Hagen. Die moderne Medizin macht es möglich: Ein ursprünglich 390 Gramm schweres Frühchen kann jetzt zu seinen Eltern nach Hause.
Gerade einmal 390 Gramm wog die kleine Dua Liya Duman bei ihrer viel zu frühen Geburt in der 25. Schwangerschaftswoche. Nach der Versorgung in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Agaplesion Allgemeinen Krankenhaus Hagen konnte das Frühchen Ende Juni erfolgreich den Eltern übergeben und nach Hause entlassen werden.
Eigentlich hatte Vanessa Duman am 14. März lediglich einen Vorsorgetermin bei ihrer Gynäkologin, doch dann ging alles sehr schnell: „Bei einem Screening wurde festgestellt, dass das Kind zu klein ist und etwas ganz und gar nicht stimmte. Ich musste sofort ins Krankenhaus“, erinnert sich die 24-Jährige. Im Agaplesion Allgemeinen Krankenhaus Hagen wurde der Ernst der Lage mittels modernster Diagnostik schnell klar. „Das Kind war sehr klein und gestresst, was an einer unzureichenden Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff lag“, erläutert Dr. Jan-Claudius Becker, Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am AKH. Aufgrund einer sogenannten Plazentainsuffizienz, also einer Funktionsschwäche des Mutterkuchens, wurde aus dem ursprünglichen Vorsorgetermin schließlich der Geburtstag der kleinen Dua Liya Duman.
Selbst Mediziner sind erstaunt
Die Teams der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie der Neonatologie arbeiteten Hand in Hand zusammen, um das nur 390 Gramm leichte und 25 Zentimeter kleine Frühchen sicher in der Welt willkommen zu heißen und bestmöglich zu versorgen. Das geringe Geburtsgewicht ließ dabei sogar die erfahrenen Medizinerinnen und Mediziner staunen – wurde die Kleine doch beim Screening auf ein Gewicht von etwa 500 Gramm geschätzt. „Wir betreuen in unserem Perinatalzentrum Level 1 immer wieder Kinder mit einem Geburtsgewicht von unter 500 Gramm, die sich beharrlich ins Leben kämpfen“, freut sich der erfahrene Neonatologe. Die eingespielten Abläufe und Strukturen des Zentrums, das die höchste Versorgungsstufe umfasst, seien dabei unerlässlich für den Erfolg.
Für die Eltern Vanessa und Ahmet Duman begann nach der Geburt ihres ersten Kindes eine Zeit der Sorge und Angst. „Man hat immer eine bestimmte Vorstellung, wie die Schwangerschaft und die Geburt ablaufen sollen und wird dann ganz plötzlich von der Realität eingeholt“, resümiert die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin. „Wir haben viele Tränen vergossen und schlaflose Nächte gehabt“, blickt Ahmet Duman zurück. Sehr geholfen habe beiden die Möglichkeit, ihre Tochter rund um die Uhr per Livestream beobachten zu können. „Per Baby-TV-System hatten wir Dua Liya immer bei uns. Auch Familienmitglieder haben der Kleinen immer wieder zugeschaut“, so der 30-Jährige weiter.
Enger Kontakt zu den Eltern
Transparenz und der Aufbau einer starken Eltern-Kind-Beziehung sind für Dr. Becker in der Frühchenversorgung enorm wichtig. Die Klinik setzt für ein erfolgreiches „Bonding“ unter anderem auf die sogenannte „Känguru-Care“, die durch das Auflegen auf die Brust ein Maximum an Hautkontakt und Berührungen zwischen Eltern und Kind ermöglicht.
Die stolzen Eltern, die jeden Tag mehrere Stunden mit ihrer Tochter verbrachten, sind Dr. Becker und dem Team der Station 35a von Herzen dankbar: „Es war sehr familiär. Alle Beteiligten haben großartige Arbeit geleistet. Wir wussten stets, dass unser Liebling in den besten Händen ist“, fasst Vanessa Duman den Aufenthalt im AKH zusammen. Am 24. Juni und damit zwei Tage nach dem damals errechneten Geburtstermin konnte Dua Liya schließlich endgültig in die Arme der Eltern übergeben werden. 1960 Gramm wog die kleine Kämpferin bei ihrer Entlassung. „Wir sind sehr aufgeregt und freuen uns, endlich vereint zu sein“, so beide Eltern.
Damit der Übergang zwischen Krankenhausaufenthalt und dem Leben zu Hause möglichst sanft geschieht, steht der im AKH ansässige Bunte Kreis der Region Hagen den Eltern zur Seite und übernimmt die nahtlose Nachsorge. „Das Abschiednehmen ist für uns paradoxerweise immer der schönste Moment. Er ist immer das Ziel, das wir während der Behandlung vor Augen haben“, betont der Chefarzt.