Essen. Wer sich jetzt zum dritten Mal impfen lassen sollte und wie man feststellen kann, wie gut man noch geschützt ist.

Aller guten Pikse sind drei. In Seniorenheimen, aber auch bei einigen Hausärzten laufen derzeit die ersten Boosterimpfungen gegen Covid-19. Aber wer benötigt tatsächlich schon eine dritte Dosis? Ein Überblick.

Was ist eigentlich eine Boosterimpfung?

Booster kommt aus dem Englischen und lässt sich gut mit „verstärken“ oder „auffrischen“ übersetzen. Man kann also auch Auffrischungsimpfung sagen.

Warum ist diese Auffrischungsimpfung nötig?

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Weil – wie bei den meisten Impfungen – der Impfschutz gegen das Virus mit der Zeit nachlässt. Was „mit der Zeit“ genau heißt, lässt sich allerdings noch nicht sagen, denn es hängt von vielen Faktoren ab. Studien aus Ländern wie Israel, sagt Professor Ulf Dittmer, Leiter der Virologie am Uniklinikum in Essen, hätten gezeigt, dass man sich in seltenen Fällen auch nach vollständiger Impfung mit SARS-CoV-2 infizieren könne, der Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf aber fast immer mindestens neun Monate anhalte. „Vermutlich sogar noch deutlich länger, aber diese Daten fehlen noch.“

Seit einigen Tagen wird vor allem in Seniorenheimen wieder geimpft
Seit einigen Tagen wird vor allem in Seniorenheimen wieder geimpft © dpa | Peter Endig

Wer genau sollte sich jetzt ein drittes Mal impfen lassen?

„Menschen ab 80 Jahren auf jeden Fall“, sagt Dittmer. Und Menschen mit stark geschwächtem Immunsystem auch. Nicht nur, weil sie zu den ersten gehörten, die geimpft wurden, sondern auch weil laut Studien ihr Schutz schneller zurückgeht, als bei Jüngeren. Der Altersgruppe der 60 bis 80-Jährigen rät der Essener Virologe, vor der Booster-Impfung einen Antikörpertest zu machen, der – vereinfacht gesagt – Hinweise darauf gibt, wie gut man noch vor dem Virus geschützt ist.

Was ist mit Jüngeren?

Bei jüngeren Menschen hält Dittmer eine dritte Impfung derzeit nicht für nötig. Untersuchungen bei früh geimpften Feuerwehrleuten hätten ergeben, dass die Zahl der Antikörper bei ihnen auch nach neun Monaten noch hoch war. „Irgendwann wird das ja auch eine ethische Frage“, findet Dittmer. Muss man weniger Gefährdete in Deutschland ein drittes Mal impfen, wenn anderswo Menschen immer noch auf ihre erste Impfung warten?

Spielt der Impfstoff, den ich bisher bekommen habe eine Rolle?

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Das tut er. mRNA-Impfstoffe wie Biontech und Moderna schützen offenbar länger als die Vektorimpfstoffe. Vor allem Menschen, die Johnson & Johnson erhalten haben, rät Dittmer dringend zu einer Auffrischungsimpfung mit Biontech oder Moderna. „Dann hat man eine Mischung aus Impfstoffen, die einen sehr gut schützt.“

Was ist eigentlich, wenn ich mich nach meiner zweiten Impfung mit Covid infiziert, es aber mangels Symptomen gar nicht gemerkt habe. Ist die Booster-Impfung dann gefährlich für mich?

„Dafür haben wir keine Hinweise“, sagt Dittmer. Fraglich ist allerdings, ob die Booster-Impfung dann überhaupt nötig ist, da die Zahl der Antikörper durch die überstandene Infektion ja meist noch sehr hoch ist. Wer sicher gehen will, sollte vorher einen Antikörpertest machen.

Mit speziellen Tests lässt sich feststellen, wie hoch die Zahl der Antikörper im Blut noch ist.
Mit speziellen Tests lässt sich feststellen, wie hoch die Zahl der Antikörper im Blut noch ist. © dpa | Marijan Murat

Was gibt es denn für Antikörpertests?

Da sind zum einen die Neutralisationstests oder sogenannte Surrogat-Neutralisationstests. Sie sind zwar sehr präzise, so aufwändig und teuer, dass sie nur an großen Kliniken und in speziellen Laboren gemacht werden können, aber kaum von Hausarztpraxen beauftragt werden können. Dort werden nach Blutentnahme Tests gemacht, mit denen speziell Antikörper gegen das sogenannte Spike-Protein nachgewiesen werden können. So nennen Mediziner ein Eiweiß auf der Außenhülle des Virus. Die Tests kosten zwischen 20 und 30 Euro. Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen sie nicht.

Sind die so ermittelten Werte denn genau genug?

„Ja“, sagt Professor Dittmer. „Man muss sie allerdings auch richtig interpretieren können.“ Hausärzte, die damit noch nicht so viel Erfahrung hätten, könnten gerne in der Essener Virologie nachfragen. „Dann kann man in den Praxen auch die Ergebnisse zukünftiger Tests besser einordnen.“

Bin ich eigentlich völlig schutzlos, wenn die Zahl der Antikörper stark gesunken ist?

Nein. Von Bedeutung sind auch die Gedächtniszellen (T- und B-Zellen), die langfristig im Körper bleiben. „Sie schützen zwar nicht vor einer Infektion mit dem Virus“, sagt Dittmer, „werden aber bei erneutem Kontakt mit dem Erreger sofort aktiv.“ Das führe oft zu einem milderen Krankheitsverlauf.

Gibt es schon Erfahrungen, wie stark sich der Schutz durch eine dritte Impfung verstärkt?

Es gibt „erste Zwischenergebnisse“ aus Studien der Impfstoffhersteller. Diese besagen, dass sich die Antikörper bei 18- bis 55-Jährigen nach einer Auffrischungsimpfung mit dem Biontech-Mittel Comirnaty durchschnittlich mehr als verfünffacht haben. Bei 65- bis 85-Jährigen wurde registriert, dass sich die Menge sogar fast verzwölffacht hatte. Auch bei der dritten Spritze von Moderna sei die Zahl der Antikörper höher gewesen als nach zwei Impfungen, teilte das US-Unternehmen mit.