Ruhrgebiet. Im Eiscafé, beim Bäcker, am Büdchen: Das bargeldlose Zahlen ist überall angekommen. Trotz der Gebühren sehen viele Händler darin große Vorteile.
Bargeldloses Bezahlen ist überall im Alltag angekommen. In der Corona-Pandemie bitten viele Supermärkte ihre Kundschaft sogar explizit darum, mit Giro-, Kreditkarte, Handy oder Smartwatch zu bezahlen. Vor einigen Jahren noch undenkbar: Auch in der Bäckerei, beim Kiosk und auf dem Wochenmarkt stehen mittlerweile Kartenlesegeräte auf dem Tresen. Und das, obwohl sich gerade für Händler mit kleineren Umsätzen die Kartenzahlung aufgrund der Transaktionsgebühren kaum lohnt.
Doch Michael Gauert, Inhaber der Düsseldorfer Bäckerei Bulle, ist die ewige Zählerei leid. Er geht sogar noch einen Schritt weiter: Nachdem zum wiederholten Mal Geld in seiner Kasse gefehlt hat, bittet er seine Kunden, fortan nicht mehr mit Bargeld zu bezahlen. Zwar koste ihn die Kartenzahlung mit rund 0,2 Prozent Gebühr pro Transaktion deutlich mehr – „Ich habe am Tag aber eine dreiviertel Stunde mehr, in der ich viele andere Dinge schaffen kann.“
„Das Bargeldgeschäft ist unglaublich aufwendig“
So sei das Bargeldgeschäft „unglaublich aufwendig“. Am Ende eines Tages müsse jeder Cent gezählt und dokumentiert werden. Mit dem Verzicht auf Bargeld spare sich der Geschäftsführer außerdem den Weg zur Bank, um Kleingeld wegzubringen oder neues Wechselgeld zu holen.
Etwa 95 Prozent der Kunden folgten dem Wunsch bereits. Und der Rest komme immerhin nicht mehr mit einem Fünfzigeuroschein. Ganz ohne Bargeld gehe es aber nicht. Obwohl er eigentlich gänzlich auf Münzen und Scheine verzichten wollte, stehen noch immer zwei Kassen mit Wechselgeld in der Bäckerei. „Wir möchten den Kunden verdeutlichen, dass sie uns keine Freude machen, wenn sie bar zahlen“, so der 34-Jährige. „Wir nehmen es aber trotzdem an. Letztendlich wollen wir ja unser Brot verkaufen.“
Eisdiele in Bochum akzeptiert kein Bargeld
Kunden der Eisdiele „Mias Eis“ in Bochum haben diese Option nicht. Im vergangenen Sommer eröffnete Isabella Graf das Eiscafé im Stadtteil Weitmar. Sie akzeptiert ausschließlich bargeldlose Zahlungsmittel. „Die Corona-Pandemie“, so die Inhaberin, habe den Anstoß für das Konzept gegeben. Die Zahlung mit EC- oder Kreditkarte sei hygienischer und auch schneller: So müsse man häufig nicht einmal die PIN eingeben. Es reiche, die Karte an das Lesegerät zu halten.
Und wie können Kinder ihr Eis bezahlen? Auch dafür hat Isabella Graf eine Lösung: „Wir bieten Gutscheinkarten an, die immer wieder aufgeladen werden können.“ So müsse niemand auf ein Erdbeereis mit bunten Streuseln verzichten.
Dortmunder Bäckerei: Kartenzahlung lohnt bei kleinen Umsätzen nicht
Auch in der Bäckerei Rupprecht in Dortmund gibt es solche „Prepaid“-Karten. Der Grund ist jedoch ein anderer: Inhaber Jörg Rupprecht akzeptiert ausschließlich Bargeld. Zweimal habe der Bäckermeister in den vergangenen Jahren versucht, die Kartenzahlung in seinem Geschäft zu etablieren – ohne Erfolg. Selbst während der Pandemie griff die Kundschaft lieber zum Münzgeld. Woran das liegt? „Möglicherweise trauen die Menschen der Kartenzahlung nicht, wollen den Überblick über ihre Ausgaben behalten oder einfach ihr Kleingeld loswerden“, vermutet der Obermeister der Bäckerinnung Ruhr.
Die großen Bäckereien in den Städten werden seiner Ansicht nach aber nicht um die Kartenzahlung herumkommen. Beim „Bäcker von nebenan“ sehe es dagegen anders aus: „Bei unserem Umsatz lohnt sich das einfach nicht“, sagt Rupprecht mit Blick auf die Gebühren und die Kosten für die Geräte. Viele der Stammkunden, die sich morgens Brötchen und Kaffee holen, hätten das Geld außerdem passend.
Supermarkt in Witten: Kostenvorteil durch Kartenzahlung
Tobias Kesper, Inhaber der Rewe-Filiale Kesper und Rode in Witten, dagegen spricht von „erheblichen Kostenvorteilen“, wenn Kundinnen und Kunden mit Karte zahlen. So verlange die Bank für eine Münzrolle 20 Cent – unerheblich, ob es sich dabei um eine Rolle mit 1-Cent-Stücken im Wert von 50 Cent oder mit 2-Euro-Münzen im Wert von 50 Euro handelt. Hinzu komme die teure Versicherung für das viele Geld im Tresor.
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Um Kosten zu sparen, hat Tobias Kesper einen Münzgeldautomaten aufgestellt. Kundinnen und Kunden können dort – anders als bei der Bank – gebührenfrei ihr Kleingeld loswerden. Der Supermarkt wiederum erhält so kostenlos neues Wechselgeld. 30 bis 40 Rollen bräuchten die Kassiererinnen und Kassierer pro Woche. „Ohne den Automaten wären es sicher 100“, sagt Kesper, der auch zum Schutz der Mitarbeitenden um Kartenzahlung bittet. Solange sich die Menschen aber nicht von ihren Münzen und Scheinen trennen wollen, bleibt es auch im Supermarkt bei einem Wunsch: „Mit Karte, bitte!“
Trend zum kontaktlosen Bezahlen
■ Bargeldlose Zahlungsmittel haben während der Corona-Pandemie deutlich an Bedeutung gewonnen. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage der Bundesbank hervor. So sind im Jahr 2020 bei alltäglichen Ausgaben 30 Prozent der Zahlungen mit einer Karte getätigt worden. 2017 war der Wert noch neun Prozentpunkte niedriger.
■ Gleichzeitig lag der Anteil der Barzahlungen bei 60 Prozent (2017: 74 Prozent). 13 Prozent der befragten Smartphonebesitzer gaben an, schon mit dem Handy an der Kasse bezahlt zu haben.