Ruhrgebiet. Die Städte im Revier wollen in der Energiekrise Strom sparen. Aber nicht alle angedachten Maßnahmen kommen bei den Bürgern gut an.
Nicht nur Gas, auch Strom sparen zählt für Stadtverwaltungen zu den Geboten der Stunde. Schon jetzt müsse man „alle Hebel in Bewegung setzen“ fordert etwa Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW. „Wir prüfen“, heißt es in den meisten Städten des Ruhrgebietes auf Anfrage – wohlwissend, dass manche Maßnahme nicht so einfach umzusetzen ist.
Relativ problemlos ist es in den meisten Fällen, Sehenswürdigkeiten und Landmarken künftig gar nicht oder nicht mehr so lange anzustrahlen. Das passiert seit vergangenem Montag unter anderem am Stadtwerketurm Duisburg sowie am Kühlturm und dem Fernwärmespeicher am Heizkraftwerk in Wanheim. Und auch die höchste Landmarke des Reviers wird künftig früher im Dunkeln liegen. Am Gasometer in Oberhausen gehen bis auf weiteres die Lichter um 23 Uhr aus, wie Gasometer Pressesprecher Dirk Böttger auf Anfrage bestätigt.
Empörung ist nicht zu erwarten
Ein Aufschrei der Empörung droht kaum. Wirtschaftlich allerdings – und da liegt das Problem – bringt das Abschalten der Denkmalbeleuchtung nicht viel. Das weiß auch Dedy. Dennoch begrüßt er die Pläne. „Es ist ja auch ein weithin sichtbares Symbol dafür, dass wir alle etwas beitragen müssen.“
Ein Symbol, das manche Menschen zu Nachahmern machen könnte. „Wir sind ja soziale Wesen“, sagt Jürgen Margraf, Angstforscher und Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Ruhr-Universität Bochum. „Und wenn alle etwas tun, tun wir das oft auch.“ Es werde aber wahrscheinlich auch Leute geben, die das alles „für übertrieben halten“.
Kompliziert wird es bei der Straßenbeleuchtung
Weitaus komplizierter als dunkle Denkmäler ist das derzeit ebenfalls diskutierte Abschalten der regulären Straßenbeleuchtung. Technisch ist es in vielen Städten kein Problem mehr, Straßenzüge oder einzelne Laternen auszuknipsen, und eine gesetzlich vorgegebene Beleuchtungspflicht für Kommunen besteht nicht. Und auch das Einsparpotenzial ist groß. Dennoch hat sich zumindest im Ruhrgebiet noch keine Stadt dazu durchgerungen, an der Straßenbeleuchtung zu sparen.
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Zum einen wohl aus Sorge, ihrer „Verkehrssicherungspflicht“ nicht nachzukommen. Ein dunkler Gehweg mit Stolperfallen, eine schlecht einsehbare Kreuzung – in einzelnen Fällen werde man wohl die Gerichte bemühen müssen, ahnt Arndt Kempgens, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Gelsenkirchen. „Eine gefährliche Stelle wird ja nicht ungefährlicher, wenn man sie nicht beleuchtet.“
Aber selbst wenn es nur an vermeintlich sicheren Stellen dunkler wird kommt das in der Bevölkerung nicht gut an. „Die Leute wollen schon jetzt lieber eher mehr als weniger Licht“, sagt eine Stadtsprecherin. Und Angstforscher Margraf weiß auch wieso: „Viele ganz normale Menschen fühlen sich bei Dunkelheit einfach unwohl.“ Auf die tatsächliche Gefahr komme es dabei gar nicht immer an.
Modernisierung wird beschleunigt
So setzen die meisten Kommunen im Revier in erster Linie auch darauf, die schon vor der Krise begonnene Modernisierung ihrer Straßenlaternen-Netze zu beschleunigen.
Duisburg hat laut Stadtwerkesprecher Thomas Kehler mittlerweile über 12.000 der rund 50.000 Natriumdampf-Hochdrucklampen im Stadtgebiet gegen energieeffiziente LED ausgetauscht, in Bochum sind es von circa 38.000 Laternen ähnlich viele, wie Christian Seger, Sprecher der Stadtwerke, bestätigt. Und in Dortmund leuchten die kleinen LED nach Angaben von DEW21-Sprecherin Gabi Dobovisek mittlerweile in rund 22.000 von 50.000 Laternen. Tendenz überall: steigend.
Denn die Umrüstung macht sich schon jetzt bemerkbar. Duisburg spart 5,7 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr, Bochum 5,4 Millionen. Und in Dortmund, wo ein Teil der zuvor eingesetzten Lampen anscheinend schon sparsamer war als die ganz alten Modelle, sind es immerhin noch 2,8 Millionen. Da kommt beim Preis von im Schnitt knapp 40 Cent die Kilowattstunde schon einiges zusammen.
Neue Möglichkeiten für ein Lichtmanagement
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Doch da geht noch mehr. Denn die LED sind nicht nur sparsam, sie eröffnen dank ihrer „Intelligenz“ ganz neue Möglichkeiten für ein Lichtmanagement. Weil sie einzeln ansteuerbar sind, lassen sie sich an bestimmten Stellen des Stadtgebietes – belebte Kreuzung, abgelegene aber gern benutzte Abkürzung – je nach Bedarf hochfahren oder dimmen. Und wenn die richtigen Sensoren verbaut sind, machen sie das auch ganz automatisch, falls sich eine Person nähert. „Technisch ist vieles möglich“, weiß Kehler.
Schausteller haben auf LED umgestellt
Das wissen die Schausteller im Revier schon lange. „Wir haben bereits seit drei Jahren komplett auf LED umgestellt“, sagt Patrick Arens, Vorsitzender des Dortmunder Schaustellervereins Rote Erde. „Und grün ist unser Strom auch seitdem.“
Zumindest Stand jetzt werden Buden und Fahrgeschäfte auf dem großen Dortmunder Weihnachtsmarkt dann auch festlich illuminiert sein. Natürlich, sagt Arens, verkenne man den Ernst der Lage nicht. „Aber gerade in so dunklen Zeiten“, findet Arens mit Blick auf den kommenden Winter, „da brauchen die Menschen auch mal richtig Licht.“