruppen, geht ohne einen Tipp der Götter am Ende nichts.
Lateinkenntnisse sind unnötig
Lateinkenntnisse, das sei noch erwähnt, weil es mehrfach beim Veranstalter nachgefragt worden ist, sind nicht nötig. Dafür aber ein paar Gedanken über die Garderobe. Schicker Anzug, teures Kleid oder hohe Pumps sind angesichts des historisch korrekten Lehmbodens und der dadurch leicht staubigen Wänden nicht zu empfehlen.
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Vor 2000 Jahren gelang den Legionären laut Überlieferungen am Ende tatsächlich nicht nur die Flucht, sie konnten den Germanen durch eine List sogar vorgaukeln, Verstärkung sei unterwegs. Und heute? Die Mitarbeiterin hinter dem Monitor lächelt. „Wenn wir merken, dass die Zeit knapp wird, kann es auch schon mal sein, dass wir einen Hinweis mehr als üblich geben.“ Das hilft. „Drinnen geblieben“, heißt es im Museum, „ist noch niemand.“
Buchbar ist die Flucht online unter www.escape-aliso.de. zu Preisen ab 20 Euro. Ave.