Essen./Gelsenkirchen. Plötzlich nahm der Angeklagte dann doch die Verantwortung auf sich. Für die fast tödlichen Messerstiche in Gelsenkirchen kassierte er eine Haftstrafe.

Bislang hatte der wegen versuchten Mordes angeklagte Andreas W. geschwiegen. Doch am Dienstag nahm der 49-Jährige aus Schwalmtal die Verantwortung auf sich und gestand vor dem Essener Schwurgericht, vor mehr als zwei Jahren in Gelsenkirchen auf seinen Cousin eingestochen zu haben. Dafür bekam er vier Jahre und zehn Monate Haft.

Von Mordversuch war jetzt keine Rede mehr, das Urteil lautete auf versuchter Totschlag. Vorausgegangen für die eher moderate Entscheidung war eine Verständigung zwischen Gericht, Staatsanwältin Elisa Fähnrich und Verteidiger Olaf Langhanki. Im Gegenzug zu einem Geständnis des Angeklagten sicherte das Gericht ihm eine Strafe zwischen viereinhalb und fünfeinhalb Jahren Haft zu.

Rache nach Familienfeier

Die Tat liegt lange zurück. Auf einer Feier hatte es zwischen zwei Zweigen der Familien heftigen Streit gegeben. Andreas W. soll damals Rache geschworen haben. Am 13. Juni 2020 soll er dann in Gelsenkirchen seinem in Mönchengladbach wohnenden Cousin mit einem unbekannten Mann aufgelauert haben. Beide Täter waren maskiert. Das Opfer kam gerade mit seiner hochschwangeren Freundin zu einem Verwandtenbesuch im Stadtteil Schalke an.

Unvermittelt sollen die beiden Maskierten den Mann überfallen haben. Erst bekam er einen Stromstoß mit einem Elektroschocker in den Rücken, dann Hiebe mit einer Pistole auf den Kopf. Als er am Boden lag, traktierte der Angeklagte ihn mit einem Messer. 15 Schnitt- und Stichverletzungen zählten die Mediziner später.

Die Maske vom Kopf gerissen

Unvermittelt mischte die Freundin sich ein, trat nach den Angreifern und riss einem die Maske vom Kopf. Da erkannte sie Andreas W., der nach seiner Enttarnung sofort die Aktion abbrach und die Flucht ergriff. Fast zwei Jahre vergingen, bis die Polizei ihn in Holland festnahm. Seitdem sitzt er in U-Haft.

Andreas W. räumte in seiner Erklärung die äußeren Tatumstände ein und betonte, Reue zu empfinden. Mit seinem Geständnis hoffe er, dass der Streit innerhalb der Familie beendet sei.

Zumindest Anzeichen gibt es, dass der Frieden hält. Richter Moritz Sendlak hatte zu Prozessbeginn verschärfte Sicherheitsvorkehrzungen angeordnet. Aber die Zuhörer zeigten sich die ganze Zeit diszipliniert.