Gelsenkirchen. Heute auf den Tag genau vor 60 Jahren erschien das erste „Perry Rhodan“-Heft. Einer der beiden Exposé-Autoren lebt in Gelsenkirchen.

Hartmut Kasper ist in einem Haus aufgewachsen, in dessen Erdgeschoss ein Kiosk untergebracht war. Dort entdeckte er als Neunjähriger beim Stöbern ein „Perry Rhodan“-Heft. „Als ich das in die Hand nahm, wusste ich sofort, dass ich später mal selbst für diese Serie schreiben werde.“ Ein Traum, der sich erfüllen sollte: Auf den Tag genau vor 60 Jahren, am 8. September 1961, erschien Ausgabe Numero eins dieser Science-Fiction-Romanreihe. Und der Autor von Heft 3134, das anlässlich des runden Geburtstages veröffentlicht wird, er heißt: Hartmut Kasper.

Hartmut Kasper schreibt unter dem Pseudonym Wim Vandemaan

Die Optik der Titelseiten und die Bilder der „Perry Rhodan“-Reihe haben sich im Laufe der Jahrzehnte grundlegend verändert.
Die Optik der Titelseiten und die Bilder der „Perry Rhodan“-Reihe haben sich im Laufe der Jahrzehnte grundlegend verändert. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Auf dem Titelbild wird der geneigte Leser diesen Namen aber vergeblich suchen. Denn der in Wanne-Eickel aufgewachsene und in Gelsenkirchen-Buer lebende Schriftsteller schreibt für diese Reihe stets unter dem Pseudonym Wim Vandemaan. Doch Kasper (62) denkt sich nicht nur den Stoff für einzelne „Rhodan“-Folgen aus, er ist auch einer von zwei Exposé-Autoren. Als solcher gibt er im Duo mit Christoph Dittert die Handlungsstränge vor, die das insgesamt zehnköpfige Autorenteam weiterspinnen soll.

Diese Rolle übernahmen in den Anfangszeiten der Reihe die inzwischen verstorbenen Karl-Herbert Scheer und Walter Ernsting, der sich den Künstlernamen Clark Darlton gegeben hatte. Beide waren anerkannte Autoren und schrieben zuvor für die Sci-Fi-Reihen „Utopia“ und „Terra“ – zwei Platzhirsche in der damaligen Publikumsgunst.

Wilhelm Voltz machte „Perry Rhodan“ zu einer Serie für Erwachsene

Heft Nummer eins der „Perry Rhodan“-Reihe erschien am 8. September 1961.
Heft Nummer eins der „Perry Rhodan“-Reihe erschien am 8. September 1961. © Hartmut Kasper

„Beide Autoren hatten sehr unterschiedliche Ansätze“, schildert Kasper. Während der von der modernen Technik faszinierte Scheer für die Komposition der fulminanten Weltraumschlachten verantwortlich war und verstärkt auf martialisch-autoritäre Figuren setzte, zeichnete Ernsting eher zurückgenommene, friedliche, um Ausgleich bemühte Charaktere. „Ernsting war zuvor Frontsoldat. Er hasste den Krieg“, weiß Kasper. Der einfache Schreibstil der beiden sprach vor allem Jugendliche und junge Männer an.

Das änderte sich, als in den 80er Jahren Wilhelm Voltz die Exposés übernahm. „Er war es, der Perry Rhodan zu einer Serie für Erwachsene gemacht hat“, schildert Kasper. Denn Voltz etablierte nicht nur einen ernsteren Ton, er traute es sich auch, die großen Sinnfragen zu stellen: Was ist das Weltall? Welchen Stellenwert hat der Mensch darin? Warum existieren wir? Dieser neue Grundansatz mit komplexeren, tiefsinnigeren Texten sei, so Kasper, auf breite Zustimmung bei der Leserschaft gestoßen: „Viele der jüngeren Leser aus der Anfangszeit waren gemeinsam mit der Heftreihe älter und reifer geworden.“

In Spitzenzeiten soll die Auflage bei 200.000 Heften gelegen haben

Nach den Anfangserfolgen wurde „Perry Rhodan“ auch international vermarktet: Die Hefte erscheinen auch in Japan, Frankreich, Tschechien oder den Niederlanden. „Deutschland ist aber nach wie vor der mit Abstand wichtigste Markt“, weiß Kasper. Genau Zahlen nennt der Pabel-Moewig Verlag nicht, sie sollen aber nach wie vor im fünfstelligen Bereich liegen. Das ist aber kein Vergleich mehr zu den Blütezeiten in den 80ern, als die Auflage noch bei 200.000 Heften lag.

In den USA wurde die Reihe eingestellt. Dort konnte sich die Leserschaft nie wirklich für den Weltraummann erwärmen. „Perry Rhodan wird am Ende von Heft eins zum Deserteur. Das passte wohl nicht zum patriotischen Weltbild der Amerikaner“, vermutet Autor Kasper. Vielleicht sei das auch der Grund dafür gewesen, warum es bis heute keinen ernsthaften Versuch einer Verfilmung dieses reizvollen Stoffes gegeben habe.

Perry Rhodan altert nicht – dank einem „Zellaktivatorchip“

Das Erstaunliche: Die Hauptfigur ist auch 60 Jahre nach ihrem Premierenauftritt körperlich um keinen Tag gealtert. Das verdankt Rhodan einem implantierten „Zellaktivatorchip“, der ihn wohl auf ewig um die 39 Jahre alt sein lässt. Mit einigen technischen Erfindungen für die Reihe waren die Autoren ihrer Zeit voraus: So erinnern die Kommunikatoren am Handgelenk der Raumfahrer in den Romanen sehr stark an eine heutige Smart Watch.

Als Verneigung vor Heft Numero eins, das den Titel „Unternehmen Stardust“ trug und 70 Pfennig kostete, hat Autor Kasper den Band zum runden Geburtstag „Unternehmen Sternenstaub“ getauft. „Diese besondere Ausgabe wollte ich schon gern selbst schreiben“, sagt Kasper, der als Exposé-Verantwortlicher auch für die Autorenauswahl zuständig ist. Und warum, glaubt er, funktioniert die Reihe bis heute? „Science Fiction will immer ein Stück weit den Vorhang heben und Blicke auf eine mögliche Zukunft gewähren“, sagt Kasper. Genau das habe auch Perry Rhodan geschafft. Seit nunmehr 60 Jahren.