Bochum. Vom Psychologen zum Popsänger. Ein junger Bochumer zeigt, wie einfach und doch schwierig es ist, in den 2020ern Karriere auf der Bühne zu machen.
Eigentlich heiß er Jan, Jan Digutsch. Aber wenn er singt, dann nennt er sich DIGGI. Und er singt oft in letzter Zeit. Und auch nicht ohne Erfolg. Zumindest ist er so erfolgreich, dass er in den Ruhrcharts Namen wie Jason Derulo oder Imagine Dragons auf die Plätz verwiesen hat. Doch das soll erst der Anfang sein.
Sechs Jahre ist es jetzt her. In gemütlicher Runde feiert Jan mit Freunden und Bekannten den Geburtstag seiner Schwester, als er beschließt: „Ich lern jetzt mal ein Instrument.“ Man lacht, spricht von „Bierlaune“, aber der damals 20 jährige meint die Ankündigung ernst. „Ich habe mir bei Youtube ein paar Videos angeschaut und mir dann selbst das Gitarre spielen beigebracht.“ Zumindest Gesangsunterricht hat er dann doch genommen und irgendwann „damit begonnen, selber etwas zu schreiben“.
„Bring deine Lieder raus in die Welt“
Ein wenig ist es seitdem so, dass es Jan zweimal gibt. Mal ist er der Arbeitspsychologe in Sakko und Krawatte, der am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo) studiert hat und zum Beispiel zum Thema „Persönlichkeit und Motivation“ referieren kann. Dann wieder wird er zum Sänger in T-Shirt und mit Drei-Tage-Bart, dem die Bochumer Musikgröße Acki Löbbecke nach einem Probehören bescheinigt: „Deine Songs sind zu gut, um nichts damit zu machen. Bring sie raus in die Welt.“ Jan erinnert sich gut an diesen Augenblick. „Das war ein echter Motivationsschub.“
Er sucht nach einem Produzenten und beginnt – Frechheit siegt - ganz oben in der Branche. „Ich wollte in der Champions-League anfangen und mich von da aus herunter arbeiten. Die zehn erfolgreichsten Produzenten schreibt er an, schickt ihnen Demos seiner Songs. Acht antworten gar nicht, einer lehnt ab, Ralf Christian Mayer aber, gefällt „die schöne Stimmung in den Songs“. Und Mayer ist eine feste Größe in der Szene. Mit Clueso hat er gearbeitet, hat Pur und Herbert Grönemeyer produziert und Mark Forster.
Studio für zwei Wochen in Spanien gemietet
Auch mit Jan will er etwas machen. Aber wann? Mayer hat keine Langeweile, er hat kaum Zeit. Digutsch lässt nicht locker, fragt nach. Immer wieder. Er ist hartnäckig. „Muss man sein. Und ich hatte ja nichts zu verlieren.“
Dann endlich, nach gut einem Jahr und wegen Corona mehrfach verschoben, finden die beiden zusammen. Zwei Wochen mieten sie ein Studio in Spanien und holen einen Gitarristen und einen Keyboarder dazu.Mit sechs Liedern im Gepäck kehrt er zurück. Für einen Vertrag bei einer Plattenfirma reicht das trotz Mayers Kontakten nicht. Ihm fehle die Grundlage in den sozialen Medien, teilt ein Platten-Manager ihm mit. Eine sechsstellige Zahl an Followern müsse es schon geben, heißt es in der Branche.
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Ärgerlich, aber nicht das Ende. Klar, eine Plattenfirma kann helfen. Sie kennt Leute, hat Kontakte. Sie ist wie eine Bank, bei der man einen Vorschuss bekommt. Um ein Studio zu mieten, Musiker zu engagieren. Das ist wichtig für Newcomer, die noch keine Rücklagen haben. Doch anders als früher braucht man heute nicht zwingend eine Plattenfirma, um seine Musik bekannt zu machen. Auch weil kaum noch jemand Platten kauft – CDs erst recht nicht.
Playlisten beim Streaming-Dienst werden immer wichtiger
Das Internet, die sozialen Medien. Youtube, Tic-Toc, Instagram, sie alle sind wichtig. Und vielleicht noch wichtiger sind die Streaming-Dienste wie Spotify und ihre Playlisten. Kommt man auf einer dieser Listen, macht einen das nicht reich, aber es macht einen vielleicht bekannt. Zumindest so bekannt, dass Leute zu Konzerten kommen. Leute, die dann klicken, wenn ein neues Lied erscheint. Eins befeuert das andere. Bestenfalls immer wieder.
„Highlight“ heißt das erste Lied, das der 26-Jährige auf Spotify veröffentlicht hat und bietet eingängigen Sommerpop. Genau wie die zweite Nummer „On Repeat“. „Das Hochladen ist ganz einfach“, sagt Jan. Aber weil es so einfach ist, machen es viele Menschen. Was es wieder schwierig macht, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Aber er hat ja noch ein paar Songs auf der Festplatte.
Die sozialen Medien bestückt er jetzt regelmäßig
Um bekannter zu werden, sucht sich Jan Live-Auftritte. Und die sozialen Medien bestückt er jetzt auch regelmäßig (@thisisdiggi) bei Instagram. Damit die Menschen, die ihn auf der Bühne gesehen haben, dort wiederfinden, ihm womöglich folgen. Er weiß, dass es noch ein weiter Weg ist bis zu größeren Erfolgen. Vielleicht wird aus dem Weg irgendwann sogar eine Sackgasse. Vielleicht aber auch eine Autobahn, weil eine Plattenfirma ihn unter Vertrag nimmt oder die Konzerte größer werden.
Aber DIGGI steht ja auch nicht unter Druck, es gibt ja noch Jan, und Jan hat einen Job. Es gibt keinen Plan B, weil Plan A ja läuft. „Auch wenn so schnell nichts passiert“, kündigt der Bochumer deshalb an, „ich mache weiter Musik.“